Ein breiter Weg

1.800 Kilometer von Posen bis Donezk. Das ist heftig und tut nicht gut.

16 Mannschaften, 8 Spielstätten - ist das wirklich sinnvoll? Ich behaupte: nein. Denn was passiert an den spielfreien Tagen? Richtig. Nichts. Die EURO 2012 hat eine Ost-West-Ausdehnung von grob 1.800 Kilometern! Allein in der Ukraine legt man zwischen Lemberg und Donezk über 1.000 Kilometer zurück. Mag sein, dass die Situation in der Hauptstadt Kiew oder in Polen, wo die Distanzen überschaubarer sind, besser ist. Ich glaube es aber nicht. Wien war 2008 auch eher still, wenn keine Spiele stattfanden.

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NEWS.AT EURO-Tagebuch - Ein breiter Weg

Zum Vergleich: Wenn Sie mit dem Auto von Wien aus Richtung Westen aufbrechen, dann düsen Sie nicht nur am anderen Ende des EURO-2008-Partners Schweiz wieder raus, sondern lassen auch Frankreich hinter sich und landen im Atlantik. Und nach Osten? Da können Sie entspannt in Dnipropetrowsk eine Kaffeepause machen und dann fast bis Donezk weiterfahren.

Zu den gewaltigen Distanzen kommt aber noch hinzu, dass acht Stadien für 31 Spiele eine recht üppige Ausstattung ist. Für Posen, Breslau, Charkiw und Lemberg ist die EURO 2012 sowieso schon nach der Vorrunde Geschichte. Aber vier Spiele in Danzig und je fünf in Warschau, Donezk und Kiew sind für insgesamt 24 EM-Tage auch nicht unbedingt viel. Aber das ist schon seit der EM 1996 so. Damals gingen in England erstmals 16 Nationen an den Start, die sich auf acht Austragungsorte verteilten. Da bleiben im Schnitt gerade einmal 3,8 Spiele pro Stadt.

Aber immerhin dürfte die UEFA von den Veranstaltungen in zwei Ländern die Nase voll haben - das Distanzproblem sollte sich also in Zukunft so nicht mehr stellen. Außerdem werden ab der EURO 2016 in Frankreich 24 statt 16 Teams teilnehmen und sich auf sechs Gruppen und zehn Stadien verteilen. Das heißt dann: 5,1 Spiele pro Austragungsort - eine deutliche Verbesserung, aber immer noch weniger als bei Weltmeisterschaften - und nicht wirklich viel.

Dichte Weltmeisterschaften
Bei Weltmeisterschaften sieht dieses Verhältnis schon freundlicher aus. Seit 1998 dürfen 32 Länder teilnehmen, die sich in Frankreich (1998) und Südafrika (2010) auf zehn und in Deutschland (2006) auf 12 Spielstätten verteilten. Das sind dann schon 6,4 bzw. 5,3 Spiele pro Stadion. Nur die WM 2002 in Südkorea und Japan bildete einen groben Ausreisser mit unglaublichen 20 Spielstätten - mit 3,2 Spielen pro Stadt ist das aber immer noch nicht viel schlechter, als der Wert, den man sich bei Europameisterschaften ausrechnen kann.

Die Konsequenz davon: Bei einer Weltmeisterschaft sammeln sich Fans doppelt so vieler Länder in nur unwesentlich mehr Städten. Und das tut der Stimmung gut, wenn man die Idioten vorher ausfiltern kann. Allerdings darf man natürlich nicht vergessen, was eine Fußball-Europameisterschaft für die Bevölkerung bedeutet: "Uns ist egal, wie viele Spiele hier stattfinden. Es wurde viel Geld in unsere Stadt investiert und das ist gut", stellen die Donezker klar. Das ist verständlich und am Ende mit ziemlicher Sicherheit wichtiger, als das Befinden eines Journalisten und kilometerfressender Fußballfans.

Leere Stadien
Immerhin gibt es in Polen und der Ukraine für jedes Stadion einen Verein. Die EM-Arena in Klagenfurt ist ja aktuell nicht mehr als Österreichs größter Staubfänger. Und der teuerste. Ein legitimer Nachfolger des AKW Zwentendorf - aber das dient der Welt immerhin als nuklearer Organspender.