Overdressing

"Stilfragen" von Ela Angerer

von Ela Angerer © Bild: News

Ja, Sie sehen richtig: Das ist die gute Krystle aus dem "Denver-Clan". Wie ein Pfefferminzbonbon von Firn strahlen uns ihre gletscherblauen Augen an. "Alles wird gut", sagt ihr freundliches Lächeln, und wir denken natürlich gleich: Die hat leicht reden, mit ihrem Polarfuchsmantel, dem perlenbestickten Prinzessinnenkleid und einem alten Knacker, der für das alles bezahlt. Kommen wir kurz runter von unserem hohen moralischen Ross. Das ist nämlich der Look, an dem sich die Topdesigner in den nächsten Jahren abarbeiten werden - weil die Modebranche kein Ponyhof ist, sondern ein Milliardenbusiness. Donald Trump wurde zum 45. US-Präsidenten gewählt und zieht mit seiner Melania ins Weiße Haus. Und damit ist endlich Schluss mit dem ewigen Underdressing und dem Minimalismus-Diktat.

Man muss kein Ass im Rechnen sein, um als Designer zu wissen, was für Möglichkeiten sich jetzt auftun: An einem Nachthemd aus Seidensatin verdient man einfach mehr als an einem einfachen Baumwollhänger. Und wie hoch ist die Rendite erst, wenn man für ein Abendkleid zwanzig Meter golddurchwirkten Organza braucht, statt zwei Meter vom trostlosen Technostretch? Marc Jacobs zieht sich wahrscheinlich gerade alle neun Staffeln von "Dynasty", so der englische Titel der berühmten Fernsehserie, rein und denkt: "Bald entwerfe ich Diademe für Tiffany und Cartier."

Während sich Tennisspielerin Serena Williams um gleiche Bezahlung für Männer und Frauen im Spitzensport bemüht, bleiben wir zu Hause und nehmen ein Schaumbad. Und ein Mann wie Julius Meinl V. wird plötzlich hip. Er verfügt schließlich über Trump-Chic, also über das dicke Bankkonto und den grotesken Seitenscheitel.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: angerer.ela@news.at

Am Mittwoch, 14. Dezember, liest unsere Kolumnistin aus ihren "Stilfragen" in der Bar Agent Oscar, 7., Zollerg. 5 (Beginn: 20 Uhr)

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