Auf der Fährte Stephen Kings

Aichner macht Weltkarriere: "Totenfrau" erscheint beim Verleger des Thrillerkönigs

Beim New Yorker Scribner-Verlag hat man Vergleichsmöglichkeiten, wenn es um literarischen Schrecken von Weltformat geht: Stephen King ist hier der Hausheilige, und einen österreichischen Kriminalschriftsteller hätte man im exklusiven Portfolio noch vor Kurzem für unmöglich gehalten. Am 26. August aber erscheint bei Scribner "A Woman of the Dead", die englischsprachige Ausgabe des Thrillers "Totenfrau", mit dem der Tiroler Bernhard Aichner seit eineinhalb Jahren die Welt umrundet. In 15 Ländern, unter ihnen Südkorea, ist das finstere und pessimistische Werk schon verfügbar. 100.000 Exemplare sind verkauft, über eine Verfilmung in den USA wird verhandelt.

von Menschen - Auf der Fährte Stephen Kings © Bild: Fotowerk Aichner

Am 17.8. kommt zudem der Nachfolgeband "Totenhaus" in die Buchhandlungen, Teil zwei der geplanten Trilogie. Die Leichenbestatterin Brunhilde Blum ist wieder die Heldin, und sie repräsentiert nicht etwa das Gesetz, sondern ist die Täterin. "Eine unvergessliche Erscheinung" nennt sie der frühere Vizechef Scribners, Paul Whitlatch, der Aichner auf der Frankfurter Buchmesse entdeckte und seitdem zum Senior Editor des amerikanischen Verlagsriesen Hachette aufstieg.

"Blum sollte eine Frau sein, die man mag, auch wenn sie tötet", versucht der 43-jährige Aichner, der früher als Pressefotograf arbeitete, die Erklärung des Phänomens. Schon am Ende von "Totenfrau" bilanziert sie mit fünf Opfern. Im zweiten Teil wird sie nun selbst zur Gejagten: Ein Künstler, der mit Leichen experimentiert, ist hinter ihr her, und der Leser bangt um ihr Leben, denn das Schicksal der Mörderin weckt Mitgefühl. Von einem Ehepaar als Kleinkind adoptiert, musste sie früh im familieneigenen Bestattungsunternehmen mit Leichen hantieren. Weigerte sie sich, wurde sie in einen Sarg gesperrt. "Blum verkörpert all das, was viele von uns bei erlittenem Ungemach empfinden", sagt Aichner. "Ich bin ein friedfertiger Mensch, aber unter gewissen Umständen kann niemand sagen, ob er nicht selbst zum Mörder wird."

Geprägt hätten ihn die Romane des Kärntners Josef Winkler, der die Hölle der Dorfkindheit beschreibt. "Wie er mit Sprache umgeht, wie er über den Tod schreibt, hat mich zutiefst beeindruckt." Ehe er seine Romane schrieb, assistierte Aichner selbst einer Innsbrucker Bestatterin. "Das hat mir geholfen, mich mit meiner Todesangst zu beschäftigen. Ich war täglich froh, als ich den Betrieb verließ, und fand das Leben draußen viel schöner als zuvor."

Dass Blitzaufstiege rasch enden können, beeindruckt ihn nicht. "Ich bin grundoptimistisch. Ich gebe mein Bestes. Ob man 70.000 oder 200.000 Bücher verkauft, hat man selbst nicht im Griff. Schreiben ist für mich lebensnotwendig, damit ich glücklich bin. Steigerungen sind möglich." Das ist zu hoffen, denn Blum muss ja noch mindestens einen Band bestreiten.

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