Das wird ein
arbeitsreicher Sommer

Warum die Wahlkampfmaschinerie bereits voll läuft und wer es bezahlt

Mit der Bekanntgabe des Neuwahltermins fängt auch die Wahlkampfmaschinerie an zu arbeiten: Da werden Werbebotschaften erfunden, Plakatflächen gebucht und Wahlgeschenke bestellt. Das alles kostet den Steuerzahler viel Geld.

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Neuwahlen - Das wird ein
arbeitsreicher Sommer

Es sollte die schönste Zeit des Jahres sein: Die Temperaturen steigen und laden dazu ein, am Abend länger im Freien sitzen zu bleiben. Es ist regelrecht zu riechen, dass der Sommer langsam näher rückt. Daher stehen spätestens jetzt wichtige Entscheidungen an: Den Sommerurlaub im Juli oder August nehmen? Ans Meer oder in die Berge fahren? Oder doch lieber auf Balkonien bleiben? Auf jeden Fall ein, zwei Wochen frei haben, sich die Sonne auf den Bauch scheinen und die Seele baumeln lassen.

Ein Sommer kann aber auch ganz anders aussehen: Im Inneren eines gut klimatisierten Raumes bei konstant 24 Grad durcharbeiten und sich hin und wieder gegen Mitternacht einen Gute-Nacht-Drink an einer Strandbar gönnen.

Der Lack bröckelt

Genau dieses Szenario ist für viele Parteiangestellte und Ministeriumsmitarbeiter auch heuer wieder Realität. Schon zu Jahresbeginn wurde angesichts des vorhersehbaren und nun eingetretenen Neuwahlszenarios eine Urlaubssperre ausgerufen. Denn obwohl die heiße Phase erst mit Schulbeginn losgehen wird, ist bereits jetzt Personaleinsatz gefragt: SPÖ, Grüne und Neos nehmen extra Leute für den Wahlkampf auf. Und das keinen Tag zu früh, sagt Politikberater Peter Plaikner: "Ein Jahr vor dem Wahltermin mit den Vorbereitungen zu beginnen, ist schon ein bisschen knapp." Fünf Monate sind demnach selbst für wahlkampferprobte Parteimanager eine Herausforderung.

An dem kurzfristig angesetzten Neuwahltermin hätte aber kein Weg vorbeigeführt, so Plaikner: "Jeder Monat Warten schmälert den Marktwert." ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz hätte also gar nicht länger zuwarten dürfen: "Wenn der Lack erst einmal bröckelt, lässt auch die Motivation der Basis spürbar nach."

Genau das kann sich aber keine Partei leisten. Denn die Heerscharen an Freiwilligen, die im Wahlkampf in jedem noch so abgelegenen Ort an Türen klopfen und Zettel verteilen, sind für jede Partei unverzichtbar. Auch deswegen haben die Grünen im Streit mit ihrer Parteijugend schlussendlich eingelenkt: 700 Personen, die gratis für die Sache laufen, sind politisches Gold wert. Und das werden sie tun, sagt auch die Noch-Vorsitzende der Jungen Grünen, Flora Petrik: "Natürlich ist ein Teil noch immer deprimiert, aber mit Ulrike Lunacek haben wir jetzt eine Spitzenkandidatin, die das Vertrauen des gesamten Apparates besitzt."

Offene Lügen verbreiten

Neben einer Vielzahl an Menschen wird in diesem Wahlkampf auch das Internet wieder vermehrt zum Einsatz kommen. Leider nicht nur mit positiven Effekten, befürchtet der Politologe Anton Pelinka: "Das Problem an Social Media ist, dass man darüber offen Lügen verbreiten kann." Er erwartet daher "einen untergriffi gen Wahlkampf mit viel Polarisierung und Negative Campaigning".

In dem Zusammenhang kommen klassische Werbeformen wieder ins Spiel, also werden auch diesmal wieder Plakatflächen reserviert und Werbesujets ausgewählt. Laut dem Außenwerbungsanbieter Gewista sollten trotz des nahen Wahltermins aber genügend Werbeflächen für alle Parteien zur Verfügung stehen: "Wir behandeln politische Parteien genauso wie jeden anderen Wirtschaftskunden", sagt Gewista-Chef Franz Solta. "Es ist uns aber ein Anliegen, Wahlwerbung hinsichtlich demokratiepolitischer Gleichbehandlung besonders ausgewogen zu erfüllen." Möglich ist die kurzfristige Buchung auch deshalb, hört man aus den Parteien, weil viele Unternehmen in der Wahlkampfzeit ihre bereits gebuchten Plätze wieder zurückziehen. Andere wiederum spielen mit dem Thema und produzieren speziell auf die Politik und die Nationalratswahlen bezugnehmende Werbungen.

»Fünf Monate Vorbereitung sind selbst für erprobte Parteimanager eine Herausforderung.«

Peter Plaikner, Politikberater und Medienanalyst

Gleichzeitig mit den Buchungen der Plakatflächen werden aber auch erst Fotos der künftigen Mandatare gemacht sowie Botschaften ans Wahlvolk ausgedacht. "Anders ist das bei einer solchen Vielzahl an neuen Spitzenkandidaten gar nicht möglich", sagt ein Politikinsider. Das sind zudem die Abläufe, die am meisten Vorlaufzeit benötigen: "Die in die Erstellung involvierten Agenturen bremsen uns ungemein. Es dauert ewig, bis etwas Druckfähiges vorhanden ist und weitergegeben werden kann."

Zaubern kostet Geld

Ein weiteres wichtiges Element jedes Wahlkampfes sind die Wahlgeschenke: Kugelschreiber, Feuerzeug, Luftballon, Stofftier, Naschereien und vieles andere mehr werden den Wahlhelfern von den Wählern regelrecht aus den Händen gerissen. Auch hier ist die Zeit für Bestellungen schon etwas knapp. "Im Normalfall dauert die Produktion eines Kugelschreibers drei bis vier Monate", sagt Werbeartikelhändlerin Martina Howorka: "Natürlich geht es auch schneller." Nachsatz: "Aber Zaubern kostet Geld." Um diese Mehrkosten zu vermeiden, hätte man freilich bereits vor der offiziellen Bekanntgabe der Neuwahlen ordern müssen. Etwas, was trotz sich abzeichnender Koalitionskrise keine einzige Partei gemacht hat, sagt Howorka. Dennoch sind manche besser vorbereitet als andere. Aus dem inneren Kreis der SPÖ ist zu hören, dass bereits am Tag danach eine komplette Order weggeschickt wurde, während die Parteien mit den neuen Spitzenkandidaten (ÖVP und Grüne) mit ihren Bestellungen auch jetzt noch zuwarten.

Sparsamer Wahlkampf

Das könnte auch daran liegen, dass einige noch rechnen, wie viel sie überhaupt ausgeben können. Das Parteienförderungsgesetz sieht für 2017 für alle Parteien eine Auszahlung von 207 Millionen Euro vor. Damit unterstützt der Steuerzahler die Volksvertreter mit 32,6 Euro pro Stimmbürger. Geld, das im Zuge des Wahlkampfes zum Teil wieder ausgegeben wird. Bei den Großparteien SPÖ, ÖVP und FPÖ ist davon auszugehen, dass sie sich mit ihren Wahlkampfausgaben an der Grenze von sieben Millionen Euro orientieren werden - mit vorab einkalkulierten Überschreitungen. Und während das Budget der Grünen noch offen ist (bei der letzten Nationalratswahl 2013 wurden 5,4 Millionen Euro ausgegeben), wird bei den Neos beinhart kalkuliert: Generalsekretär Nikola Donig rechnet mit einem "sparsamen Wahlkampf in den letzten sechs bis acht Wochen vor der Wahl" und rund zwei Millionen Euro.

Gearbeitet wird in den Parteizentralen jedenfalls jetzt schon ordentlich. Das ultimative Buhlen um die Wählerstimmen findet zwar erst im September statt, die Vorbereitungen laufen aber bereits auf Hochtouren. Kein Kandidat, kein Mitarbeiter, der nicht schon jetzt rund um die Uhr erreichbar ist. Da sind Mails, die von zwei Uhr früh datieren, keine Seltenheit. Hoffentlich saß der Absender dabei wenigstens in einer Strandbar.