Auswandern: Wie man
Neu(see)land entdeckt

Eine Familie aus Salzburg schildert ihr Leben auf einer neuseeländischen Farm

Mehr als 20.000 Österreicher wandern jedes Jahr aus. Auch Eva und Christian M. übersiedelten mit ihren beiden Töchtern vor gut zwei Jahren von Thalgau nach Motueka. Nun leben sie gemeinsam mit Schafen, Ziegen und Hühnern auf einer Farm in einer der sonnigsten Regionen Neuseelands.

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Reise - Auswandern: Wie man
Neu(see)land entdeckt
Familie wander nach Neuseeland aus
© Privat

Es begann mit der Hochzeitsreise. Vier Wochen lang reisten Eva und Christian M. durch Neuseeland. Und beim Rückflug war klar: Sie werden auf alle Fälle wiederkommen. Neuseeland ist für viele Österreicher ein Sehnsuchtsland. Es liegt am anderen Ende der Welt, ist dennoch nicht komplett fremd. Es gibt Berge und Seen, aber auch wilde Küsten, einen Regenwald, sonnige Sandstrände und Vulkane. Es gibt Wanderwege und im Winter Skipisten. Gesprochen wird Englisch, was einen Urlaub hier sehr unkompliziert macht.

Für Eva und Christian ist es unter anderem das Gefühl der Freiheit, das sie an Neuseeland so sehr lieben. "Das Land ist überwältigend in vielerlei Hinsicht. Gerade auf der Südinsel ist die Bevölkerungsdichte sehr gering. Wir sind nie in Staus oder Kolonnen gestanden und konnten überall einfach stehen bleiben, um ein Foto zu machen. Gelegenheiten dafür gibt es ja genug", sagt Christian M.

Die Sehnsucht, in Neuseeland zu bleiben, sei mehr gewesen als "das typische Ich-will-nicht-weg, das man häufig bei Urlauben erlebt", sagt der gebürtige Salzburger.

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Also folgte ein weiterer Urlaub, und im Jahr 2012 beschloss die mittlerweile vierköpfige Familie, ein ganzes Jahr in Neuseeland zu verbringen. Das Ziel: Neuseeland nicht mehr nur als Touristen, sondern auch den Alltag dort zu erleben.

Ein Jahr, vier Koffer

Christian M. ist IT-Spezialist und kann daher ortsunabhängig arbeiten. Er führte seinen Computerjob bei einer internationalen Softwarefirma einfach am anderen Ende der Welt weiter. Seine Frau, Eva, musste ihre IT-Support-Stelle in der Zentrale einer großen Supermarktkette allerdings kündigen, weil ihre Firma keine Unterbrechung von einem Jahr genehmigte. Doch das war egal. "Die Lebenskosten in Neuseeland waren um einiges niedriger als in Österreich", erklärt Christian. Damit seien sie auf das zweite Einkommen nicht mehr angewiesen gewesen.

Die Familie mietete ein bereits möbliertes Haus. Das in Neuseeland aufgrund der großen Entfernungen notwendige Auto organisierte sie vorab online. Mit nur vier Koffern und Handgepäck begab sie sich auf ihre Reise und vermisste: nichts.

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Die Sorgen, dass sich die Kinder in der neuen Schule in Neuseeland nicht zurechtfinden würden, waren unbegründet. Denn bereits nach kurzer Zeit konnten sie dem Unterricht problemlos folgen. Möglich sei dies auch durch das große Engagement der Lehrer der familiären Waldorfschule gewesen, sagt Christian.

»Neuseeland ist in vielerlei Hinsicht überwältigend«

In diesem Jahr lernten sie nicht nur viele Highlights des Landes kennen, sondern auch jene Seite, die Touristen normalerweise verborgen bleibt: "Entgegen dem grünen Bild, das im Tourismus so gerne vertreten wird, ist Neuseeland, wenn es um den Umgang mit Land und Natur geht, doch sehr rückständig. In den Obstplantagen wird zum Beispiel sehr viel Gift gesprüht."

Es war ein schönes und ereignisreiches Jahr für die Familie, und damit sollte das Kapitel Neuseeland eigentlich abgeschlossen sein.

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Zwei Wochen nach der Rückkehr war diese große Sehnsucht nach dem deutlich entspannteren Lebensstil allerdings wieder da. Denn nach ihrer einjährigen Auslandserfahrung passte das "schnelle und hochoptimierte" Leben in Österreich nicht mehr zu ihnen. "Wir waren nicht mehr bereit, alles so wie früher hinzunehmen", beschreibt der IT-Spezialist das Gefühl. In Neuseeland gebe es viel weniger Gesetze und Bestimmungen, dafür passiere mehr mit Hausverstand und praktischer Improvisation im Alltag. Das entspreche ihrem Lebensstil weitaus mehr.

Da sie sich in Österreich einfach nicht mehr wohlfühlten, planten sie den nächsten Schritt: die Auswanderung. Sie prüften Visa-Optionen, verkauften das erst sieben Jahre zuvor neu gebaute Haus und änderten oder kündigten sämtliche Verträge. Eineinhalb Jahre dauerte es, bis die Familie ihren großen Traum verwirklichen konnte und endlich von Thalgau ins neuseeländische Motueka auswanderte. Die Kleinstadt liegt nahe am Abel-Tasman-Nationalpark mit seinen einsamen Sandstränden und dem glasklaren Wasser.

Moderne Hippies

Die Familie lebt nun gemeinsam mit Ziegen, Schafen und Hühnern auf einer einen Hektar großen Farm. In ihrem Garten bauen Eva und Christian, die sich selbst als "moderne Hippies" bezeichnen, Gemüse und mehr als hundert verschiedene Obst- und Beerensorten an. Die Töchter besuchen wieder die Waldorfschule in Motueka. Christian betreibt von der Farm aus ein internationales Unternehmen für Sicherheitssoftware mit mehr als 40 auf der Welt verstreut lebenden Mitarbeitern. In den Ferien reisen sie weiter durch Neuseeland. Und auf ihrem Blog EinJahr.kiwi geben sie all jenen hilfreiche Tipps, die ihren Traum von einem Jahr am anderen Ende der Welt ebenfalls endlich leben wollen.

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Ihre Auswanderung ist nun zweieinhalb Jahre her. Den Drang, nach Österreich zurückzukehren, verspürt die Familie nicht. Einzig den österreichischen Dialekt vermissen sie manchmal. "Wir haben uns bereits dabei ertappt - natürlich nur der Sprache wegen -, Hubert von Goisern auf Youtube zu hören", scherzt Christian, der Wahlneuseeländer. Und manchmal, da hätten sie Lust auf Salami, Speck oder eine Leberkässemmel.

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