Neuordnung von Ostgeschäft: Generali Wien muss Ost-Töchter an Prag abgeben

Konzern plant aber vorerst keine Kündigungen Milliardendeal mit tschechischem Finanzkonzern PPF

Die italienische Generali-Gruppe ordnet ihr Ostgeschäft völlig neu - und Wien hat dabei das Nachsehen: Die Generali Holding Vienna verliert die bisher bei ihr angesiedelten Ost-Töchter. Neue Osteuropa-Holding wird eine neue Tochter in Prag. Generali Wien wird aber minderheitlich an dieser neuen Tochter mit tschechischen Miteigentümern beteiligt werden und hofft auf künftigen reichlichen Dividendensegen. Stehen wird die neue Struktur Anfang 2008. In Österreich sollen deswegen keine Mitarbeiter gekündigt werden.

Die Generali-Osttöchter werden in einem gänzlich neuen Joint Venture mit tschechischer Beteiligung gebündelt. Die italienische Generali und die tschechische Finanzgruppe PPF des Finanzexperten Petr Kellner gründen dazu eine gemeinsame Gesellschaft, an der Generali 51 Prozent und die PPF 49 Prozent halten wird, teilte die italienische Generali Donnerstagabend mit. Man errichte damit den führenden Versicherer in der Region.

Die Italiener zahlen für die Mehrheit an dem neuen Gemeinschaftsunternehmen 1,1 Mrd. Euro in Cash und bringen ihre Osttöchter ein, die bisher der Generali Holding Vienna mit Sitz in Wien unterstanden.

Operativer Sitz der neuen Ostholding wird damit Prag, der steuerliche Sitz wird in die Niederlande verlegt. Die österreichische Generali, die bisher für das Ostgeschäft zuständig war, wird mit knapp 30 Prozent an der neuen Ostholding beteiligt sein, sagte Generali Vienna-Finanzvorstand Walter Steidl am Donnerstag Abend gegenüber der APA. Die Restrukturierung soll mit Jahresbeginn 2008 stehen.

Steidl rechnet insgesamt mit positiven Auswirkungen des Deals auf die Generali Vienna: "Wir bringen unsere Ost-Gesellschaften ein und bleiben beteiligt. Das Mehr an Dividende sollte positiv auf Österreich zurückfallen". Der Deal sei insgesamt "absolut zu begrüßen, ein Riesenschritt für Generali". Bereits die Wiener Generali habe eine Ostholding vorgehabt, um für einen solchen Deal gewappnet zu sein. Die Osteuropa-Beteiligungen seien von Wien aus seit 1989 aufgebaut worden.

Zu einem unmittelbaren Personalabbau bei den österreichischen Mitarbeitern soll es wegen der Neustrukturierung des Osteuropageschäftes nicht kommen. Erstens habe man sich schon im Vorfeld mit dem Betriebsrat dahingehend verständigt, bis auf weiteres auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Zweitens werden man Leute für Österreich brauchen, "weil wir zwei Gesellschaften zu fusionieren haben", so Steidl. Wie berichtet sollen nach dem Abschluss des Verkaufes der BAWAG an den US-Fonds Cerberus die BAWAG-und P.S.K.-Versicherung miteinander fusioniert werden. Auch ein Wechsel von der Generali Holding Vienna in die BAWAG sei grundsätzlich möglich.

2006 wurde in der Region CEE erstmals die 1 Mrd. Euro-Grenze bei den Prämieneinnahmen überschritten. Insgesamt (inklusive Österreich) erzielte die Generali Vienna 2006 ein Prämienplus von 16,5 Prozent auf 3,38 Mrd. Euro. In CEE wuchsen die Prämien um 28,6 Prozent auf 1,068 Mrd. Euro, davon kamen 59 Mio. Euro aus den drei neuen Märkten Bulgarien, Serbien und Ukraine.

Die Zentral- und Osteuropa-Assets der Generali werden mit 1,5 Mrd. Euro bewertet, die im Mehrheitseigentum der PPF stehende Ceska Pojistovna, die größte Versicherung Tschechiens, mit 3,6 Mrd. Euro.

Die Generali Holding Vienna AG wird sich im Inland demnach operativ auf die österreichischen Generali-Beteiligungen konzentrieren, zu denen u.a. die Generali Versicherung, die Europäische Reiseversicherung, die Generali Bank, die Generali Immobilien und die 3 Banken-Generali KAG zählen. Darüber hinaus wird die künftige, strategisch sehr wichtige Beteiligung an der BAWAG P.S.K. sowie an der BAWAG Versicherung und der P.S.K. Versicherung von der Generali Holding Vienna AG gehalten werden, so die Generali Vienna in einer Unternehmensmitteilung.

Der tschechische Partner Kellner zieht in den Vorstand der italienischen Generali mit Sitz in Triest ein. Serge Balbinot, Co-CEO der Generali Triest, wird Chairman des Joint Ventures. Vorstandschef (CEO) des Gemeinschaftsunternehmens wird der Tscheche Ladislav Bartonicek, Manager der Ceska Pojistovna. Offen bleibt, ob auch Österreicher dem Führungsgremium der neuen Ost-Zentrale angehören werden.

Das pro-forma Prämienvolumen des Joint-Ventures liegt bei mehr als 2,6 Mrd. Euro, der "Embedded Value" des Joint-Ventures bei 2,3 Mrd. Euro. Die gemeinsame Gesellschaft verfügt über 9 Millionen Kunden in zwölf Ländern.

Die Generali hatte sich im Rennen um ein Zusammengehen mit der Ceska Pojistovna gegen starke internationale Konkurrenz durchgesetzt. Tschechischen Medienberichten zufolge hatte reges Interesse an einem Einstieg bei der Ceska pojistovna geherrscht. Genannt worden waren so prominente Namen wie AIG (USA), AXA (Frankreich), Allianz (Deutschland), Aegon (Niederlande), KBC (Belgien) oder ING (Niederlande). (apa/red)