Der VW Polo hat sich den wahrscheinlich kostbarsten Titel gesichert, der in der Autobranche vergeben, aber von keiner Jury und keinen Fachmagazin-Lesern bestimmt wird: Der Wolfsburger Bestseller gilt per se als Synonym für Kleinwagen. Ist von Autos knapp unter der magischen Vier-Meter-Grenze die Rede, wird er stets als erster genannt. Doch in seiner sechsten Auflage überspringt der Polo diese Marke - er misst jetzt 4,05 Meter. Der Status als Urmeter der City-Flitzer scheint dennoch ungefährdet. Die härtesten Konkurrenten, Opel Corsa und Ford Fiesta, haben erst unlängst auch diesen Limes überschritten.
Der Polo hat übrigens ein gewaltiges Längenwachstum im Lauf der Jahre hingelegt. Er hat sich, seit er 1975 erstmals in den Schauräumen der VW-Händler stand, exakt um 50,5 Zentimeter gestreckt. Da verkommt das Plus von 8,1 Zentimetern gegenüber dem Vorgängermodell beinahe zur Nebensache. Aber eben nur beinahe. Denn weil auch der Radstand gewachsen ist, nämlich um 9,4 Zentimeter, ist gleich von enormen Platzverhältnissen die Rede.
Wir wollten das nicht unreflektiert stehen lassen und haben einen der ersten Polos, die in Österreich eingetroffen sind, getestet.
Es stimmt schon, dass man im gar nicht mehr so kleinen Wolfsburger ausgezeichnet sitzt. Jedoch vorne nur, wenn der Sitz höhenmäßig (manuell) ganz heruntergefahren wird und hinten, wenn der Vordermann Gnade walten und die Rückenlehne möglichst senkrecht stehen lässt - wegen der Knie des Hinterbänklers. Die Kopffreiheit ist auch in Reihe zwei tadellos. Das Entern des Fonds passiert übrigens völlig angstfrei, weil die Türausschnitte groß genug sind, um schmerzhafte Kopfstöße mit der Dachkante zu vermeiden. Die Motorversion, die uns VW zugeteilt hatte, die mittlere von dreien, versetzt uns in die Jugendjahre des Polos: 75 Benziner-PS! Damals war das ordentlich Pfeffer - aber heute?
Wir drehen am Zündschlüssel (!), der Dreizylinder meldet sich mit einem Hüsteln zum Dienst. Schon bei niedrigen Drehzahlen legt er los, lässt sich willig hochdrehen, was akustisch recht ordentlich passiert, und fordert im Zusammenspiel mit dem butterweich zu schaltenden Sechsganggetriebe direkt zu flotter Gangart heraus. Mit der leichtgängigen Lenkung schlängelt sich der Polo nicht nur geschickt durch den Innenstadtverkehr, sondern lässt sich auch zackig durch Kurven hieven. Also keine Spur von Untermotorisierung.
Natürlich kann man den Polo mit allen gängigen Assistenzsystemen hochrüsten, aber das kostet, je nach Ausstattung, einiges.
Daten
VW Polo 1,0 TSI
Preis: € 16.990,-(Comfortline)
Motor: 3 Zylinder, Benzinsauger, 999 ccm
Leistung: 75 PS (55 kW)
Spitze: 170 km/h
0-100: 14,9 Sek.
Verbrauch: 5,6 l/100 km
Emission: 130 g CO2/km
Fazit: Er fährt, lenkt und bremst wie immer. Aber eben noch eine Spur souveräner. Und: 75 PS müssen auch heute nicht fad sein.