Neuer nordkoreanischer Raketentest

Tokio kündigt "konkrete" Schritte an - China ruft alle Seiten zur Ruhe auf

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Tokios Regierungschef Shinzo Abe verurteilte den Test und kündigte an, sein Land werde gemeinsam mit den USA "konkrete Handlungen" einleiten. Es war das zweite Mal in diesem Jahr, dass ein nordkoreanischer Flugkörper derart nah an Japan herankam. "Wir werden Nordkoreas fortgesetzte Provokationen, die die wiederholten Warnungen der internationalen Gemeinschaft ignorieren, niemals hinnehmen", sagte Abe. Er verwies darauf, dass die G-7-Staaten auf ihrem Gipfel in Taormina das Problem erst am Samstag zur "Top-Priorität" erklärten. "In Zusammenarbeit mit den USA werden wir gezielte Maßnahmen ergreifen, um Nordkorea abzuschrecken", sagte Ministerpräsident Abe.

Südkorea reagierte ebenfalls alarmiert. In Seoul trat der Nationale Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Die Regierung verurteilte die Aktion des Nordens als "gravierende Bedrohung".

Nordkoreas wichtigster Verbündeter China forderte erneut Dialogbereitschaft von allen Seiten. Pjöngjang müsse auf Handlungen verzichten, die gegen UNO-Resolutionen verstießen, erklärte das Pekinger Außenministerium. China hoffe, dass alle beteiligten Parteien "ruhig und zurückhaltend" blieben.

Russland verurteilte den Test, rief aber zugleich - ebenso wie China - alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, das nordkoreanische Regime setze seine "unverantwortliche und völkerrechtswidrige Politik der Provokation fort".

In Washington teilte die Regierung mit, Präsident Donald Trump sei über den jüngsten Test unterrichtet worden. Das US-Pazifikkommando erklärte, man habe den Abschuss verfolgt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kurzstreckenrakete keine unmittelbare Bedrohung für die USA darstellte.

US-Verteidigungsminister Jim Mattis wollte sich nicht zu möglichen "roten Linien" äußern, deren Überschreitung Washington nicht hinnehmen würde. Seine Regierung brauche "politischen Spielraum", sagte er dem Sender CBS News. Der Norden habe hunderte Kanonen und Raketenwerfer in Reichweite der südkoreanischen Hauptstadt Seoul stationiert, sagte er. Dies sei einer der am dichtesten besiedelten Ballungsräume der Welt. Pjöngjang sei eine Gefahr für Südkorea sowie Japan und im Fall eines militärischen Konflikts auch für China und Russland. Krieg wäre "katastrophal". Mattis warnte am Sonntag im US-Fernsehen vor den "wahrscheinlich schlimmsten Kämpfen, die die meisten Menschen je erlebt hätten", sollte die Diplomatie scheitern.

Die USA wollten vor dem Hintergrund der anhaltenden Spannungen am Dienstag ihr Raketenabwehrsystem testen. Es sollte übungshalber eine von einem Testgelände auf den pazifischen Marshall-Inseln abgefeuerte weitreichende Interkontinentalrakete abfangen. Die Bilanz früherer Test war durchwachsen. Gelänge der Test, würden die USA beweisen, dass sie Angriffe mit einer Langstreckenrakete etwa aus Nordkorea verhindern könnten.

Die Spannungen zwischen Nordkorea und den USA nehmen seit Monaten zu. Zuletzt hat Trump Nordkorea beim G-7-Gipfel in Italien als "Weltproblem" bezeichnet, das gelöst werde.

Nordkorea ist militärisch hochgerüstet und arbeitet am Ausbau seiner Raketen- und Atomwaffenprogramme. Seit 2006 hat es nach eigenen Angaben fünf Atomwaffentests vorgenommen, davon zwei im vergangenen Jahr. Als zentrales Ziel der Regierung von Machthaber Kim Jong-un gilt die Entwicklung von Langstreckenraketen, die Atomsprengköpfe in die USA tragen könnten. Solche Modelle testete es bisher aber nicht.

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