Neuer Kärntner ÖVP-Chef Martin Gruber will Partei "neu aufstellen"

Innerparteiliche Kommunikation müsse verbessert werden

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Wenige Stunden habe er Zeit gehabt, um nach dem überraschenden Rücktritt seines Vorgängers Christian Benger zu entscheiden, ob er die Funktion des Parteiobmannes übernehmen wolle, sagte der 34-Jährige. "Das wichtigste Gespräch dabei war jenes mit meiner Frau", betonte er. Zu den innerparteilichen Turbulenzen vor dem Rücktritt Bengers meinte Gruber, das habe sich "zum Schluss schon sehr zugespitzt". In den sozialen Medien sei eine Dynamik entstanden, die das Ganze eskalieren habe lassen. Die Details dessen, was da kommuniziert worden sei, kenne er aber nicht.

Zu dem Brief, den der ehemalige Bürgermeister von Berg im Drautal und bis vor kurzem ÖVP-Klubchef im Landtag, Ferdinand Hueter, an Benger geschrieben hatte und in dem er ultimativ einen Landesratsposten verlangt hatte, meinte Gruber: "An sich sind solche Forderungen nichts Ungewöhnliches." Der Tonfall sei allerdings "nicht klug" gewesen, sagte der Neo-Parteichef in Anspielung auf die Drohung der Bürgermeister, sich bei Nichterfüllung von der Partei abspalten zu wollen. Er habe an seinem ersten Wochenende als Obmann zahlreiche Gespräche mit den Unterzeichnern geführt. Auf die Frage, ob der Konflikt damit bereinigt sei, sagte Gruber: "Es rumort noch immer, aber es hat sich einigermaßen beruhigt." Er werde in nächster Zeit alle Bezirke besuchen, um den Funktionären und Mitgliedern einen Ausblick auf die nähere Zukunft zu geben. "Wir müssen viel mehr Wert auf innerparteiliche Kommunikation legen", man müsse den Funktionären zuhören und sie ernst nehmen. Den Parteitag, bei dem er dann zum Obmann gewählt werden soll, kündigte Gruber für Anfang Juli an.

Auch personelle Veränderungen in der Partei werde es geben, so Gruber. Er bat aber um Verständnis, dabei noch keine Namen präsentieren zu können, der Entscheidungsprozess sei diesbezüglich noch im Gange. Eine Personalentscheidung, die bereits getroffen ist, ist die Besetzung des zweiten Landesratspostens mit Ulrich Zafoschnig. Gefragt, warum er sich für ihn entschieden habe - die Partei hatte ihm in dieser Frage freie Hand gelassen - meinte Gruber: "Ich habe ihn ausgesucht, weil er für die Referate fachlich der Kompetenteste ist. Man muss ein Kenner sein, um da auch bestehen zu können." Dass Zafoschnig als einer der Verantwortlichen für die Heta-Abwicklung mit Finanzlandesrätin Gaby Schaunig von der SPÖ eine gute Zusammenarbeit gepflogen habe, sei natürlich auch von Vorteil, auch wenn ihm dieser Punkt erst nachträglich aufgefallen sei.

Gruber, der das politische Handwerk im Büro seines Vor-Vor-Vorgängers Josef Martinz gelernt hat, sieht die Koalition mit der SPÖ als die beste Lösung für das Land. Das könne aber trotz Koalitionsvertrag und inhaltlichen Abstimmungen nur funktionieren, wenn es eine "gute und respektvolle Gesprächsbasis" gebe. Diese sei mit Landeshauptmann Peter Kaiser jedenfalls gegeben. Dass er mit der Bedingung der SPÖ, das Einstimmigkeitsprinzip in der Landesregierung in der Landesverfassung wieder zu streichen, nicht glücklich ist, verhehlt der ÖVP-Chef nicht. Nachdem dieses aber in der Koalitionsvereinbarung de facto gelte, habe er diese Bedingung akzeptieren können.

In seinem Ressort ist Gruber für Straßenbau, Landwirtschaft samt Jagd und Fischerei sowie für Orts- und Regionalentwicklung zuständig. Im Straßenbau gebe es drei prioritäre Projekte: Der Ausbau der Drautal-Bundesstraße B100, die Südostspange in Klagenfurt sowie der Ausbau der S37, der St. Veiter Schnellstraße. Durch die Zusage der SPÖ, das Straßenbaureferat mit acht bis zwölf Millionen Euro jährlich mehr zu dotieren, könne man das Auslangen finden.

Im Agrarbereich will Gruber, der als Nebenerwerbslandwirt auf seinem Biobetrieb Schweine züchtet, den Einsatz neuer Technologien forcieren, dazu müsse im Bereich der Deregulierung des Verwaltungsverfahrens etwas weitergehen, auch das Absichern der bäuerlichen Einkommen sei ein Schwerpunkt. Beim Thema Jagd gelte es, den Umgang mit großen Beutegreifern wie Wolf, Bär und Luchs zu regeln, auch das Problem der Fischotter müsse gelöst werden. Ein großes Thema sei auch der Forstschutz, vor allem aufgrund der Veränderungen durch den Klimawandel.

(Das Gespräch führte Michael Walcher/APA)

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