16. Nestroy-Preisgala:
Wer abträumte

Wuttke kündigte Abgang vom Burgtheater an - Flüchtlings-Thema als roter Faden

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Menschen - 16. Nestroy-Preisgala:
Wer abträumte

"Der Nestroy-Preis ist offen für alle, und am Ende gewinnt immer das Burgtheater." Was Moderatorin Maria Happel, Gary Lineker abwandelnd, sagte, traf diesmal nicht immer, aber recht häufig zu. Zwei Burg-Produktionen dominierten mit je drei Preisen die Gala: Die Uraufführung von "Die lächerliche Finsternis" gewann den Autorenpreis (Wolfram Lotz), den Nestroy für die beste deutschsprachige Aufführung (Dusan David Parizek) und den Preis für den besten weiblichen Nachwuchs (Stefanie Reinsperger, mit langem Applaus bedacht). "John Gabriel Borkman" räumte den Regiepreis (Simon Stone) sowie die Auszeichnungen für den besten Schauspieler (Martin Wuttke in der Titelrolle) und für die beste Nebenrolle (Roland Koch für seinen Wilhelm Foldal) ab.

Auch die beste Schauspielerin arbeitet an der Burg: Die 79-jährige Elisabeth Orth wurde für ihre Rolle als die Alte in der Uraufführung von "die unverheiratete" von Ewald Palmetshofer im Akademietheater ausgezeichnet, bedankte sich bei ihrer Souffleuse Gabriele Barth ("Ohne sie wäre ich heute nicht hier", und freute sich auch für das Burgtheater, das sich bei der letztjährigen Nestroy-Gala einiges habe anhören müssen. "Das war nicht sehr angenehm", sagte Orth. Heuer sei die Burg jedoch das "Theater des Jahres": "So schnell kann's gehen..."

Wuttke kündigt Abgang vom Burgtheater an

Ganz anders legte Martin Wuttke seine Dankesrede an: Unverhohlen brachte er zum Ausdruck, dass er in der kommenden Saison das Burgtheater verlassen müsse. "Hier gibt es erst mal nichts mehr für mich zu tun. Aber ich werde mich wieder anschleichen." Er würdigte in seiner ironischen Rede die "kluge Entscheidung der Jury", zeigte sich aber über den Preis überrascht, da er doch vorgehabt habe, "künftig nur noch Tier- und Pflanzenpreise" anzunehmen - "Löwen, Bären, Palmen" (wie die Auszeichnungen der Filmfestspiele von Venedig, Berlin und Cannes heißen, Anm.).

Nur noch Lebenswerk-Preisträger Achim Freyer, der seinen leicht verschrobenen Auftritt mit der Verlesung einer bereits vor einem halben Jahr verfassten Dankesrede krönte ("Sie ist sehr lang") und Simon Stone brachten Farbe in die wenig fesselnde Abfolge von Danksagungen an Freunde, Familie, Ausbildner und Kollegen. Der australische Regisseur zeigte sich überrascht ("Ich habe keines deutsches Gespräch oder Monolog vorbereitet"), würdigte jedoch in charmantem Deutsch das tolle Burgtheater-Ensemble: "Ich war bei den Proben das einzige obstacle (Hindernis, Anm.). Das habe ich gecheckt - und in der Folge vor allem versucht, nicht im Weg zu stehen."

Der Spezialpreis ging an...

Der Spezialpreis ging an Niederösterreich ("Glanzstoff" von Felix Mitterer, eine Produktion des Bürgertheaters des Landestheaters Niederösterreich), der Preis für die beste Bundesländer-Aufführung nach Tirol (Susanne Schmelchers "Anna Karenina"-Inszenierung am Tiroler Landestheater). Die "Beste Ausstattung" lieferte heuer, wie bereits im Vorfeld bekannt war, Ivan Bazak in "Johnny Breitwieser" am Wiener Schauspielhaus, Benedikt Paulun gewann für "Freak" (Theater der Jugend) die männliche Nachwuchs-Kategorie, die "Proletenpassion 2015 ff" im Werk X den Preis für die beste Off-Produktion.

Der per Online-Voting vergebene "Nestroy-ORF III Publikumspreis" ging ausgerechnet an den Moderator des Abends, Florian Teichtmeister, der in Doppelconferencen gemeinsam mit Maria Happel mit (oft allzu) fein gedrechselten und nicht selten gereimten, anspielungsreichen Zwischentexten (Buch: Armin Thurnher) durch den Abend führte.

Der Umgang mit Asylsuchenden und Flüchtlingen diente dabei als roter Faden und kulminierte in einem symbolhaften Preis, den VBW-Generaldirektor Thomas Drozda überreichte: Grafitti-Künstler Ellasso hatte während der Gala auf der Hinterbühne ein Kunstwerk gesprayt, das morgen im Semper Depot zugunsten von "Asyl in Not" versteigert werden soll. Ein Flüchtlingschor sagte "Danke" - und wohl auch Drozda selbst, als er erleichtert feststellte, dass sich beim plötzlichen Nachgeben des Orchestergrabens beim abschließenden Press Call auf der Bühne niemand ernsthaft verletzte.

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