"Vorname Genug Nachname Gezahlt"

Der Parteichef des BZÖ im Interview über Pläne und Zukunft seiner Partei

NEWS.AT interviewt die Spitzenkandidaten zur Nationalratswahl: Den Auftakt macht der Chef des BZÖ Josef Bucher. Seit Frank Stronach in die Politik eingestiegen ist und Teile des BZÖ mitnahm, bleibt das BZÖ in allen Umfragen unter der 4-Prozenthürde. NEWS.AT hat Josef Bucher befragt, warum er sich den Wahlkampf antut, welche Chancen er sich ausrechnet und was seine Ziele sind.

von Nationalratswahl - "Vorname Genug Nachname Gezahlt" © Bild: News Appelt Michael

NEWS.AT: Laut den aktuellen Umfragen kämpfen sie gemeinsam mit den Neos, den Piraten und der KPÖ um den undankbaren – da wohl nicht im Parlament vertretenen –sechsten Platz. Von Mitstreitern wurden sie verlassen, Frank Stronach hat sie im TV-Duell hart an der Grenze beleidigt. Da fragt man sich doch: Warum tun sie sich das an?
Josef Bucher: Weil die Umfragen nach oben zeigen und weil ich überzeugt davon bin, dass Österreich das BZÖ braucht.

NEWS.AT: Viele Wähler befürchten ja, dass es sich nicht ausgeht für das BZÖ. Warum sollen sie Ihnen trotzdem die Stimme schenken sollen?
Bucher: Weil jeder Zweite in diesem Land noch nicht weiß wen er wählen soll und deshalb noch alles offen ist. Weil den mutigen die Welt gehört und das BZÖ eine mutige Partei ist, die die unangenehme politischen Zustände beseitigen wird.

NEWS.AT: Wie wollen sie den Turnaround bis zur Wahl schaffen?
Bucher: Indem wir den aktuellen Drive weiter verstärken. Von Tag zu Tag schließen sich mehr Menschen unserer Bewegung an und wenn wir so weiter machen, dann sind wir für eine positive Überraschung gut.

»Petzner darf viel kritisieren«

NEWS.AT: Mit der aktuellen Liste haben sie in gewisser Weise einen Schlussstrich unter die Ära Haider gezogen. Muss man aber nicht sagen, dass das eigentlich zu spät kommt?
Bucher: Mir war wichtig, eine moderne Partei der Mitte abzubilden, indem wir auch moderne Mittelständler, zu den erfahren Politikern die wir haben, hinzunehmen. Das ist ein äußerst spannendes Angebot für eine Partei der Zukunft.

NEWS.AT: Werden ihnen Ursula Haubner und Stefan Petzner fehlen und wie bewerten sie Petzners öffentlichen Stellungnahmen?
Bucher: Die sind ja mit dabei! Es fällt niemand weg, sondern wir sind mehr geworden. Deshalb ist diese Diskussion für mich auch völlig überflüssig. Stefan Petzner darf außerdem viel kritisieren, er hat viel Gutes getan für das BZÖ.

NEWS.AT: Ihre Sympathiewerte sind relativ gut. Zugleich schreckt viele Wähler das Erbe der Haider-Ära ab. Wäre es nicht sinnvoller gewesen gleich eine neue Partei zu gründen und sich von diesem Ballast zu verabschieden?
Bucher: Ich stehe zur Vergangenheit. Ich habe eine Aufgabe und eine Bewegung übernommen, der ich jetzt meinen Stempel aufdrücke. Das sind sicher andere Schwerpunkte als in der Vergangenheit aber man kann nicht die Zeit vor der Krise mit der jetzigen Vergleichen. Man kann Bucher nicht mit Haider vergleichen. Es handelt sich um zwei politische Zeitalter und heute gilt es andere Probleme zu lösen.

»Der größte Skandal der Zweiten Republik«

NEWS.AT: Sprechen wir noch über diese Ära. Haben sie manchmal Gewissensbisse dass Personen aus ihrem Umfeld der Republik diesen Bären – Stichwort Hypo - umgebunden haben?
Bucher: Ich bin nicht bei der ÖVP, ich bin beim BZÖ! Die ÖVP hat der Republik diesen Bären umgebunden. Die ÖVP unter der Führung von Vizekanzler Pröll im Verbund mit der SPÖ haben diesen größten Sündenfall der Zweiten Republik begangen. Die Bayern haben die Bank 2006 gekauft und hätten haften müssen. Ich will das politisch untersucht haben, warum wir diese Bank verstaatlich haben. Rot und Schwarz haben das fünf Mal abgelehnt.

NEWS.AT: Was meinen Sie warum das so kam?
Bucher: Wenn die Haftungen schlagen geworden wären, hätte auch die Raiffeisenbank mitzahlen müssen. Weil die Raiffeisenbank auch zwei Hypobanken besitzt. Also wollten die Raiffeisenleute das nicht, deshalb hat Pröll die Bank verstaatlicht und wo er jetzt beschäftigt ist, wissen wir ja.

NEWS.AT: Schon im Vorfeld wurden vom Land Kärnten enorme Haftungsverpflichtungen eingegangen. War das kein schrecklicher Fehler?
Bucher: Das ist eine andere Frage. Ich habe immer die Ansicht vertreten, dass diese Haftungen viel zu hoch waren. Aber Jörg Haider hat die Bank gemeinsam mit Herrn Martinz von der ÖVP verkauft und 1,5 Milliarden Euro erlöst. Wäre die Bank zu Grunde gegangen, hätte zunächst die Bayerische Landesbank als Eigentümer haften müssen. Wäre diese in Nöte geraten, hätte Bayern haften müssen. Wenn Bayern nicht in der Lage gewesen wäre zu zahlen, würde der Planet nicht mehr existieren. Da Bayern eine der pulsierendsten Regionen der Welt ist. Die Bayern kaufen diese Bank viel zu schnell, verdoppelten die Bilanzsumme in nur zwei Jahren und dann nehmen wir die Bank zurück? Dann verstaatlicht man das Fehlversagen dieser Bankleute. Warum sollten wir dafür haften?

NEWS.AT: Wie wollen sie derartige Schadensfälle künftig vermeiden?
Bucher: Indem wir ein Bankenkonkursrecht machen. Bisher hat man keine Bank Pleite gehen lassen. Es braucht ein Bankenkonkursrecht. Seit 2008 kennen wir das Problem und in fünf Jahren ist nichts passiert.

»Vorname „Genug“ und Nachname „gezahlt"«

NEWS.AT: Sie sprechen ein bestimmtes Wählerklientel an. Darunter Wirtschaftstreibende und Selbstständige. Um dieses Wählersegment matchen sich sehr viele Parteien. Stronach, die Neos, natürlich die ÖVP und sie mischen da auch mit. Was unterscheidet sie von den anderen?
Bucher: Die ÖVP hat dieses Wählerklientel enttäuscht, weil sie seit vielen Jahren Dinge verspricht, die sie dann nicht halten. Was Stronach von sich gibt, hat er ohnehin nur von mir kopiert. Deshalb ist es notwendig jetzt das BZÖ zu wählen, das eine auf den modernen Mittelstand zugeschnittene Politik macht.

NEWS.AT: Jahrelang sind sie mit dem Slogan und dem Button „Genug gezahlt“ durch die Lande gezogen. Warum ist der im Wahlkampf verschwunden?
Bucher: Diese Marke ist toll eingeführte Marke und deshalb muss ich das nicht ständig vor mir hertragen. Denn jeder behauptet von mir, dass mein Vorname „Genug“ und mein Nachname „gezahlt“ ist.

NEWS.AT: Was sind ihre wichtigsten Forderungen in diesem Wahlkampf
Bucher: Runter mit den Steuern und somit mehr Geld zum Leben. Außerdem brauchen wir ein besseres Bildungssystem das nicht unbedingt teurer sein muss. Aber wir müssend en Bildungsbereich entpolitisieren und sicherstellen dass Lehrerberufe nach Qualifikation vergeben werden. Als dritten Punkt muss sich die Familienpolitik ändern. Patchwork-Familien sind inzwischen weit verbreitet. Vor Dohnal waren die Frauen die Armen, nach Dohnal sind die Väter pleite. Das ist die Familienpolitik von Rot und Schwarz. Ich will aber mehr Gerechtigkeit auch für geschieden Väter.

»Gegen eine Sterbesteuer«

NEWS.AT: Ist das BZÖ eine Partei der Besserverdiener?
Bucher: Das ist Unsinn. Wir sind eine Mittelstandspartei und mit unserem Steuerkonzept ist klar, dass wir vor allem die kleinen und mittleren Einkommen entlasten, während der Bankdirektor mehr zahlen muss. Mittels einem Steuersystem das sich jeder nach Absolvierung der neunten Schulstufe selbst ausrechnen kann. Das ist der Weg der Zukunft.

NEWS.AT: Ist es nicht weltweit Teil der liberalen Bewegung, zu fordern, dass man aus eigener Kraft zu Reichtum und Wohlstand kommen können soll und dass es deshalb auch legitim ist, ererbtes Vermögen zu besteuern, weil keine Eigenleistung dahinter steht?
Bucher: Ich bin sehr dafür, dass wir die Selbstbestimmung jedes Einzelnen zu erweitern. Wenn wir über eine gerechte Steuer nachdenken, dann muss man in erster Linie um Steuersenkung gehen. Ich bin aber gegen eine Sterbesteuer weil es sich ja schon um versteuertes Einkommen handelt. Ich bin aber auch gesprächsbereit, aber in allererster Linie geht es mir die Steuern insgesamt zu senken. Ein gerechtes Steuersystem zu finanzieren und diese Entlastung über Verwaltungsabbau zu finanzieren. Dann kann man immer noch über einzelne Maßnahmen nachdenken, aber nicht über eine Steuererhöhung.

NEWS.AT: Was bringt ihr Steuerkonzept jenen 40 Prozent der Einkommensbezieher, die nicht Einkommenssteuerpflichtig sind, weil sie zu wenig verdienen?
Bucher: Die bekommen wesentlich mehr, weil sie weniger Sozialversicherung bezahlen müssen. Außerdem gibt es für Familien mit Kindern einen Freibetrag von 9.000 Euro. Das hilft nicht nur den kleinen Einkommensbeziehern, sondern auch dem Konsum. Gerade bei kleinen Einkommen fließt alles in den Konsum.

»Überzeugt davon, dass die Währungszone sich verändern wird«

NEWS.AT: Sie wollen auch über Privatisierungen nachdenken. Wie wollen Sie verhindern, dass einzelne sich bereichern?
Bucher: Bei großen Privatisierungen sollte der Rechnungshof sofort begleitend die Kontrolle übernehmen und nicht nur hinterher. Damit kein Politiker die Möglichkeit hat, das auch nur irgendwie zu beeinflussen. Aber ich rede nicht von einer gänzlichen Privatisierung, sondern von Teilprivatisierungen. Damit eine Annäherung an marktwirtschaftliche Verhältnisse passiert.

NEWS.AT: Warum sollte man ihnen zutrauen, dass sie ihre Mitstreiter sorgfältiger auswählen als das Jörg Haider getan hat. Etliche der damals aktiven BZÖ-Politiker stehen vor Gericht oder es laufen Ermittlungsverfahren. Können Sie ausschließen, dass das wieder passiert?
Bucher: Generell kann man nie in einen Menschen hineinschauen. Ich kann nur im besten Wissen und Glauben an die Personen die jetzt mit mir den politischen Weg gehen, agieren. Ich lege größten Weg auf politische Sauberkeit und Seriosität. Der neue Stil, den wir jetzt im BZÖ-Neu haben, ist mit nichts aus der Vergangenheit vergleichbar ist.

NEWS.AT: Sollten sie an einer Regierung beteiligt werden, ist der Euro-Austritt Koalitionsbedingung?
Bucher: Das muss nicht der Euroaustritt sein. Ich bin überzeugt davon, dass diese Währungszone sich verändern wird. Wir teilen die Meinung des deutschen Wirtschaftsweisen und Merkelberaters Hans Werner Sinn, dass es eine Zweiteilung geben soll. Mit einem Nord- und Südeuro. Weil nur so die Europäische Union aufrechterhalten werden kann. Nach den Wahlen in Deutschland wird es sicher zu einer Richtungsänderung in diese Richtung kommen wird. Dann müssen Rot, Schwarz und Grün umdenken und wir werden uns bestätigt sehen in unseren Forderungen

»Gratis-WLan für alle«

NEWS.AT: Ein anderes Thema: Vor kurzem hat die Schule wieder begonnen. Wenn man an die Generation der Kinder denkt, die jetzt zum ersten Mal in die Schule gekommen ist. Was kann ihre Partei dieser Generation anbieten?
Bucher: Wir müssen die Qualität im Bildungssystem heben. Die Schule muss entpolitisiert werden und die Qualität der Wissensvermittlung gehoben werden. Damit die Lehrer in der Wissensvermittlung Fortschritte machen und nicht am Ende der neunten Schulstufe 20 Prozent der Kinder nicht sinnerfassend lesen können. Es darf kein Schüler die Schule verlassen, ohne die wesentlichen Kulturtechniken zu beherrschen. Wenn jemand ein Grundrecht auf Bildung hat, dann darf ihn das nichts kosten. Die Österreicher geben Unsummen für Nachhilfe aus. Darüber hinaus habe ich die Idee den theoretischen Teil der Führerscheinprüfung an der Schule anzubieten um Kosten für Eltern zu sparen. In einem fortschrittlichen wettbewerbsfähigen Land wie Österreich sollte außerdem Gratis-WLan mit einem Gigabyte an freiem Internet pro Person, gratis zur Verfügung stehen.

NEWS.AT: Welches Ergebnis brauchen sie, um zumindest einen Teil ihrer Forderungen auch tatsächlich umsetzen zu können?
Bucher: Fünf Prozent oder mehr würden uns ehr weit nach vorne bringen. Das würde die Situation „Zünglein an der Waage“ auslösen. Mit der SPÖ gibt es Übereinstimmungen im Bildungsbereich und bei den gesellschaftlichen Themenauf der anderen Seite sind wir der ÖVP was Teilprivatisierungen, eine Verwaltungs- und Steuerreform angeht näher. Mit uns gemeinsam könnte man da vielleicht etwas weiterbringen. Wir wären zwar klein, aber würden große Schritte nach vorne machen.

»Die Neos haben sehr viel von uns übernommen«

NEWS.AT: Sie selbst definieren sich als bürgerlich-liberal. Was ist mit urbanen Liberalen, können Sie auch diesen Leuten - die zwischen Neos, Grünen und vielleicht auch ÖVP wechseln- etwas anbieten?
Bucher: Wir machen eine sehr moderne Politik. Die Neos haben sehr viel von uns übernommen. Ich bekämpfe sie deshalb auch nicht. Aber sie werden es nicht schaffen, weil es in Österreich leider äußerst schwierig ist eine Partei zu gründen. Deshalb mache ich allen bürgerlich liberalen Wählern das Angebot das BZÖ zu wählen. Nach der Wahl ist ein engeres Zusammenrücken durchaus vorstellbar, um etwas noch Größeres zu schaffen.

NEWS.AT: Stronach will ja neben seiner politischen Karriere aktuell auch eine weltweite Steakhouse-Kette aufziehen. Wenn der Einzug nicht klappt, könnten Sie sich daran vielleicht beteiligen.
Bucher: (Lacht) Frank Stronach hat bislang ausschließlich in der Autoindustrie Erfolg gehabt, alle anderen haben sich als nicht erfolgreich herausgestellt. Bei Steaks ist er im wahrsten Sinn des Wortes ein blutiger Anfänger. Wir werden als BZÖ erfolgreich sein, darauf können sie vertrauen.

Kommentare

Was kommt dabei raus wenn man eine 4% Partei kopiert und mit irren Werbemitteln bewirbt?

Bestenfalls eine 8% Partei

melden

Ich kann dem Gesagten inhaltlich voll zustimmen. Das BZÖ ist die einzige Partei rechts der Mitte die seriöse Positionen vertritt. Die aktuellsten Umfragen belegen außerdem ein starken Aufwärtstrend. Bin mir sicher das BZÖ schafft den Einzug in den Nationalrat.

melden

Bestimmt kommt das BZÖ NICHT in den Nationalrat Auf Wiedersehen in 5 Jahren?

SchorschUnchained melden

Bestimmt also... aha... Da wird sich dann einer wundern wenn das BZÖ sogar 5% schafft! Und das wird auch passieren ;)

Robert Cvrkal
Robert Cvrkal melden

Das Drüberfahren über die Interessen der Bevölkerung muss ein Ende haben und Transparenz um Korruption und Steuergeldverschwendung einzudämmen muss zur Realität werden. Damit diese Anliegen nicht ein ähnliches Schicksal wie die uns seit Jahrzehnten verfolgende Verwaltungsreform erleiden habe ich das Angebot der Liste 4 als (parteiunabhängiger) Kandidat Nr. 100 angenommen.

melden

Jetzt schlägt das Fass den Boden aus. LISTE4 = CHAOS

Seite 2 von 2