Klimaschutz sorgt für "solche Kabel"

Debatte um Klima sorgt für Unmut - Kogler ortet "kolossales Versagen" bisheriger Regierungen

Der Klimaschutz war heute Hautthema im Nationalrat. Umweltministerin Maria Patek verteidigte, was "trotz eingeschränkter Handlungsfreiheit" hier zuletzt an Einzelmaßnahmen beschlossen wurde. Die Fraktionen sahen das anders und richteten einen Nachbesserungsappell an die Bundesregierung. Die Grünen hofften auf ein gemeinsames Vorgehen aller, die NEOS hatten "solche Kabel". Beschlossen wurden Mautausnahmen für fünf Autobahnabschnitte.

von
Nationalrat - Klimaschutz sorgt für "solche Kabel"

Patek sprach von "einer der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit" und verteidigte den Entwurf zum Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP). Den Parlamentariern war das nicht genug. Sie forderten die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag auf, "den unionsrechtlichen Verpflichtungen im Klimaschutz vollumfänglich nachzukommen" und den NEKP entsprechend zu überarbeiten, "damit Österreich seine Klimaziele mit den darin beschriebenen nationalen Maßnahmen nachvollziehbar erfüllen kann". Dazu, so der von den Grünen eingebrachte Antrag, sollten Emissionen noch vor Mitte des Jahrhunderts über die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens hinaus auf Netto-Null reduziert werden.

Köstinger unbeeindruckt von Vorwürfen

Die Debatte war von Bekenntnissen zum Klimaschutz geprägt, wobei NEOS und auch die Grünen den langjährigen Regierungsparteien ÖVP und SPÖ Versäumnisse in den vergangenen Jahrzehnten vorhielten. ÖVP-Mandatarin und Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger zeigte sich davon unbeeindruckt und sprach von der "größten Aufgabe und Herausforderung unserer Zeit", die noch nie so hoch auf der Agenda gestanden sei, wie gerade jetzt.

Rendi-Wagner schoss sich weiter auf Grüne ein

SPÖ-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner forderte rasches Handeln und schoss sich wie schon zuletzt erneut auf die Grünen ein. "Vertagungen retten kein Klima", warf sie diesen aus Rücksicht auf die ÖVP mangelnde Unterstützung für rote Anträge vor. Es stimme zwar, dass das Geld nicht auf den Bäumen wachse, wie Grünen-Klubchef Werner Kogler zuletzt argumentiert hatte: "Aber wenn wir nicht investieren, wird es bald keine Bäume mehr geben." Bei den Abstimmungen blieb die SPÖ letztlich sowohl mit ihrer Entschließung für eine Klimaschutzmilliarde als auch mit jener zu Klimaticket und flächendeckender LKW-Bemautung ohne weitere Unterstützer.

Kogler ortete "kolossales Versagen" bisheriger Regierungen

Der von der SPÖ kritisierte Kogler drehte den Spieß um und ortete "ein kollektives und kolossales Versagen mehrerer Vorgängerregierungen". Es gelte in den Regierungsverhandlungen, genauso aber auch im Parlament, nicht Einzelmaßnahmen zu treffen, sondern ein Gesamtpaket zu schnüren. Kogler appellierte für ein gemeinsames Vorgehen: "Unsere Hand ist ausgestreckt an alle Fraktionen, wenn es um die Bewältigung der Klimakrise geht."

NEOS bekommen "solche Kabel"

Erbost zeigte sich NEOS-Mandatar Michael Bernhard. Wenn die ÖVP in dieser Frage mit dem Hausverstand argumentiere und die Naturwissenschaft nicht berücksichtige, "da krieg ich wirklich solche Kabel". Auch die SPÖ entdecke erst jetzt den Klimawandel für sich, und von der FPÖ werde man in dieser Frage ohnehin nur ausgelacht.

FPÖ gegen "neue Belastungen für die Menschen"

Tatsächlich sprachen sich die Freiheitlichen gegen "neue Belastungen für die Menschen" und damit auch gegen eine CO2-Abgabe aus, wie deren Abgeordneter Walter Rauch betonte. Ihre im Budgetausschuss noch getätigte Unterstützung für den grünen Klimaschutzantrag zog die FPÖ zurück, weil ihr die angepeilte Emissionsreduktion auf Netto-Null zu weit ging. Für diesen blauen Zugang konnte sich nur eine einzige weitere Abgeordnete erwärmen, nämlich die fraktionslose Philippa Strache.

Trotz Handicaps ließ es sich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nicht nehmen, die Sitzung zu leiten. Der Parlamentschef ist nach einer Operation an beiden Knien aktuell mit Krücken unterwegs.

Mautausnahmen kommen

Beschlossen hat der Nationalrat auch Mautausnahmen für fünf Autobahnabschnitte. Damit sollen Regionen, die besonders von Ausweichverkehr betroffen sind, entlastet werden. Konkret geht es um Abschnitte der Inntalautobahn A12 (Kufstein Süd), der Westautobahn A1 (Salzburg Nord), der Rheintal/Walgau-Autobahn A14 (Anschlussstelle Hohenems), der Linzer Autobahn A26 und der Mühlkreisautobahn A7 (noch zu bauende Bypassbrücke zwischen Ausfahrt Hafenstraße und Urfahr). Bis Februar 2021 sollen die Auswirkungen evaluiert werden.

Darauf nahm auch der Grünen-Mandatar Hermann Weratschnig Bezug. Bis 2021 sei nun Zeit, Alternativen auszuarbeiten. Denn für ihn ist die Vignette ohnehin kein Instrument einer sinnvollen Steuerung des Verkehrs. Seine Klubkollegin Nina Tomaselli sah den heutigen Tag schon als leisen Abschied von der Vignette. Dass die Ausnahmen durchgewunken werden, begründete Weratschnig damit, dass die Bürger rasch entlastet werden müssten.

NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter schlug in die selbe Kerbe. Die Argumente des Verkehrsministers, der schon seit Monaten vor den drohenden Einnahmen-Ausfällen warnt, hätten Gewicht. Jedoch habe die Belastung der Bevölkerung ein Ausmaß erreicht, wo eine sofortige Maßnahme notwendig sei.

Seitens der Freiheitlichen machte Verkehrssprecher Christian Hafenecker (ebenso wie SP-Finanzsprecher Jan Krainer) darauf aufmerksam, dass durch die Befreiungen 30 bis 35 Millionen im Jahr verloren gingen, die dann etwa für Lärmschutzmaßnahmen und Tunnelbau fehlen würden. Auch werde kein Österreicher entlastet, vielmehr handle es sich um einen Kniefall vor Touristen. In letzter Konsequenz stimmte die FPÖ dennoch zu.

Die SPÖ tat dies (ebenso wie Philippa Strache) nicht. Verkehrssprecher Alois Stöger war der Meinung, dass die Länder ohnehin selbst tätig werden könnten. Die Landesregierungen seien aufgefordert, entsprechende Verkehrsverbote zu erlassen und mit geeigneten Mitteln zu kontrollieren. Der heutige Beschluss sei das Gegenteil von dem, was man gerade in der Klimadebatte besprochen habe. Zugestimmt hätte die SPÖ nur, wenn die Maßnahme befristet worden wäre.

Für die ÖVP handelt es sich dagegen um eine ganz wichtige Maßnahme, wie der Abgeordnete Peter Haubner betonte. Damit werde ein Kapitel geschlossen, das eine 22-jährige Geschichte habe.