Indexierung der
Familienbhilfe beschlossen

EU-Kommission droht Österreich mit Verfahren

Der Nationalrat hat am Mittwochabend mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ die Indexierung der Familienbeihilfe beschlossen. Damit wird die Leistung künftig den Lebenserhaltungskosten in jenem Land angepasst, in dem das Kind eines in Österreich Beschäftigten lebt.

von Nationalrat - Indexierung der
Familienbhilfe beschlossen © Bild: Shutterstock

Die EU-Kommission hat im Vorfeld angekündigt, die österreichische Regelung auf Europarechtskonformität zu prüfen. Der Präsident des EuGH hat schon entsprechende Skepsis geäußert. Die Regierung wiederum beruft sich auf ein Gutachten des Arbeitsrechtlers Wolfgang Mazal.

EU-Kommission droht Österreich mit Verfahren

Die Europäische Kommission hat Österreich nach dem Beschluss zur Indexierung der Familienbeihilfe mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht. "Sobald das Gesetz endgültig verabschiedet und bekanntgemacht ist, würde die Kommission nicht zögern, von ihren Möglichkeiten als Hüterin der Verträge Gebrauch zu machen", erklärte EU-Kommissionssprecher Christian Wigand am Mittwoch auf APA-Anfrage.

Die grundsätzliche Position der EU-Kommission sei bekannt, betonte der Sprecher in Brüssel. "Eine Indexierung ist nach dem EU-Recht nicht erlaubt, das hat auch der EuGH bestätigt. Es ist eine Frage der Fairness: wenn Arbeitnehmer ihre Beiträge in das nationale Wohlfahrtssystem einzahlen, können sie auch dieselben Beihilfen erwarten", betonte der EU-Kommissionssprecher.

Die EU-Behörde nehme zur Kenntnis, dass der österreichische Nationalrat eine gesetzliche Regelung zur Indexierung der Familienbeihilfe verabschiedet habe. Die EU-Kommission werde das Gesetz genau auf seine Vereinbarkeit mit EU-Recht hin überprüfen.

EU-Abgeordnete üben scharfe Kritik

Die Europaabgeordneten der Oppositionsparteien SPÖ, NEOS und Grüne haben in einem Protestbrief an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) die vom Nationalrat beschlossene Indexierung der Familienbeihilfe scharf kritisiert. In einer eigenen Stellungnahme beanstandete auch der ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas das Gesetz.

"Die vom Nationalrat beschlossene Regelung wird beim Europäischen Gerichtshof landen, weil eine Indexierung von Familienleistungen nach dem Wohnort innerhalb der EU rechtswidrig ist. Das hat die zuständige EU-Kommissarin Thyssen mehrmals mit Blick auf die österreichischen Pläne festgehalten", erinnerte Karas. Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dazu sei seit Jahrzehnten eindeutig. "Seit dem 18. Juni 2015 weise ich auf diese Rechtslage hin und werbe dafür, dass nicht nur Österreich das europäische Recht und die europäischen Werte uneingeschränkt respektiert und verteidigt."

Für die Europaabgeordneten Angelika Mlinar (NEOS), Evelyn Regner (SPÖ) und Monika Vana (Grüne) ist die heutige Abstimmung zur Indexierung der Familienbeihilfe "eine schwarze Stunde für die Republik Österreich". Eine zentrale Säule des Binnenmarktes, die Personenfreizügigkeit, werde "bewusst konterkariert - ungeachtet dessen, dass es sich um einen Verstoß gegen das EU-Recht handelt, der bereits auch von der EU-Kommission eingemahnt wurde". Der Entscheid reihe sich ein "in viele weitere, europafeindliche und nationalistische Maßnahmen" der türkis-blauen Bundesregierung. Verwiesen wird etwa auf die Verlängerung der Grenzkontrollen zu Slowenien.

"Mit der Kürzung der Familienbeihilfe tragen Sie eine Scheindebatte auf dem Rücken der Ärmsten der Gesellschaft aus", kritisierten Mlinar, Regner und Vana. "Vor dem Hintergrund des organisierten Steuerbetrugs, der uns Milliarden an Steuergeldern in ganz Europa raubt, sollte Ihnen der eigentliche Handlungsbedarf klar sein." Anstatt EU-Bürger zu diskriminieren "und Kinder gegeneinander auszuspielen, erwarten wir uns von Ihnen ein Erarbeiten von echten Lösungen". Dies alles geschehe während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, die sich laut Regierungsübereinkommen einem pro-europäischen Kurs verschrieben habe.

Kommentare