Nationalrat hat sich konstituiert

Philippa Strache schaffte es, unauffällig in den Plenarsaal zu gelangen

Mit der Angelobung der 183 Abgeordneten hat sich am Mittwoch der neu gewählte Nationalrat konstituiert. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wünschte den Abgeordneten den besten Erfolg. Zu Sitzungsbeginn wurden Bundes- und Europahymne vorgetragen. Die Zuschauertribünen des Parlamentsausweichquartiers waren - mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen an der Spitze - dicht gefüllt.

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"Sie werden geloben: Unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten", lautete die von der ÖVP-Abgeordneten Michaela Steinacker als Schriftführerin verlesene Formel. Die Abgeordneten antworteten einzeln mit den Worten "Ich gelobe". Einige ÖVP-Mandatare sowie FPÖ-Chef Norbert Hofer fügten "so wahr mir Gott helfe" hinzu, bei den Grünen wurde das Gelöbnis auch mehrsprachig abgelegt.

Vor der Angelobung waren mehrere Klubs geschlossen über den Josefsplatz in das Ausweichquartier des Parlaments in der Wiener Hofburg eingezogen. Einen türkisen Button mit der Aufschrift "Für Österreich" trugen dabei die ÖVP-Mandataren, Gernot Blümel war zudem mit türkisen Socken ausgestattet. Den SPÖ-Abgeordneten war ein weiteres Mal die traditionelle rote Nelke angeheftet, die NEOS trugen drei pinke Bleistifte, die Grünen Töpfe mit diversen Kräutern.

Unauffälliger Auftritt Philippas

Weder die umstrittene Kornblume noch das beim letzten Mal verwendete Edelweiß, sondern Schleifen in Rot-Weiß-Rot trugen die Freiheitlichen, die dieses Mal auch auf einen spektakulären Einzug verzichteten. Ohnehin warteten Medienvertreter vor der Hofburg auf die "wilde" Abgeordnete Philippa Strache, die es schaffte, unauffällig und ganz in schwarz gekleidet in den Plenarsaal zu gelangen.

Eine Rede hatte es von der Ehefrau des ehemaligen FPÖ-Obmanns Heinz-Christian Strache nicht gegeben. Zudem verließ sie die konstituierende Sitzung schon am frühen Nachmittag. Unklar war zu dem Zeitpunkt, ob sie wieder zur Sitzung zurückkehren wollte. Mit Medienvertretern sprach Strache ebenfalls nicht. Immerhin ließ sie sich bei der konstituierenden Sitzung angeloben und ist nunmehr "wilde" Abgeordnete im Nationalrat. Sie dürfte laut APA-Informationen in das ehemalige Büro von Martha Bißmann in der Löwelstraße einziehen, die nach dem unfreiwilligen Verlassen der Liste JETZT ebenfalls ohne Mandat im Hohen Haus saß.

Bierlein, Justizminister Clemens Jabloner sowie Außenminister Alexander Schallenberg.

Die Zuschauer- und Journalistentribünen waren dicht gefüllt. Neben Van der Bellen waren auch sein Vorgänger Heinz Fischer sowie Andreas Khol (ÖVP) als frühere Nationalratspräsidenten anwesend. Auf der Regierungsbank saßen Bundeskanzlerin Brigitte

Sobotka erneut zum Präsidenten gewählt

Mit 87,7 Prozent Zustimmung (143 von 163 gültigen Abgeordnetenstimmen) ist Wolfgang Sobotka (ÖVP) erneut zum Präsidenten des Nationalrats gewählt worden. Er erzielte damit das beste Ergebnis seit Heinz Fischer (SPÖ), der 1999 88,6 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte. Sobotka kam bei seiner ersten Wahl 2017 auf nur 61,3 Prozent.

In seiner Antrittsrede versprach Sobotka, sich für einen starken Parlamentarismus einsetzen zu wollen. Er bedankte sich für das große Vertrauen, stellte einen Einsatz über die Parteigrenzen hinaus in Aussicht und präsentierte sich als Schützer von Werten und Haltungen wie Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Eigenverantwortlichkeit und Solidarität, aber auch Nachhaltigkeit und Sicherheit.

Der Nationalratspräsident plädierte auch dafür, einander mit grundlegendem menschlichen Respekt zu begegnen und bei den entscheidenden Fragen des Landes das Gemeinsame über das Trennende zu stellen. Man befinde sich an einem Ort des Respekts: "Unser Parlament ist nicht Twitter und ist nicht Facebook."

Doris Bures bleibt Zweite Präsidentin

Doris Bures (SPÖ) bleibt Zweite Nationalratspräsidentin. Bei der konstituierenden Sitzung des Nationalrats erhielt sie 83 Prozent der Stimmen. Von 171 gültigen Stimmen entfielen 142 auf sie.

Bures übt das Amt der Zweiten Präsidentin seit November 2017 aus. Davor war die frühere Ministerin und SPÖ-Bundesgeschäftsführerin ab September 2014 Präsidentin. Bei beiden Wahlen erhielt sie schwächere Ergebnisse als heute. Bei der Kür zur Präsidentin stimmten 78 Prozent für sie, bei jener zur Zweiten Präsidentin 66 Prozent.

Neben Bures erhielten auch Pamela Rendi-Wagner (elf) und Max Lercher (neun) gültige Stimmen, was wohl eher als Provokation anderer Parteien angesichts der internen Konflikte in der SPÖ zu werten ist.

Hofer mit 74 Prozent Dritter Präsident

FPÖ-Chef Norbert Hofer ist am Mittwoch zum Dritten Nationalratspräsidenten gewählt worden. Er schaffte 74,1 Prozent (123 von 166 gültigen Stimmen) und setzte sich damit klar gegen die Grüne Eva Blimlinger durch. Hofer hatte das Amt bereits von 2013 bis 2017 inne, damals wurde er mit 80,3 Prozent Stimmanteil gewählt.

Blimlinger konnte 34 Abgeordnetenstimmen (20,5 Prozent) auf sich vereinen, um acht mehr als die 26 der Abgeordneten der grünen Fraktion. Neun weitere Stimmen entfielen auf andere Abgeordnete

Kurz würdigt Sobotka

VP-Klubchef Sebastian Kurz würdigte vor allem seinen Kandidaten Sobotka. Dieser sei nicht nur ein besonders leidenschaftlicher und erfahrener Politiker sondern auch ein "Staatsmann", der durch seine Arbeit als Nationalratspräsident überzeugt habe. SP-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner bewarb Bures, die wie keine andere für eine Politik des Miteinander stehe.

Rote, Blaue und Pinke pochten in der Debatte darauf, dass das Parlament auch während der Zeit der Regierungsbildung gesetzgeberisch tätig bleiben müsse. FP-Klubchef Herbert Kickl meinte, der Nationalrat könne gerade jetzt beweisen, wie aktiv und verantwortungsvoll er sei. Für Meinl-Reisinger muss ein selbstbewusstes Parlament nicht warten, bis eine Regierung steht.

Was welche Partei durchbringen will

Freilich haben alle Fraktionen andere Vorstellungen, was man beschließen sollte. Die Freiheitlichen würden etwa gerne die Aberkennung der Staatsbürgerschaft für IS-Kämpfer durchbringen, die NEOS das Amtsgeheimnis abschaffen, die Grünen dem Klimaschutz mehr Gewicht geben, die ÖVP diverse Mautausnahmen etablieren und die SPÖ ein Paket gegen Kinderarmut schnüren.

Viel beschworen wurde, dass nach dem hitzigen Wahlkampf der Umgang miteinander im Hohen Haus besser werden müsse. Ändere sich das nicht, stelle es eine Gefahr für die Demokratie dar, befand Kurz. Die Verrohung des politischen Diskurses müsse daher gestoppt werden.

Von einem Neuanfang sprach auch Rendi-Wagner. Positionen sollten mit Leidenschaft und Nachdruck vertreten werde, aber man müsse auch eine andere Meinung gelten lassen und dabei respektvoll im Ton ohne Untergriffe miteinander umgehen. Kickl drückte seine Hoffnung aus, dass diese Vorsätze eine möglichst lange Haltbarkeit haben.