NATASCHA KAMPUSCH NEWS EXKLUSIV: Das 1. Bild - Erste Auszüge aus dem Interview!

"Ich dachte nur an Flucht - Es war zum Verzweifeln" 18-Jährige: Verhältnis zu ihren Eltern "sehr gut"

NATASCHA KAMPUSCH NEWS EXKLUSIV: Das 1. Bild - Erste Auszüge aus dem Interview!

Weiters sagte Natascha Kampusch gegenüber Reporter Alfred Worm: "Ich hatte immer den Gedanken: Ich bin sicher nicht auf die Welt gekommen, dass ich mich einsperren und mein Leben vollkommen ruinieren lasse. Ich bin verzweifelt an dieser Ungerechtigkeit. Ich habe mich immer gefühlt wie ein armes Hendel in einer Legebatterie. Sie haben sicher im Fernsehen und den Medien mein Verlies gesehen. Also wissen Sie, wie klein es war. Es war zum Verzweifeln."

Mit Erscheinen des Interviews in "News" hat das Warten auf das erste Interview mit Natascha Kampusch ein Ende. Zuvor war tagelang darüber spekuliert worden, wer das erste Gespräch mit ihr bringen wird.

Jahrelang von Flucht geträumt
Natascha Kampusch hat jahrelang von einer Flucht aus jenem Verlies in Strasshof, in dem sie von Wolfgang Priklopil gefangen gehalten wurde, geträumt. Gegenüber "News" sagte sie in dem mit Spannung erwarteten Interview: "Ich habe immer wieder getüftelt an dem Punkt, zu dem die Zeit reif ist. Ich konnte aber nichts riskieren, am wenigsten einen Fluchtversuch."

"Er litt sehr stark unter Paranoia"
"Er (Priklopil, Anm.) litt sehr stark unter Paranoia und war chronisch misstrauisch", so Kampusch im "News"-Gespräch. "Ein Fehlversuch hätte die Gefahr bedeutet, nie mehr wieder aus meinem Verlies herauszukommen. Ich musste mir sukzessive sein Vertrauen sichern."

Wortschatz wie eine Akademikerin
Sie spreche teilweise druckreif, ihr Wortschatz sei der einer hoch gebildeten Akademikerin, beschreibt Alfred Worm, Herausgeber von "News", Eindrücke von seinem Interview mit Natascha Kampusch. Die 18-Jährige sei "vom unbeugsamen Willen geprägt, das Beste aus ihrem bisher so dramatisch verlaufenen Leben zu machen". Die Wienerin war am 2. März 1998 auf dem Schulweg gekidnappt und von ihrem Entführer Wolfgang Priklopil achteinhalb Jahre gefangen gehalten worden.

Kampusch berichtet von Herzproblemen
Das Gespräch fand laut "News" im Wiener AKH statt. Dort werde Natascha Kampusch, die in den Jahren ihrer Gefangenschaft keine ärztliche Betreuung hatte, systematisch untersucht. Kardiologen klären auch von ihr im Interview angedeutete Herzprobleme ab. Sie habe eines Tages - vor ihrer Flucht - "Herzrasen, Herzflattern, Rhythmusstörungen", gehabt - "im Sinne, dass es auf einmal stoppt und dann weiterpumpert. Mir ist schwindlig geworden; ich hab nichts mehr gesehen zum Beispiel, da war alles verschwommen. Das lag wahrscheinlich auch am Nahrungsmangel die ganze Zeit".

"Ich lebe jetzt ziemlich normal"
Abgesehen davon, "dass ich mich sofort verkühlt und ich mir einen Schnupfen eingefangen habe, lebe ich jetzt ziemlich normal", sagte Natascha Kampusch auf die Frage nach ihren Gefühlen in der neuen Freiheit. "Ich habe mich sehr schnell wieder ins soziale Leben gefunden. Erstaunlich, wie rasch das ging. Ich wohne und lebe jetzt mit anderen Menschen zusammen - und habe damit keine Schwierigkeiten".

"Ich war jeden Tag oben und hab irgendetwas mit ihm gemacht"
Über die Vergangenheit sagte die 18-Jährige u.a., sie habe ihren Raum, ein Verlies unter der Garage des Einfamilienhauses von Wolfgang Priklopil in Strasshof a.d. Nordbahn (Bezirk Gänserndorf), verlassen dürfen: "Doch, ich war jeden Tag oben und hab mit ihm irgendetwas gemacht. Irgendwelche ganz alltägliche Kleinigkeiten halt. Aber sofort danach bin ich wieder hinteruntergeschickt worden. Zum Schlafen. Zum Leben. Wenn er weg musste untertags." Besonders schlimm sei es gewesen, wenn Besuch oder "seine Mutter übers Wochenende gekommen ist".

"Ich hatte die Wahl, allein oder in seiner Gesellschaft zu sein", sagte Natascha Kampusch. "Und diese Alternativen sind wohl nicht sehr berauschend." Details wolle sie zu diesem Thema nicht mit der Öffentlichkeit teilen. "Sie sollten mit mir hier nicht so sehr über Herrn Priklopil reden, weil er sich hier ja nicht mehr verteidigen kann... Über einen Toten zu schimpfen finde ich vor allem wegen seiner Mutter nicht sehr schön."

"Manchmal habe ich davon geträumt, ihm den Kopf abzuhacken"
"Ich hatte auch schlimme Gedanken", berichtete die junge Frau weiter. "Manchmal habe ich davon geträumt, ihm den Kopf abzuhacken, hätte ich eine Axt besessen."

Über mögliche Komplizen des Entführers sagte die 18-Jährige: "Das weiß man noch nicht sicher, aber ich glaube, es gab keine."

Flucht war nicht konkret geplant
Ihre Flucht sei nicht konkret geplant gewesen. Wörtlich heißt es: "Nein, die war ganz spontan. Ich bin dort hinten beim Gartentor rausgerannt, und mir ist schwindelig geworden. Ich fühlte jetzt erstmals, wie schwach ich wirklich war. Trotzdem hat es gepasst. Alles in allem ist es mir am Tag der Flucht gut gegangen. Seelisch, körperlich - und keine Herzprobleme."

Dramatische Details der Flucht
Weiters erzählte die 18-Jährige im Gespräch mit Worm über jene dramatischen Stunden am 23. August: "Ich bin gerannt, wie ich ihn beim Telefonieren gesehen habe. Ich bin panikartig in die Schrebergartensiedlung gerannt und habe Leute angeredet. Vergebens, denn die hatten kein Handy dabei. Die sind einfach nur schulterzuckend weitergegangen. Also bin ich in verschiedene Schrebergärten einfach über den Zaun gesprungen - panisch wie in einem Actionfilm. Sie müssen sich das so vorstellen: keuch, keuch, keuch und dann habe ich ein Fenster offen gesehen, wo jemand in der Küche hantiert und habe diese Frau angesprochen und gesagt, sie soll die Polizei rufen."

Priklopils Selbstmord "eine Verschwendung"
Der Selbstmord ihres Entführers Wolfgang Priklopil sei für sie "einfach eine Verschwendung. Niemand soll sich umbringen. Er hätte mir noch so viele Informationen geben können und vor allem auch den Polizeibeamten". Prinzipiell wolle sie aber nicht länger über "Herrn Priklopil" reden, betonte Natascha Kampusch.

Ihr sei "das soziale Leben abgegangen. Ich hatte das Bedürfnis nach Menschen, nach Tieren", erzählte die 18-Jährige. Sie habe aber ihre "Zeit zu nutzen gewusst. Mit Lesen und Arbeit. Ich habe ihm geholfen, sein Haus zu bauen". Das Verlies habe sie als Gefängnis empfunden.

Verhältnis zu Eltern "sehr gut"
Ihr Verhältnis zu ihren Eltern sei "sehr gut", betonte Natascha Kampusch. "Ja, ich liebe meine Eltern. Irgendwer hat das Gerücht aufkommen lassen, dass es einen Streit gibt. Den gibt es nicht." Für ihre Familie "war die Situation um vieles schlimmer als für mich. Sie glaubte, ich wäre tot". Während ihrer Gefangenschaft erfuhr Natascha auch von der Suche "mit dem Bagger in Schotterteichen" nach ihr. "Und ich war verzweifelt, als ich das Gefühl hatte, dass ich, als Lebende, bereits abgeschrieben bin".

Große Zukunftspläne
Zu ihren Zukunftsplänen sagte die 18-Jährige, sie wolle die Matura nachholen, vielleicht studieren. Die berufliche Richtung hat sie noch nicht festgelegt: "Da bin ich noch völlig offen. Von der Psychologie über den Journalismus bis hin zu Jus könnte ich mir alles vorstellen. Ich wollte auch immer Schauspielerin werden, weil ich mich immer für Kunst interessiert habe." Buchautorin sei auch vorstellbar. "Aber ich weiß es noch nicht sicher, ob ich je ein Buch darüber schreiben werde."

Entführer verweigerte ärztliche Hilfe
Natascha Kampusch berichtete in ihrem Interview mit "News" auch über Herz-Kreislauf-Probleme. Ärztliche Hilfe bekam das heute 18-jährige Entführungsopfer während seiner Gefangenschaft in Strasshof nie. "Ich habe sie nicht behandelt bekommen, er (Wolfgang Priklopil, Anm.) hat mich weiter geärgert und sekkiert, und er hat mich weiter Erdkübel schleppen lassen."

Priklopil ein "Verbrecher"
Kampusch bezeichnete in dem Gespräch den Entführer Wolfgang Priklopil als "Verbrecher". Auf die Frage Worms, ob sie in den vergangenen Jahren nie krank war, sagte die junge Frau: "Doch - aber ich musste in dieser Zeit keine Interviews geben (lacht). Das war also gar nicht so schlimm. Ich war ja einen großen Teil meines Lebens nicht mit Menschen zusammen, die mich hätten anstecken können." Natascha Kampusch hatte während des Interviews einen Schnupfen.

"Ich hatte Hoffnung und glaubte an eine Zukunft"
Auch zum Thema Einsamkeit nahm Kampusch gegenüber "News" Stellung: "Ich hatte keine Einsamkeit. Ich hatte Hoffnung und glaubte an eine Zukunft. Irgendwann." Über ihre Beziehung zu ihrer Mutter meinte Kampusch: "Wir brauchen nicht zusammen zu wohnen, um zu wissen, dass wir zusammen gehören. Ich habe mich während der ganzen Zeit auch immer an meine Familie erinnert." An einer anderen Stelle des Interviews heißt es: "Ich liebe sie und sie mich."

Kreuzfahrt mit Mutter geplant
Die 18-Jährige berichtete in dem Interview von ihrem Wunsch, eine Foundation zu gründen, "die Menschen hilft, die zu wenig zu essen bekommen". Über ihre näheren Zukunftspläne sagte sie: "Jemand mit meiner Vergangenheit plant auf jeden Fall einmal das Naheliegendste: Ich möchte mich gegen alles Mögliche impfen lassen - zuallererst gegen Grippe." Mit ihrer Mutter möchte Natascha Kampusch eine Kreuzfahrt machen.

Während der acht Jahre in Gefangenschaft hat Natascha Kampusch zwischenzeitlich auch die Hoffnung verloren: "Ich war überzeugt, dass niemand mehr je nach mir suchen wird und ich daher auch niemals wieder gefunden werde." Ihr Verlies habe sie als Gefängnis empfunden. "Ich war eingesperrt. Ich habe nie verstanden, eingesperrt zu sein, ohne dass ich etwas getan hätte. Normalerweise sperrt man ja nur Kriminelle ein."

Höhere Strafen für Freiheitsentzug: "Gut so"
Natascha Kampusch war der Meinung, ihrem Entführer Wolfgang Priklopil drohten für seine Tat 20 Jahre Haft, würde er je gefasst. Dass der 44-Jährige mit maximal zehn Jahren Gefängnis bestraft worden wäre, hat sie nach ihrer Flucht erfahren, berichtet "News". Auf die Information durch Interviewer Alfred Worm, die Justizministerin wolle den Strafrahmen nunmehr auf 20 Jahre ändern, sagte die 18-Jährige: "Gut so. Ich lasse mir das mit den zehn Jahren sicher nicht gefallen."

"Ich hab ihm jedenfalls 20 Jahre prophezeit und ihn damit getröstet, dass Sechzigjährige heutzutage noch ganz gut in Schuss sind", sagte Natascha Kampusch im "News"-Interview. Ihren Entführer habe sie "auf meine Flucht monatelang vorbereitet. Und ihm versprochen, dass er auch im Gefängnis leben kann, weil es dort nicht ganz so schlimm ist".

"Ich hab seinen Tod vorausgewusst"
Mit seinem Selbstmord habe Wolfgang Priklopil sie selbst und seinen Freund Ernst H., "der ihn zum Bahnhof geführt hat" und "auch noch den Lokführer indirekt zu Mördern gemacht. Weil ich hab dann genau gewusst, dass er sich umbringen wird. Ich hab seinen Tod vorausgewusst".

Auf die Frage von Interviewer Worm, ob sie an Gott glaube, sagte die 18-Jährige: "Na ja, das ist sehr ambivalent: ja, ein bisschen." Sie habe in ihrer Gefangenschaft zumindest am Anfang auch gebetet. "Ja, schon. Später nicht mehr. Außerdem, der Verbrecher hat auch gebetet. Also das kann es ja nicht sein. Ich denke mir, Fidel Castro betet nämlich auch."

Hilfsprojekte geplant
Neben Ausbildung und beruflicher Zukunft beschäftigen Natascha Kampusch auch die Probleme anderer Menschen: Sie plane zwei Projekte, eines für verschleppte und misshandelte Frauen in Mexiko, ein anderes gegen den Hunger in Afrika - "..., weil ich nun aus eigener Erfahrung weiß, was Hunger ist. Und wie sehr er die Menschen entwürdigt".

Das Wichtigste für sie sei aber: "Ich möchte allen denen helfen, denen das passiert, was mir passiert ist", lautet der Schlusssatz im "News"-Interview.

Für Spenden für die laut "News" von Natascha Kampusch ins Leben gerufene Hilfsorganisation "Natascha Kampusch Foundation" wurde folgende Kontonummer angegeben:
BA-CA Kto.-Nr:: 50 000 010 001, BLZ: 12000

(apa/red)