Erst das Essen,
dann das Bauchweh

Laktose, Fruktose und Histamin: Ein Viertel aller Österreicher und Österreicherinnen leidet an Nahrungsmittelunverträglichkeit.

von Unverträglichkeiten - Erst das Essen,
dann das Bauchweh © Bild: Shutterstock

Ein Glas Milch, ein Apfel oder ein Stück Parmesan – Nahrungsmittel, die vielen Menschen schmecken und die eigentlich auch gesund sind. Allerdings nicht für jeden von uns. Denn rund ein Viertel aller Österreicherinnen und Österreicher leidet an Nahrungsmittelunverträglichkeit.

Die Anzeichen für die so genannte Intoleranz sind vielfältig. Am häufigsten treten nach dem Essen Völlegefühl, Blähungen, Bauchkrämpfe und Durchfall auf. Wann genau sich nach dem Verzehr der Speisen diese Symptome bemerkbar machen, ist allerdings von Mensch zu Mensch verschieden. "Es gibt Leute, die bemerken schon nach 30 Minuten, dass ihnen das Essen nicht gut getan hat. Bei anderen dauert es ein paar Stunden, bis Symptome auftreten“, erklärt Wolfgang Schnedl, Facharzt für Innere Medizin. Doch eine Intoleranz wirkt sich nicht einzig auf den Verdauungstrakt aus. Bei einigen Betroffenen sind auch Kopfschmerzen oder Hautausschläge die Folge.

Auch ganz untypische Beschwerden sind möglich, wie Schnedl weiß: "Ich hatte einmal eine Patientin, die häufig an Schwindel litt, für den lange keine Ursache gefunden werden konnte. Schließlich stellte sich heraus, dass sie unter einer Histaminintoleranz litt. Nun ernährt sie sich histaminfrei, und der Schwindel ist verschwunden."

»Oft tritt nicht nur eine, sondern gleich mehrere Unverträglichkeiten auf«

Es gibt unterschiedlichste Krankheitsbilder. Am häufigsten ist in Österreich die Laktoseintoleranz. Jeder Vierte hat hierzulande Probleme mit der Verdauung des Milchzuckers, weltweit sind es 70 Prozent. Ihre Körper können jenes Enzym, das die Laktose im Darm in verdauliche Bestandteile zerlegt, nur unzureichend oder gar nicht produzieren. Die Folge: Die Laktose bleibt unverdaut im Darm und verursacht so Beschwerden.

Der Atemlufttest

Wolfgang Schnedl hat in Bruck an der Mur ein Stoffwechselzentrum eingerichtet, um Unverträglichkeiten umfangreich abklären zu können. "Denn oft tritt etwa nicht nur eine Laktoseintoleranz auf, sondern gleichzeitig auch andere Unverträglichkeiten", so der Mediziner. Generell, sagt Schnedl, ist eine Zunahme zu bemerken: "Das kommt sicherlich auch daher, dass das Thema in den Medien viel diskutiert und es daher vermehrt wahrgenommen wird." Verwundert ist er allerdings darüber, dass "es nur wenige internationale Studien dazu gibt".

Wer vermutet, Milch und Milchprodukte nicht zu vertragen, sollte diese zunächst vom Speiseplan streichen und beobachten, ob eine Besserung eintritt. Es gibt allerdings auch Untersuchungen zur Feststellung von Unverträglichkeiten. Beim Laktoseintoleranz-Test wird zunächst auf nüchternen Magen eine Lösung mit Milchzucker getrunken. Danach wird in regelmäßigen Abständen der Wasserstoff-Gehalt der Atemluft gemessen. Der gibt Aufschluss darüber, ob der Milchzucker verdaut werden kann oder nicht.

Eine weitere verbreitete Unverträglichkeit ist die Fruktoseintoleranz. Jenen 20 Prozent der Österreicher, die davon betroffen sind, fehlt ebenfalls ein Enzym. Das wäre notwendig, um die Fruktose im Magen abbauen zu können. Eine Unverträglichkeit zeigt sich auch hier durch Blähungen und Bauchschmerzen. Ebenfalls möglich sind Zittern und Blässe. Die entsprechende Diagnose erfolgt durch einen Atemtest.

Wer nach dem Genuss von Rotwein oder Hartkäse an Kopfschmerzen, Hautjucken, Husten, einer rinnenden Nase oder einem Ausschlag laboriert, leidet möglicherweise unter Histaminintoleranz. Diese ist durch eine Laboruntersuchung des Blutes rasch feststellbar. "Es gibt einen Blutwert, der Auskunft darüber gibt", sagt Schnedl. Dieser sei allerdings noch nicht überall anerkannt.

Wie viele Österreicher von Histaminunverträglichkeit betroffen sind, ist unbekannt. Die Zahlen würden von zwei bis 20 Prozent variieren, so Schnedl.

Keine Heilung

Ist die Intoleranz diagnostiziert, kann sie allerdings nicht behoben werden und bleibt ein Leben lang bestehen. Für Betroffene ist es dann am besten, die Ernährung umzustellen. Das fällt vor allem bei Laktoseintoleranz gar nicht so schwer. Denn in den vergangenen Jahren kamen immer mehr Spezialprodukte auf den Markt. Ob gleich die gesamte Palette von laktosefreier Milch bis laktosefreier Butter sinnvoll ist, hängt vom Einzelnen ab. Schnedl: "Jeder muss für sich selbst ausprobieren, welche Produkte er verträgt und welche nicht."

Es gibt mittlerweile aber auch die dem Körper fehlenden Enzyme in Kapselform. Werden die vor dem Essen eingenommen, treten ebenfalls keine Beschwerden auf.

Auch bei Fructose- und Histaminintoleranz ist es am besten, die Lebensmittel vom Speiseplan zu streichen. Dann sollten auch die Symptome rasch und rückstandslos verschwinden.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Printausgabe 45 2018