„Nachhaltigkeit und Rendite in Einklang bringen“

„Nachhaltigkeit und Rendite in Einklang bringen“ © Bild: Hypo Tirol Bank / Florian Lechner

Herr Walde, wie hat sich die Nachfrage nach nachhaltigen Finanzprodukten unter Ihren Kunden in den letzten Jahren entwickelt?
Stefan Walde: In den letzten Jahren konnte eine signifikante Zunahme der Kundenachfragen zum Thema nachhaltiger Investments beobachtet werden. Vor allem jüngere Anleger zeigen wachsendes Interesse daran, den eigenen Vermögensaufbau unter nachhaltigen Gesichtspunkten auszurichten. Die mittlerweile breite Produktpalette in diesem Bereich trägt ebenfalls dazu bei, differenzierte Kundenwünsche besser bedienen zu können.

Wie schätzen Sie die Bedeutung dieser Produkte besonders unter den Jüngeren ein?
Stefan Walde: Der Trend hin zu einem nachhaltigeren und umweltverträglicheren Lebensstil spielt aktuell für viele junge Menschen eine entscheidende Rolle. Diese Zäsur spiegelt sich auch in einer verstärkten Nachfrage nachhaltiger Finanzprodukte wider. Kurz gesagt, viele junge Menschen wollen einen Beitrag für ihre Zukunft – und die ihrer Kinder – leisten. Auch wenn das Budget für die eigene Photovoltaikanlage oder das eigene Elektrofahrzeug noch nicht ausreicht, können sich junge Sparer zum Beispiel über einen Fondssparplan mit nachhaltigen Investments bereits heute an einer „grüneren“ Zukunft beteiligen.

Nachhaltigkeit und Rendite galten lange als Begriffe, die einander ausschließen. Ist das Geschichte?
Stefan Walde: Inwieweit sich Nachhaltigkeit und Rendite einander ausschließen – oder sogar unterstützten – hängt auch von der jeweiligen Branche ab. Ein Windkraftproduzent wird weniger Probleme haben, beide Aspekte unter einen Hut zu bekommen, als beispielsweise eine Erdölraffinerie. Des Weiteren wurden früher oftmals beide Augen zugedrückt, wenn es um die negativen Auswirkungen der „hohen Rendite“ ging. Beispielsweise wäre die „Rendite“ in der Autobranche wohl nicht so hoch, wenn Unternehmen für die gesundheitlichen Folgen ihrer Produkte aufkommen müssten. Solange diese jedoch vom staatlichen Gesundheitssystem getragen werden, bleibt natürlich eine „rechnerisch“ höhere Rendite bei den traditionellen Autobauern dieser Welt übrig. Um den Klimawandel effektiv begegnen zu können, wird uns als Gesellschaft wohl nichts anderes übrig bleiben, als beide Begriffe miteinander in Einklang zu bringen.

Der Umbau der Wirtschaft zu einer „Green Economy“ erfordert massive Investitionen. Die EU wird zur Finanzierung Green Bonds auflegen. Wie kann man als (Klein-)Investor daran partizipieren?
Stefan Walde: Investoren können an der Emission von Green Bonds partizipieren, indem sie entweder in aktiv gemanagte Fonds oder passiv gemanagte ETFs, welche auf Green Bond-Indices basieren, investieren. Diese Produkte sind sowohl für große institutionelle Investoren als auch für Kleininvestoren verfügbar.


Green Bonds:

Das Kernstück eines Green Bonds ist die Verwendung der Emissionserlöse für grüne Projekte, die in angemessener Form in der Anleihedokumentation festgehalten werden sollte. Die ausgewählten grünen Projekte sollten einen klaren Umweltnutzen schaffen, der evaluiert und, falls möglich, quantifiziert wird.

Das Green Bond-Segment an der Börse Frankfurt bündelt Anleihen, die die Green Bond Principles (GPB) der International Capital Markets Association erfüllen.

Die vier Kernkomponenten der GBP sind:

  1. Verwendung der Emissionserlöse (Use of Proceeds)
  2. Prozess der Projektbewertung und -auswahl (Process for Project Evaluation & Selection)
  3. Management der Erlöse (Management of Proceeds)
  4. Fortlaufende Berichterstattung (Reporting)

Die Kategorien der geeigneten grünen Projekte umfassen unter anderem:

  • Erneuerbare Energien (u.a. Produktion; Übertragung; Anwendungen und Produkte)
  • Energieeffizienz (beispielsweise in neuen und renovierten Gebäuden; bei der Energiespeicherung; Fernwärmesysteme; intelligente Netze; Anwendungen und Produkten)
  • Verschmutzungsprävention und -kontrolle (u.a. Reduzierung der Luftverschmutzung; Treibhausgaskontrolle; Bodenaufbereitung; Abfallprävention und -verringerung sowie energie- und emissionseffiziente Müllverbrennungsanlagen)
  • Ökologisch nachhaltiges Management von lebenden natürlichen Ressourcen und Landnutzung (u.a. ökologisch nachhaltige Land- und Forstwirtschaft einschließlich Erst- und Wiederaufforstung sowie Erhaltung und Wiederherstellung von Landflächen; ökologisch nachhaltige und artgerechte Tierhaltung, Fischerei und Aquakultur; intelligente landwirtschaftliche Instrumente wie biologischer Pflanzenschutz oder wassersparende Tröpfchenbewässerung)
  • Erhaltung der terrestrischen und marinen Artenvielfalt (u.a. Schutz von Küsten, Meeres- und Einzugsgebieten)
  • Sauberer Transport (u.a. Elektro- und Hybridtransport; öffentlicher Nah-, Fern- und Schienenverkehr; nichtmotorisierter und multimodaler Transport; Infrastruktur für mit sauberer Energie betriebene Fahrzeuge und Reduzierung von Schadstoffemissionen)
  • Nachhaltiges (Ab-)Wassermanagement (u.a. nachhaltige Infrastruktur für sauberes Wasser und/oder Trinkwasser, Abwasseraufbereitung, nachhaltige Stadtentwässerung und Flussregulierung sowie weitere Hochwasserschutzmaßnahmen)
  • Anpassung an den bereits existierenden Klimawandel (u.a. unterstützende Informationssysteme wie Klimabeobachtungs- und Frühwarnsysteme)
  • Umwelteffiziente und/oder für die Kreislaufwirtschaft geeignete Produkte, Produkttechnologien und Prozesse (u.a. Entwicklung und Einführung ökologisch nachhaltiger Produkte mit Umweltsiegeln und -zertifikaten, ressourcenschonende Verpackung und Vertrieb)
  • Umweltfreundliche Gebäude, die regional, national oder international anerkannte Standards und Zertifikationskriterien erfüllen