Kein Durchbruch bei
Koalitionsgesprächen

Abschlussrunde dürfte erst am Morgen tagen

Bei den Koalitionsgesprächen in Deutschland zwischen Union und SPD hat es auch nach rund 20-stündigen Beratungen noch keinen Durchbruch gegeben. In der Nacht auf Mittwoch kamen die Verhandler zwischenzeitlich zu parteiinternen Gesprächen zusammen, wie Teilnehmer mitteilten.

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Auch nach gut 20 Stunden zähen Ringens auf der Zielgeraden hat sich am Mittwoch in der Früh noch kein Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen in Deutschland abgezeichnet. In der Früh hieß es aus Teilnehmerkreisen, es werde nach wie vor um Inhalte sowie um den Zuschnitt und die Verteilung von Ressorts gerungen. Ein Ende war zunächst nicht absehbar.

Koalitionsvertrag sollte heute stehen

Die drei Parteien - CDU, CSU und SPD - wollten vor dem morgigen Donnerstag den Koalitionsvertrag stehen haben. Mittwoch früh wurde aber auch nicht völlig ausgeschlossen, dass die Verhandlungen noch scheitern könnten.

Die drei Seiten hatten am Dienstag zum Start in die Schlussrunde betont, eine erneute Vertagung solle nach den zwei zusätzlichen Verhandlungstagen unbedingt vermieden werden. Trotz einiger Annäherungen blieben die Gesundheits- und die Arbeitsmarktpolitik die zentralen Streitpunkte. Die Führung der Sozialdemokraten will vor allem mit Erfolgen in diesen Politikbereichen bei ihrer Basis für ein Ja zum Koalitionsvertrag werben.

"Tritt ein, sag nein"

Die SPD will weg von der "Zwei-Klassen-Medizin" von privat und gesetzlich Versicherten und hat dafür unter anderem eine Angleichung der Ärztehonorare für beide Versicherungsgruppen oder eine Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherung für Beamte im Auge. Bei der Arbeitsmarktpolitik ging es vor allem um eine deutliche Einschränkung befristeter Arbeitsverhältnisse.

Sollte der Vertrag zwischen den drei Parteien zustande kommen, könnten in den nächsten Wochen 463.723 Sozialdemokraten darüber abstimmen. Die SPD gewann seit Jahresbeginn 24.339 Neumitglieder dazu. In der SPD hatten Gegner einer Neuauflage von Schwarz-Rot - allen voran die Jusos - mit dem Slogan "Tritt ein, sag nein" um neue Mitglieder geworben. Das Ergebnis des Mitgliedervotums könnte bereits am Wochenende 3./4. März bekannt gegeben werden.

Juso-Chef Kevin Kühnert begrüßte den Andrang auf die SPD: "In aller Bescheidenheit: Die Jusos nehmen gerne einen SPD-Toaster für besondere Verdienste um die Mitgliederentwicklung unserer Partei entgegen", schrieb er auf Twitter.

"Tag der Entscheidung"

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) urgierte vor der Schlussrunde Kompromissbereitschaft: "Jeder von uns wird schmerzhafte Kompromisse noch machen müssen." SPD-Chef Martin Schulz sprach vom "Tag der Entscheidung".

»Jeder von uns wird schmerzhafte Kompromisse noch machen müssen«

Nach einem der dpa vorliegenden Entwurf für den Koalitionsvertrag waren auch noch andere Punkte in der Endphase der Verhandlungen strittig. Dabei ging es unter anderem darum, ob Unternehmen Abstriche bei den Arbeitszeitregeln erlaubt werden sollen, wenn sie tarifvertraglichen Bestimmungen unterliegen.

"Politik der vergangenen Jahre"

In der Außenpolitik ging es um Rüstungsexporte sowie die Ausgaben für die Bundeswehr und die Entwicklungshilfe. Die Union will sich bei den Verteidigungsausgaben dem NATO-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nähern (derzeit 1,2 Prozent). Für die SPD hat dagegen Priorität, 0,7 Prozent in die Entwicklungshilfe zu stecken (2016: 0,52 Prozent).

Kritik an den bisher bekannt gewordenen Verhandlungsergebnissen kam von den Grünen. Ihr Vorsitzender Robert Habeck kritisierte in der Mediengruppe "Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung" (Mittwochausgabe), Union und SPD wollten im Wesentlichen die Politik der vergangenen Jahre fortsetzen, "nur nehmen sie ein bisschen mehr Geld in die Hand". Das reiche einfach nicht.

»Da gibt es keinen verbindenden Gedanken und keine langfristige Strategie, wie man Deutschland in einer Zeit des Wandels voranbringen will«

Ähnlich negativ äußerte sich die FDP über die Verhandlungsergebnisse: "Da gibt es keinen verbindenden Gedanken und keine langfristige Strategie, wie man Deutschland in einer Zeit des Wandels voranbringen will", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, der "Passauer Neuen Presse".


Mittelstandspräsident Mario Ohoven kritisierte: "Schwarz-Rot hat sich mit viel Geld den Koalitionsfrieden erkauft. Damit folgt auf den wirtschaftspolitischen Stillstand der letzten Jahre schwarz-roter Rückschritt." Der Mittelstand werde kaum entlastet, Deutschland nicht fit für die Zukunft gemacht. "Fazit: Die Abkürzung GroKo (Große Koalition, Anmk.) steht für große Kosten, wenig Zukunft und viel Vergangenheit."

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