Mord auf offener Straße: Prozess um
Umar Israilov startete am 16. November

Tschetschene wurde Anfang 2009 in Wien erschossen Anwältin: "Mord hätte verhindert werden können"

Im Wiener Straflandesgericht hat am 16. November der Prozess um den am 13. Jänner 2009 auf offener Straße in Wien-Floridsdorf erschossenen tschetschenischen Asylwerber Umar Israilov begonnen. "Der Mord hätte verhindert werden können", sind sich Wolfgang Kaleck, Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), und Nadja Lorenz, Anwältin der Familie Israilov, sicher.

Mord auf offener Straße: Prozess um
Umar Israilov startete am 16. November

Obwohl klar war, dass im Sommer 2008 aus Tschetschenien ein Mann mit dem Auftrag nach Wien gereist war, Israilov zu beseitigen, wurde laut Lorenz dessen Bitte um Polizeischutz "nicht einmal ignoriert". Österreich habe "zu wenig unternommen, um ihn zu schützen" und "die internationale Dimension dieses Falles missachtet", sagte Kaleck.

Widerstand gegen russische Besatzungsmacht
Israilov hatte sich 2001 in seiner Heimat im Widerstand gegen die russische Besatzungsmacht betätigt. Nach Darstellung seiner Anwältin fiel er 2003 in die Hände des von Russland protegierten Regimes und soll dabei vom späteren tschetschenischen Präsidenten Kadyrow persönlich gefoltert worden sein. Als Umar Israilov die Flucht gelang, wurde laut Lorenz sein Vater für elf Monate inhaftiert, ebenfalls grausamer Folterungen unterzogen und von Kadyrow mit dem Umbringen bedroht, sollte sein Sohn nicht zurückkehren.

"Mut mit Leben bezahlt"
Israilov leitete jedoch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein Verfahren gegen Kadyrow wegen Verstoßes gegen die Menschenrechte in die Wege und diente sich dem ECCHR als Kronzeuge an, um den Präsidenten verhaften zu lassen. "Das war unglaublich mutig, das zu tun. Er hat diesen Mut mit dem Leben bezahlt", stellte dazu nun Manfred Nowak, der ehemalige UNO-Sonderberichterstatter über Folter, fest.

Drei Männer vor Gericht
Im Schwurgerichtsverfahren müssen sich drei Männer wegen Mordes, Bildung einer kriminellen Organisation und versuchter Überlieferung an eine ausländische Macht verantworten. Sie sollen die ursprünglich als Entführung geplante Bluttat organisiert haben bzw. direkt daran beteiligt gewesen sein.

Witwe: Polizei beschützte Israilov nicht
Der Prozess dauert noch an. Am 3. Dezember sagten die Witwe und der Vater des Opfers vor Gericht aus: "Er hat zu mir gesagt, er bekommt von der Polizei keinen Schutz", erinnerte sich die Witwe. Dabei hatte sich vor allem ein mit Israilov befreundeter Flüchtlingsbetreuer schon Wochen vor der Bluttat in an die Polizei gerichteten Mails darum bemüht. Dass der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow den Tod ihres Mannes zu verantworten hat, steht für sie außer Zweifel. "Jeder, der einen Kopf auf den Schultern hat, hat gewusst, dass das Kadyrows Leute waren, die einen unschuldigen Menschen umgebracht haben."

Israilovs Witwe lebt nach Auskunft ihrer Rechtsvertreterin mit ihren vier Kindern in Österreich. Israilovs Vater hat demgegenüber zu seiner Sicherheit Europa verlassen, weil er beim EGMR in seinem eigenen sowie im Namen seines Sohnes das Verfahren gegen Kadyrow weiterbetreiben will.

(apa/red)