Michel Platini: Der Vater
der Euro 2016 im Zwielicht

Der suspendierte Uefa-Präsident nutzte seine Funktion auch fürs „Family Business”

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Wenn am 26. Februar in Zürich die Fifa-Generalversammlung einen Nachfolger für Sepp Blatter kürt, steht Platini nicht mehr zur Wahl. Der ehemalige Weltklassefußballer (1984 Europameister mit Frankreich, Champions League- und Europa League-Sieger) kämpft stattdessen vor den Fifa-Instanzen und dem Internationalen Sportgerichtshof um seinen Ruf.

Noch stehen die 54 nationalen Fußballverbände in Europa wie ein Mann hinter ihrem suspendierten Präsidenten. Bei der ersten Sitzung des Uefa-Exekutivkomitees in diesem Jahr wurde am 22. Jänner beschlossen, vorerst keinen neuen Uefa-Präsidenten zu wählen: „Das Uefa-Exekutivkomitee und die Uefa-Mitgliedsverbände haben den Entscheid der Fifa-Ethikkommission, Uefa-Präsident Michael Platini zu suspendieren, zur Kenntnis genommen. Wir hoffen, dass er seinen guten Ruf so bald wie möglich wiederherstellen und in die europäischen Fußballfamilie zurückkehren kann.” Bevor die sportgerichtlichen Berufungsinstanzen, darunter das Internationale Schiedsgericht des Sports in Lausanne, über die Suspendierung Platinis entschieden haben, werde man keine Neuwahl ansetzen, auch nicht beim nächsten ordentlichen Uefa-Kongress am 3. Mai in Budapest. Dass die Sportgerichte bis Mai eine endgültige Entscheidung treffen, ist eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, dass Michael Platini am Ende sogar eine lebenslange Sperre aufgebrummt bekommt.

Die Nibelungentreue der Uefa-Mitgliedsverbände zu ihrem „gefallenen Präsidenten” ehrt das Gremium, aber macht die Sache deshalb nicht einfacher. Dass die Euro 2016 am 10. Juni in Paris ohne amtierenden Uefa-Präsidenten eröffnet wird, ist ohnehin eine Premiere. Und wie lange kann ein Sportverband, dessen Jahresumsatz mittlerweile bei rund drei Milliarden Euro liegt, führungslos dahinschippern, ohne dass seine Existenz in den Grundfesten bedroht ist?

Kurios ist, dass ausgerechnet ein mündlich zugesagtes Zwei-Millionen-Honorar des Fußball-Paten Sepp Blatter an seinen langjährigen Ziehsohn diesen zu Fall gebracht hat. Das „Sündenregister” von Michael Platini wäre auch ohne diese dubiose Zahlung schlimm genug. Denn die Vetternwirtschaft in Fußballerkreisen mag zwar Blatter erfunden haben, Platini steht dem Schweizer in dieser Hinsicht aber um nichts nach.

Die bis heute umstrittene Entscheidung für die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar 2022 kam vor allem auch durch das Betreiben von Uefa-Präsident Michael Platini zustande – gegen den Willen der meisten europäischen Verbände. Wenig später ist klar, warum sich Platini mit solcher Verve für die Bewerbung des reichen Wüstenstaates eingesetzt hatte: Wenige Wochen nach dem Fifa-Zuschlag stieg Platinis Sohn Laurent zum Europa-Chef der Katar Foundation auf, die unter anderem Paris St. Germain besitzt und Hauptsponsor des FC Barcelona ist.

Aber der Uefa-Präsident hat auch eine Tochter. Marine Platini, eine mäßig erfolgreiche Schauspielerin, ist mit dem Pariser Musikproduzenten Yohann Zveig verheiratet. Und der ist seither auch im Fußballgeschäft dick unterwegs. 2008 durfte Yohann Zveig die Hymne der Europa League komponieren und ist auch der Haus- und Hofkomponist für die Shows rund um das jährliche Europa League-Finale. Damit nicht genug: Zveig sorgt gegen ein Millionenhonorar seit 2010 auch für die musikalische Umrahmung der Fifa-Gala bei der alljährlichen Kür des Weltfußballers des Jahres in Zürich.

Wie der Zufall so spielt, fand auch der größte Sportverband der Welt, der Deutsche Fußballbund (DFB), unter dem damaligen Präsidenten Wolfgang Niersbach, einer der engsten Vertrauten des Franzosen, in dessen Schwiegersohn Yohann Zveig den Komponisten der neuen DFB-Hymne. Der mittlerweile wegen fragwürdiger Zahlungen rund um das deutsche WM-Sommermärchen 2006 ebenfalls zurückgetretene Niersbach versicherte damals mit treuherzigem Augenaufschlag: „Ich habe gar nicht gewusst, dass Michel einen Schwiegersohn hat.”

Biografie Michel Platini

Geboren am 21. Juni 1955 in Joeuf/Lothringen als Sohn eines italienischstämmigen Vaters; verheiratet mit Christelle (seit 1977), zwei Kinder (Tochter Marine und Sohn Laurent); begann seine Fußballerkarriere 1973 bei Nancy, wechselte 1979 zu Saint Etienne und spielte von 1982 bis 1987 für Juventus Turin. Zwischen 1976 und 1987 brachte er es auf 72 Länderspiele (41 Tore) für Frankreich. Größter Erfolg: Europameister 1984, WM-Dritter 1986, französischer Meister und Cupsieger, 2x italienischer Meister und Cupsieger, Champions League Sieger 1985, 3x Europas Fußballer des Jahres.

1988 bis 1992 Trainer der französischen Nationalmannschaft, 1992 bis 1998 Vizepräsident des Organisationskomitees der Fußball-WM 1998 in Frankreich, seit 2002 Mitglied des Uefa-Exekutivkomitees, seit 2007 Uefa-Präsident. Geschätztes Vermögen: 140 Mio. Euro

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