Wien hat einen
neuen Bürgermeister

Michael Ludwig offiziell als Nachfolger von Michael Häupl gewählt

Die Ära Häupl ist vorbei - aber zumindest der Vorname bleibt: Seit Donnerstag, 15.50 Uhr, ist Michael Ludwig (SPÖ) Bürgermeister von Wien. Der bisherige Wohnbaustadtrat wurde im Gemeinderat zum Nachfolger von Michael Häupl gewählt, der nach fast 24 Jahren den Chefsessel räumte.

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Wechsel an der Spitze - Wien hat einen
neuen Bürgermeister

Die vier neuen Stadträtinnen und Stadträte, die Ludwig in die Regierungsmannschaft geholt hat, wurden ebenfalls angelobt.

56 von 99 gültigen Stimmen entfielen bei der geheimen Wahl auf Ludwig. Das bedeutet, dass nicht nur die 54 Mandatare der SPÖ und der Grünen für den neuen Bürgermeister votiert haben. Ein Stimmzettel war ungültig. Unter tosendem Applaus gab es ein Küsschen von Häupl, der seinen Nachfolger zu seinem angestammten Sitzplatz geleitete, diesen gewissermaßen übergab und sich danach - inzwischen ohne Funktion - auf die Besuchergalerie des Stadtparlaments zurückzog.

Nach der Kür Ludwigs wurden auch die vier neuen Regierungsmitglieder gewählt und angelobt. Auch sämtliche frisch gebackenen Stadträte bekamen vereinzelte Stimmen aus den Oppositionsreihen. Kathrin Gaal ist nun für Wohnen zuständig, Peter Hacker für Gesundheit und Soziales, Peter Hanke für Finanzen und Veronica Kaup-Hasler für Kultur. Sie bekam mit 65 von 100 gültigen Stimmen den größten Vertrauensvorschuss, Hacker mit 57 Stimmen den geringsten. Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorzsky und Umweltstadträtin Ulli Sima übernahm Ludwig aus dem Häupl-Team, sie mussten nicht neu gewählt werden.

Ludwig hatte noch vor seiner Wahl eine Art Antritts- oder besser Vorstellungsrede gehalten und "Akzente für die Zukunft" angekündigt. Außerdem versprach er den Grünen, die Koalition weiterführen zu wollen: "Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein sehr treuer Mensch bin, im Privaten wie im Politischen." Man wolle gestalten statt verwalten, verbinden statt spalten.

Inhaltlich strich der Neo-Bürgermeister etwa das Thema Sicherheit hervor - Stichwort Praterstern: "Der öffentliche Raum ist für alle da. Und wenn ich entscheiden muss, für wen ich eintrete, für aggressive Alkoholiker oder für Frauen, die sich nicht wohlfühlen, die sich nicht sicher fühlen, dann brauche ich nicht nachdenken." Diese Beteuerung bescherte dem nächsten Stadtchef prompt auch Applaus von der FPÖ. In Sachen Verkehr verlieh Ludwig seiner "persönlichen Genugtuung" Ausdruck über das vom Bundesverwaltungsgericht erteilte Okay für den - von den Grünen abgelehnten - Lobautunnel.

Häupls Abschiedsrede

Am Vormittag gehörte die Bühne des Gemeinderats aber noch ein letztes Mal ganz Michael Häupl. In seiner 45-minütigen Abschiedsrede ließ dieser seine Amtszeit Revue passieren und kam zu dem Schluss: "Es war über weiteste Strecken eine tolle Zeit. Ihr habt mir sehr viele Sonnentage beschert." Der Langzeit-Bürgermeister, der am 7. November 1994 das Amt von Helmut Zilk übernommen hatte, sprach über die hohe Lebensqualität der Stadt, die Bedeutung des "Friedensprojekts" Europa und versicherte, während der großen Flüchtlingsbewegung 2015 "das Beste, was wir machen konnten", getan zu haben.

Gleichzeitig mahnte Häupl Respekt im politischen Geschäft ein - und nahm sich dabei nicht aus: "Auch ich war nie ein Kind von Traurigkeit, auch nicht verbal. Wenn ich in all dieser Zeit jemanden gekränkt oder beleidigt habe, dann entschuldige ich mich jetzt dafür." Wobei eine letzte kleine Spitze schon sein musste - diesmal galt sie den Mitarbeitern der Stadt: "Sie sind großartig - wenn sie wollen." Zum Abschied wurde dem 68-Jährigen lang anhaltender Applaus und Standing Ovations zuteil.

Angriffige Opposition

Launige Würdigungen gab es hernach von allen Fraktionen. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger attestierte Häupl Charakterfestigkeit und gestand: "Ja, Sie werden mir fehlen." ÖVP-Klubobmann Manfred Juraczka verhehlte nicht die inhaltlichen Differenzen - aber: "Mit Dir zu streiten hat oft viel mehr Spaß gemacht als mit anderen einer Meinung zu sein." Eher angriffiger zeigte sich FPÖ-Klubchef Anton Mahdalik, der Kritik an der Finanz-und Migrationspolitik übte und meinte: "Vieles hat sich in dieser Zeit verändert - auch zum Negativen."

Grünen-Urgestein Christoph Chorherr lobte Häupl indes für dessen Mut, sich 2010 für Rot-Grün entschieden zu haben. SPÖ-Klubobmann Christian Oxonitsch dankte nicht nur Häupl, sondern verabschiedete auch die ausgeschiedenen Ressortchefs Renate Brauner, Andreas Mailath-Pokorny und Sandra Frauenberger. Letztere bleibt übrigens als Mandatarin im Gemeinderat.

Anerkennung vom Bundeskanzler

Am Nachmittag übermittelte außerdem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) per Aussendung seine Anerkennung: "Sein Engagement für die Wienerinnen und Wiener ist sicher beispiellos. Auch wenn wir in vielen Fragen nicht einer Meinung waren, hat Häupl durch seinen einzigartigen Stil und seine besonderen Verdienste für die Stadt Wien die heimische Politik entscheidend mitgeprägt."

Mit der heutigen mehrstündigen Stafettenübergabe ist es für den nunmehrigen Altbürgermeister übrigens noch nicht zur Gänze getan. Am morgigen Freitag stehen noch einige Abschiedsveranstaltungen am Programm. Auch die offizielle Büroschlüsselübergabe an Nachfolger Ludwig ist geplant.

Kommentare

Den hat Wien gebraucht wie ein Eiterwimmerl.

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