Reaktion von Kurz
"nicht überraschend"

Medienpsychologe über den Umgang von Medien und Politik mit den Messer-Attacken

Die Messer-Attacken in Wien haben in den vergangenen Tagen die Medien, aber auch die Politik beschäftigt. Der Medienpsychologe Peter Vitour analysierte die Reaktionen.

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Wien - Reaktion von Kurz
"nicht überraschend"

Teilweise reißerische Formulierungen bei der Berichterstattung sowie Reaktionen vonseiten der Regierungsspitze, welche die Migrationsproblematik im Allgemeinen thematisierten, waren die Folge. Beides ist nicht überraschend, erläuterte Medienpsychologe Peter Vitouch.

Was die Medien betrifft, so sind diese "und vor allem Boulevardmedien darauf ausgerichtet, Aufmerksamkeit zu erregen". Und das gelinge, wenn man Nachrichten bedrohlich macht oder bereits bedrohliche Nachrichten noch mit martialischen Überschriften versieht. Der Grund: Diese Nachrichten sollen die Wahrnehmungsfilter der Leser durchdringen. "Es ist ein evolutionspsychologisches Prinzip, dass wir nur das wahrnehmen, was gerade in Bezug auf unsere Interessen, Bedürfnisse und Einstellungen von Bedeutungen ist", erläuterte Vitouch das Prinzip der selektiven Wahrnehmung. "Diese Filterschwelle wird von bedrohlichen und angsterregenden Nachrichten durchdrungen."

Die Frage, ob dann Leser eine überspitzte Wahrnehmung auf Migranten im Allgemeinen entwickeln könnten, beantwortete der Medienpsychologe so: "Da kommt es drauf an, wie das Individuum diese Meldung verarbeitet und welche Bewertungen man vornimmt. Übertrieben mit einem 'alle Asylwerber sind schuldig'; oder aber man differenziert und schaut sich an, was das für ein spezieller Fall ist." Das hänge mit den Angstverarbeitungsstrategien der jeweiligen Person zusammen, also die Art und Weise, wie mit Bedrohungen oder Bedrohungsreizen umgegangen wird, sagte der Experte. Im ersten Fall wäre dies ein "Alles oder Nichts"-Prinzip, bei dem man sofort von null auf 100 ist.

Reaktion der Regierungsspritze nicht überraschend

Die Reaktion der Regierungsspitze auf die Tat ist für den Medienpsychologen ebenfalls keine Überraschung. Dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Innenminister Herbert Kickl (beide FPÖ) jeweils die Migrations- bzw. Asylpolitik thematisierten, ist "im Grund genommen eine Fortführung des Wahlkampfs", erläuterte er. Das sei von einer Mitte-rechts-Regierung nicht anders zu erwarten, da mit diesem Konzept ja schließlich auch die Wahl gewonnen wurde. Man könne sich nicht der Illusion hingeben, dass jetzt in differenziertester Weise reagiert werde.

Die Migration sei aber auch ein Teil des Problems, "denn es ist nicht wegzuleugnen, dass sehr viele junge Männer aus Afghanistan in dieser Zeit zum Teil auch illegal die Grenzen überschritten haben", führte Vitouch weiter aus - und das könne man nicht wegleugnen. Dabei ginge es nicht nur um einen Mangel an Integrationsmaßnahmen: "Die Frage ist, wie sich junge muslimische afghanische Männer integrieren lassen", sagte der Medienpsychologe. Hier gäbe es in gewisser Weise eine Holschuld.

»Verbrechen bleibt Verbrechen«

"Verbrechen bleibt Verbrechen, aber man muss sich hüten, das jetzt generell zu 150 Prozent auf sämtliche anderen Migranten zu übertragen", so Vitouch. Aber dass es gerade im Bereich derer, die kriminell geworden sind, ein Defizit in Bezug auf die Behandlung dieser Probleme gibt, ist vielleicht auch klar, schloss der Medienpsychologe.