Merkel als deutsche
Bundeskanzlerin im Amt bestätigt

Sie amtiert schon länger als alle anderen Regierungschefs der Europäischen Union

Angela Merkel ist und bleibt die deutsche Bundeskanzlerin. Mit knapper Mehrheit wurde sie zum vierten Mal im Amt bestätigt.

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Fast sechs Monate nach der deutschen Bundestagswahl ist die CDU-Vorsitzende Angela Merkel zum vierten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt worden. Die 63-Jährige erhielt am Mittwoch im Bundestag nur neun Stimmen mehr, als für die Kanzlerwahl notwendig waren. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernannte sie im Schloss Bellevue zur Kanzlerin, anschließend legte Merkel im Bundestag ihren Amtseid ab.

Auf das relativ knappe Wahlergebnis reagierte die SPD mit Erstaunen, die Opposition mit Kritik an der Neuauflage der Großen Koalition. Von 688 gültigen Stimmen entfielen 364 auf Merkel, 355 brauchte sie mindestens. Viele Abgeordnete der Koalitionsfraktionen wählten sie in der geheimen Abstimmung offensichtlich nicht.

CDU, CSU und SPD verfügen zusammen über 399 Sitze, nur ein CDU/CSU-Abgeordneter fehlte. Damit gab es mindestens 34 Abweichler in den Reihen der Großen Koalition. Grüne und FDP erklärten, sie hätten die CDU-Chefin nicht unterstützt. Da die Abstimmung geheim ist, bleibt letztlich offen, wer Merkel gewählt hat und wer nicht.

Nahles erstaunt über Ergebnis

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles zeigte sich erstaunt über das Ergebnis. "Es waren mehr Gegenstimmen, als ich erwartet hätte", sagte Nahles dem Sender "Welt". Bei der SPD sei "die Lage sehr geschlossen" gewesen. "Darum kann ich mich nur wundern." Der künftige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) verwies auf die langwierige Regierungsbildung, die Spuren hinterlassen habe.

Linke und Grüne werteten das Wahlergebnis als holprigen Start und Zeichen für die Zerrissenheit der Großen Koalition. FDP-Chef Christian Lindner sprach von einem "Autoritätsverlust" Merkels.

Auch 2005, 2009 und 2013 hatten nicht alle Parlamentarier der Koalitionsfraktionen für Merkel gestimmt. Diesmal war der Widerstand in der SPD gegen eine erneute Große Koalition nach der historischen Wahlniederlage der Sozialdemokraten aber besonders groß. Die SPD-Fraktion erhob sich nach der Wahl am Mittwoch nicht und applaudierte nicht geschlossen.

Steinmeier ernannte 15 Bundesminister

Im Anschluss an den Amtseid Merkels ernannte Steinmeier im Schloss Bellevue die 15 Bundesminister. Der Staatschef rief die neue Regierung auf, verloren gegangenes Vertrauen bei den Bürgern zurückzugewinnen. "Ein schlichter Neuaufguss des Alten" werde nicht genügen, sagte er. CDU/CSU und SPD hatten bei der Bundestagswahl zusammen 13,8 Prozentpunkte Stimmen verloren. "Dies sind Bewährungsjahre für die Demokratie", sagte Steinmeier mit Blick auf populistische Strömungen in vielen Ländern.

Im Bundestag kam es während der Wahl und Merkels Vereidigung zu kleineren Zwischenfällen. Ein Mann wurde von der Polizei wenige Meter von der Kanzlerin entfernt niedergerungen, als Merkel das Reichstagsgebäude verließ. Der AfD-Abgeordnete Peter Bystron muss ein Ordnungsgeld von 1.000 Euro zahlen, weil er seinen Wahlzettel, auf dem er "Nein" angekreuzt hatte, fotografiert und das Bild im Netz veröffentlicht hatte. Amüsierte Reaktionen löste Merkels Mann Joachim Sauer aus, der während der Wahl auf Handy und Laptop herumtippte.

Kurz gratuliert Merkel zur Wiederwahl

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat Mittwochnachmittag mit Angela Merkel telefoniert, um ihr zur Ernennung der neuen deutschen Bundesregierung zu gratulieren. Wie das Bundeskanzleramt in Wien weiter mitteilte, betonte Kurz gegenüber seiner deutschen Amtskollegin: "Deutschland ist für uns ein wichtiger Freund, Nachbar und Partner in der EU."

»Deutschland ist für uns ein wichtiger Freund, Nachbar und Partner in der EU«

Es sei daher froh, dass es nun eine neue und stabile Regierung in Deutschland gebe, so der Bundeskanzler. "Das ist wichtig für Deutschland sowie für uns als Nachbar und notwendig für die EU. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel."

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