Franz Hörl ist auch dabei. Denn das ORF-Marketing weiß, wer zieht. Also wissen wir dank unzähliger Vorankündigungen seit Wochen, dass der skurrilste aller öffentlichen Tiroler immerhin als Quotenbringer bei den Wiener Experten gilt. Er dient als Einstiegsdroge für Peter Kliens Neustart der Late-Night-Satire "Gute Nacht Österreich": Freitag, 23.10 Uhr, ORF 2, die ersten beiden Male noch ohne das virtuelle Duell mit dem "ZDF Magazin Royale", der öffentlich-rechtlichen Spielwiese von Jan Böhmermann. Der steht erst ab 28. Jänner wieder als aktuelle Benchmark seines Genres zur Verfügung. Genau einmal, fast exakt ein Jahr zuvor, hat der Österreicher diesen Vergleich schon gut ausgehalten. Mit seiner dritten Sendung auf dem neuen Freitag-Programmplatz erzielte er die beste Reichweite und den höchsten Marktanteil aller 44 Folgen. 17 Prozent: Das war mehr als parallel der deutsche Maßstab (13 Prozent) und übertraf die übliche Höhe der heimischen Messlatte "Willkommen Österreich" von Dirk Stermann und Christoph Grissemann. Aus der naiven Sicht eines Zuschauers hätte das für Peter Klien bedeuten müssen: Aufgabe erfüllt. Doch in der Logik des ORF war es die letzte Folge.
Das verträgt einen Blick zurück im Zorn: Denn Klien, einst Außenreporter von Stermann &Grissemann, wurde auf eine schwer nachvollziehbare Odyssee geschickt. Gleich nach dem Start seines Spin-offs im Herbst 2019 war klar: Donnerstag um 22 Uhr funktioniert das nicht. "Willkommen Österreich" erzielte um diese Zeit am Dienstag doppelt so hohe Quoten. Auch der Wechsel auf Mittwoch ab Frühjahr 2020 brachte keine Besserung. Erst die Verlegung ins Freitagnachtprogramm fruchtete. Alle drei Ausgaben an diesem Termin hatten zwei-bis viermal so viel Marktanteil wie zuvor. In diesem Aufschwung war die Pausen-Begründung von Ex-ORF-Chef Alexander Wrabetz kaum nachvollziehbar: "Thema waren ja nicht Interventionen, sondern zu geringes Publikum. Mit richtigem Sendeplatz und neuem Konzept wird Peter Klien neu starten und in zwölf Jahren wie jetzt wkö 500. Sendung feiern."
Die Absetzung der Politikkritik wirkte wie ein Waffenstillstand bis zur erhofften Neuwahl zum ORF-General. Das hat Wrabetz zwar nicht geschafft, aber Nachfolger Roland Weißmann das Kuckucksei "Gute Nacht Österreich" hinterlassen. Deshalb steht Kliens Comeback unter besonderen Vorzeichen: Die Bissigkeit der Sendung besonders gegenüber den Regierungsparteien wird als erster Ausweis der Unabhängigkeit des ORF unter neuer Führung gesehen. Der Neustart als 20-Minuten-Format steht also unter guten Termin-Vorzeichen, aber schwer auszuhaltendem inhaltlichem Erwartungsdruck. Schon die Ankündigung, dem Außenreporter mehr und dem investigativen Block weniger Raum zu geben, schafft Vorurteile - auch wenn dies Klien im Vergleich zu Böhmermann besser entspricht. Der Wiener (51) ist ein ganz anderer Typ als der elf Jahre jüngere Bremer. Persönliche Vergleiche hinken zudem wegen der unterschiedlichen Stilmittel. Auch deshalb liegt der Fokus professioneller Beobachter so stark auf dem "Thema der Woche", das beide verbindet. Dieses investigative Element ist zum Kern ihrer Late-Night-Shows geworden. Deren Politikkritik und -vermittlung hat seit David Letterman und Harald Schmidt in den 1990er-Jahren enorm an Stellenwert gewonnen. Je jünger das Publikum, desto eher orientiert es sich hier statt an traditionell journalistischen Infos. Deshalb ist ein weiteres solches Format nach Stermann & Grissemann für den ORF wichtig. Auch Deutschlands quotenstärkster Sender, das ZDF, hat mit der "heuteshow" ein zweites Eisen dieser Art im Feuer. "Gute Nacht Österreich" kann vom Feigenblatt der Unabhängigkeit bis zum Wegbereiter einer neuen Digitalstrategie vieles werden. Denn Böhmermanns Kultstatus ist ohne Gefolgschaft auf Twitter (2,5 Millionen), YouTube (1,1 Millionen), Facebook (1,1 Millionen) und Instagram (900.000) schwer vorstellbar. Dass alle Folgen seiner Show langfristig in der ZDF-Mediathek abrufbar sind, ist ein weiterer Baustein. Daran hindert den ORF bisher das Gesetz. Seine Novelle ist noch länger überfällig als Kliens Late-Night-Satire.