Große Zerreißprobe für die SPÖ

Max Lercher ortete Intrige, Deutsch weist Vorwürfe zurück. Vorstandsmitglieder stützen Lercher

Das Ringen um die Zukunft der SPÖ wird offenbar mit harten Bandagen ausgetragen. Am Wochenende wurde über einen angeblichen Beratervertrag der Partei mit dem Ex-Bundesgeschäftsführer Max Lercher über 20.000 Euro berichtet. Lercher widersprach und ortete vielmehr einen Versuch darin, ihn "als Person zu beschädigen." Der jetzige Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch wies die Vorwürfe zurück, doch diverse Vorstandsmitglieder widersprachen ihm.

von
Zerstritten - Große Zerreißprobe für die SPÖ

Am Samstag berichtete die Tageszeitung "Österreich" über einen angeblichen Beratervertrag zwischen der SPÖ und ihrem früheren Bundesgeschäftsführer Max Lercher, der sich zuletzt als Kritiker der Bundespartei in Stellung gebracht hat. Laut dem Zeitungsbericht soll Lercher einen mit 20.000 Euro dotierten Beratervertrag mit der Bundespartei abgeschlossen haben.

Vertrag nicht mit Lercher persönlich

Jedoch gilt der Vertrag nicht Lercher persönlich, sondern der mehrheitlich der steirischen SPÖ gehörenden Leykam Medien AG. Deren Geschäftsführer ist Lercher seit Februar. Und in dieser Funktion habe er den Vertrag mit der Partei abgeschlossen, wurde noch am Samstag klar gestellt.

»Ich verdiene 6.000 Euro brutto als Geschäftsführer bei der Leykam«

Lercher betont, von den mit der SPÖ vereinbarten 20.000 Euro monatlich "keinen Cent" zu bekommen. "Ich verdiene 6.000 Euro brutto als Geschäftsführer bei der Leykam", sagt der SP-Politiker. Lercher - der zuletzt eine Neugründung der SPÖ angeregt hatte und als möglicher Nachfolgekandidat von SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner gilt - glaubt, dass die Geschichte lanciert wurde, um ihm zu schaden: "Es geht darum, mich als Person zu beschädigen. Aber das wird so nicht gelingen Ich werde weiter sagen, was zu sagen ist."

Inhalt des Vertrags nicht bekannt

Nicht bekannt ist vorerst der Inhalt des Vertrags zwischen der SPÖ und der Leykam. Lercher selbst gibt an, vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet zu sein. Dass Rendi-Wagner ihn nach seiner Ablöse als SP-Bundesgeschäftsführer gebeten habe, weiterhin seine Expertise einzubringen, sei aber öffentlich bekannt. Außerdem hätten auch andere Leykam-Mitarbeiter an dem Vertrag gearbeitet: "Das ist kein persönlicher Vertrag mit Max Lercher."

"Ich bin gerne bereit, wenn ich von der Verschwiegenheit entbunden werde, dass ich den Vertrag öffentlich mache. Das müsste die Löwelstraße nur tun", betont Lercher. Die SP-Zentrale will aber keine Details nennen: "Über Vertragsinhalte geben wir grundsätzlich keine Auskunft."

Leykam-Verlag läuft noch mindestens ein Jahr

Der Vertrag zwischen der SPÖ und der Leykam AG ist noch jüngeren Datums. Abgeschlossen wurde er laut einem Bericht der "Kleinen Zeitung" im Februar dieses Jahres zwischen Lercher und Drozda mit einer Laufzeit von drei Jahren. Gekündigt werden kann der Kontrakt nach 1,5 Jahren.

Das jährliche Finanzvolumen des Vertrags sind 200.000 Euro zuzüglich 20 Prozent Mehrwertsteuer. Für dieses Geld soll Leykam der SPÖ in den Bereichen "Data Management" und "Kommunalstrategie" weiterhelfen. Bei ersterem geht es etwa um Konzepte zum Daten-Schürfen oder zur zielgruppengerechten Werbung im Online-Bereich. In Sachen Kommunalstrategie soll die Leykam die Landesorganisationen koordinieren sowie ein Konzept zur optimalen Betreuung der Partei bis hin den zu den Ortsgruppen entwickeln.

Eine Tochter der Leykam war zudem (außerhalb des Grundvertrags) für die so genannte Rot-Show zuständig, die von der SPÖ in ihrem Wahlkampf in mehreren Bundesländern durchgeführt wurde, wie "Österreich" zuletzt berichtete.

Ob der Kontrakt überhaupt weiter läuft, ließ die Parteivorsitzende Rendi-Wagner heute im "Kurier" offen: "Der Bundesgeschäftsführer (Christian Deutsch) wird alle externen Verträge prüfen und auch die Möglichkeiten, diese vorzeitig zu beenden."

Sofortige Aufklärung erwünscht

Danach stellten sich am Sonntag zunächst sowohl die steirische als auch die burgenländische SPÖ hinter Lercher. Lerchers steirischer Parteichef Michael Schickhofer forderte am Wochenende "sofortige Aufklärung darüber, wer für diese Falschmeldungen verantwortlich ist". "Sollte diese Aktion wirklich aus der Partei gestartet worden sein, was ich mir ehrlicherweise nicht wünsche, muss es eine Aufklärung und Konsequenzen geben", sagte der burgenländische SPÖ-Geschäftsführer Roland Fürst in einer Aussendung. In diesem Fall müssten die Verantwortlichen gefunden und "im hohen Bogen aus der Partei geschmissen werden".

»Foul an Max Lercher aus der Löwelstrasse«

"Er polarisiert und macht sich damit nicht nur Freunde. Aber gezielt in der Öffentlichkeit seinen Ruf zerstören zu wollen, ist letztklassig", kritisierte der steirische SP-Chef Schickhofer. Der niederösterreichische Abgeordnete Andreas Kollross sprach via Twitter von einem "Foul an Max Lercher aus der Löwelstrasse". Landesparteichef Franz Schnabl wollte die Causa nicht kommentieren.

SPÖ weist Vorwürfe zurück

Die SPÖ-Zentrale wehrt sich jedoch gegen den Vorwurf, selbst hinter dem Bericht über Lercher zu stehen. "Ich weise den Vorwurf zurück, dass das aus der Löwelstraße kommt. Von der Löwelstraße geht ein einziges Signal aus: dass sie Selbstbeschäftigung ein Ende haben muss", betonte Kommunikationschef Stefan Hirsch am Sonntag auf APA-Anfrage.

Deutsch: "Ordnungsgemäß und völlig korrekt" informiert

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch meldete sich am Sonntag zu Wort und wies den Vorwurf zurück, falsch über den Vertrag informiert zu haben. In der Vorstandssitzung am Freitag sei er den Forderungen der Jugendorganisationen und einer Landesorganisation nach mehr Transparenz nachgekommen und habe "ordnungsgemäß und völlig korrekt" über die Verträge mit externen Dienstleistern informiert, schreibt Deutsch an den Parteivorstand: "Dabei habe ich u.a. berichtet, dass es einen Vertrag mit der Leykam AG gibt, der mit dem Geschäftsführer Max Lercher abgeschlossen wurde."

Mit Blick auf den "ambitionierten Sanierungskurs" der Bundespartei habe er auch darauf hingewiesen, dass sämtliche Verträge evaluiert und "unter dem Gesichtspunkt eines vorzeitigen Vertragsendes zu beurteilen" würden. Außerdem habe er in diesem Zusammenhang auch erwähnt, auf sein Dienstauto zu verzichten, betont Deutsch.

"Bewusst Lügen und Hass" in sozialen Medien verbreitet

Kritik übt Deutsch an der Debatte über die Causa in den sozialen Medien, "wo bewusst Lügen und Hass verbreitet werden". Daher werde er rechtliche Schritte prüfen lassen, so Deutsch, der im übrigen ankündigt, den Erneuerungsprozess der Partei "mit vollem Elan vorantreiben und klare Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft geben" zu wollen.

Vorstandsmitglieder widersprechen Deutsch

Doch noch am selben Abend haben Vorstandsmitglieder der Schilderung Deutschs widersprochen. Am deutlichsten wurde der Abgeordnete Mario Lindner. Er warf Deutsch vor, im Vorstand trotz Nachfrage den Eindruck hinterlassen zu haben, Max Lercher (und nicht Leykam) würde 20.000 Euro monatlich von der SPÖ bekommen. Kärntens SP-Chef Peter Kaiser verteidigt indes die Parteispitze.

»Man konnte nämlich tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass Max Lercher €20.000,- im Monat von der Partei bekommt.«

"Man konnte nämlich tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass Max Lercher €20.000,- im Monat von der Partei bekommt. Trotz Nachfrage", schilderte Lindner in einem Facebook-Eintrag die Vorstandssitzung vom Freitag. Einzig ein Kollege aus der Kontrolle habe ihm persönlich erklärt, dass ein Leistungsvertrag mit Leykam abgeschlossen wurde und Lercher kein bezahlter Berater sei. Auch SJ-Vorsitzende Julia Herr kritisierte wie schon zuvor JG-Chefin Claudia O'Brien die "verkürzte Diskussion" im Vorstand, wo wichtige Nachfragen unklar beantwortet worden seien.

Kaiser: "Törichter geht's wirklich nicht mehr"

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser übt indessen scharfe Kritik an der SP-internen Debatte. "Törichter geht's wirklich nicht mehr. Wir nutzen jede Chance, in ein Fettnäpfchen nach dem anderen zu hüpfen", sagt Kaiser im "Standard". Und: "Es kann ja nicht sein, dass jede Parteisitzung zu einer Hochrisikoveranstaltung wird, weil wieder irgendjemand Interna öffentlich weiterleitet." Dass die Parteispitze hinter der Veröffentlichung stehen könnte, hält Kaiser für ausgeschlossen und "unlogisch" und meint, das würde "absolut keinen positiven Sinn machen".

Lercher verklagt "Österreich"

Lercher hat unterdessen seinen Anwalt beauftragt, gegen die Medien "Österreich" und "oe24" Klage einzureichen. Der künftige Nationalratsabgeordnete fordert Unterlassung und Veröffentlichung eines Widerrufs. Dabei geht es um Schlagzeilen vom Wochenende, wonach er als Leykam-Vorstand eine 20.000 Euro-Gage bezogen habe.

Er sei zu dem Vorgehen "leider" gezwungen, um die Leykam Medien AG, ihre Mitarbeiter und sich selbst vor "geschäftsschädigenden Behauptungen und diffamierenden Lügen" zu schützen, schreibt Lercher auf Facebook. Die getätigten Behauptungen seien der Versuch, seinen guten Ruf zu zerstören.

Die beklagten Medien würden in den gerichtlichen Verfahren Gelegenheit bekommen offenzulegen, wer sie hier mit Falschinformationen versorgt habe. "Sollten sie - wie es ihr gutes Recht ist - sich hinter dem Redaktionsgeheimnis verstecken, müssen sie die Konsequenzen ihrer Falschberichterstattung selbst tragen", schreibt Lercher. Eine allfällige medienrechtliche Entschädigung will Lercher an "Reporter ohne Grenzen" spenden.

Für weitere Erläuterungen war der SPÖ-Politiker für die APA nicht erreichbar. "Österreich"/"oe24"-Chefredakteur Niki Fellner betonte auf Anfrage der APA, dass die Inhalte des Artikels von der zuständigen Redakteurin mit aller Sorgfalt geprüft worden seien: "Wir sind der Meinung, der veröffentlichte Artikel stimmt auf Punkt und Beistrich." Es stehe auch klar drin, dass der Vertrag mit der Leykam abgeschlossen und von Lercher gezeichnet worden sei. Sehr interessant findet Fellner, dass der Kontrakt nach wie vor nicht veröffentlicht wurde. Einer Klage sehe man jedenfalls sehr gelassen entgegen.