Moser ortet Lücken im Gesetz

Das nicht rechtskräftige Urteil gegen die frühere Grün-Mandatarin Sigrid Mauerer wegen übler Nachrede ist für Justizminister Josef Moser (ÖVP) kein Grund für Anlassgesetzgebung.

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Dennoch ortetet er am Mittwoch vor dem Ministerrat Lücken im Gesetz, was Beleidigung in digitalen Medien betrifft. "Es ist ein Thema, das jedenfalls diskutiert werden muss", sagte Moser.

Der Justizminister verwies auf die bestehende Taskforce, die derartige Tatbestände, wie etwa Cybermobbing, erörtert. Man müsse auch schauen, welche Möglichkeiten es außerhalb des Strafrechts gebe, um sich dagegen effektiv zu wehren.

Den Fall Maurers wollte Moser allerdings nicht direkt kommentieren. Er wies aber darauf hin, dass es bei dem Prozess um die Tatsache gegangen sei, dass die beleidigende Mitteilung durch die ehemalige Grün-Mandatarin öffentlich gemacht worden sei.

Edtstadler: Task-Force prüft gesetzliche Lage

In einer Reaktion auf den Fall Sigrid Mauer hat am Mittwoch Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) sexistische Belästigungen als "vollkommen inakzeptabel" bezeichnet. "Daher befasst sich die Task Force Strafrecht im Bereich Opferschutz sehr intensiv mit der Frage, wie man hier mehr Bewusstsein schaffen kann", sagte die Politikerin.

Ziel müsse es sein, die gesellschaftliche Grundeinstellung dahin zu verändern, dass niemand mehr solchen Situationen ausgesetzt ist. Und, dass von Betroffenen Hilfe und Beratung in Anspruch genommen wird. "Eine Prüfung der gesetzlichen Lage ist ebenso Thema in der Task Force", betonte die Staatssekträtin im Innenministerium.

»Frauen werden Prügel in den Weg gelegt, sind weiterhin sexistischen Anwürfen ausgesetzt und sollen das Gefühl haben, Gegenwehr ist nutzlos«

Als ein "Signal in eine falsche Richtung" hat die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Veronika Pernsteiner, das Urteil gegen Maurer bezeichnet. "Frauen werden Prügel in den Weg gelegt, sind weiterhin sexistischen Anwürfen ausgesetzt und sollen das Gefühl haben, Gegenwehr ist nutzlos", kritisierte sie laut Kathpress.

Heinisch-Hosek: Schutz vor obszönen Nachrichten nötig

Frauen brauchen Schutz vor Hass und Sexismus. Das sagte SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek am Mittwoch. "Im Fall Sigrid Maurer findet eine de facto Täter-Opfer-Umkehr statt", betonte die frühere Frauenministerin. Die SPÖ-Frauen sprachen sich für verbesserte Sanktionsmöglichkeiten gegen verbale sexuelle Belästigung aus.

Das Versenden obszöner Botschaften via SMS, Mails, Postings, Messenger-Nachrichten ist in der Praxis oft strafrechtlich nicht relevant. "Frauen sind im Internet besonders häufig mit Hass und Sexismus konfrontiert. Dagegen muss es eine klare Handhabe geben", forderte Heinisch-Hosek. "Es ist gut und wichtig, dass Frauen sich wehren. Sie dürfen dafür nicht auch noch bestraft werden."

"Prävention ist das Wichtigste"

"Das Allerwichtigste ist die Prävention - und zwar früh, spätestens in der Volksschule", betonte Dina Nachbaur, Bundesgeschäftsführerin der Opferhilfe-Organisation Weißer Ring am Mittwoch im Rahmen einer Veranstaltung zum Thema "Gewalt im Netz gegen Frauen und Mädchen". Betroffene sollten sich an Beratungsstellen wenden. Was strafrechtlich verfolgt werden könne, sei "eine politische Entscheidung".

In einer u.a. vom Weißen Ring von Sommer 2017 bis Frühling 2018 durchgeführten repräsentativen Online-Umfrage gab ein Drittel (32 Prozent) der befragten 1.018 Mädchen und Frauen an, innerhalb des letzten Jahres zumindest einmal Gewalt im Internet erlebt zu haben. Vor allem mit Beschimpfungen und Beleidigungen (23 Prozent) und sexuell anzüglichen Mitteilungen (elf Prozent) waren die Userinnen konfrontiert. "Es geht auch darum, was man im Netz von sich zeigen möchte. Das Thema ist aktueller denn je, weil man so schnell eine so große Öffentlichkeit hat. Diese Themen muss man mit den jungen Leuten besprechen", sagte Nachbauer. Wichtig sei im Fall jeglicher Gewalt auch, alles ganz genau zu dokumentieren.

Was tun bei Belästigung?

Die Nachverfolgung der mutmaßlichen Täter gestalte sich nicht leicht. "Es ist eine technische und eine rechtliche Frage, was man alles herausfinden kann", meinte Nachbaur. Anhand der IP-Adresse werde versucht, festzustellen, wer etwa hinter Nachrichten steckt. "Das ist mit großem technischen Aufwand verbunden. Man kann das auch nicht bei allen Delikten gleichermaßen ermitteln, also nicht bei jeder Art von Beschimpfung. Erst ab einer bestimmten Dringlichkeit und Gefährlichkeit, etwa bei Fällen von Grooming, wenn Männer zu Minderjährigen sexuelle Kontakte anbahnen, funktioniert das sehr schnell, dass der Name und die Adresse von demjenigen herausgefunden wird, der das war." Aufgrund der Kapazitäten müsse ein unterschiedlicher Maßstab angelegt werden. Grundsätzlich mache auch die Polizei in dem Bereich sehr viel, sowohl in Sachen Prävention als auch Beratung.

Beim aktuellen Fall der Ex-Grünen-Abgeordneten Sigrid Mauer, die obszöne Nachrichten an sie öffentlich gemacht hatte, und am Dienstag nicht rechtskräftig selbst verurteilt wurde, sei es "grundsätzlich das Problem gewesen, dass es eine Nachricht von einem Sender an eine Empfängerin war. Im österreichischen Strafrecht handelt es sich erst um eine Beleidigung, wenn es ein Mindestpublikum gibt, wenn andere Leute das wahrnehmen können", sagte Nachbaur. Auch unter den Strafbestand der sexuellen Belästigung fallen solche Nachrichten nicht. "Vom Strafrecht her war diese Nachricht, so schlimm sie auch war, nicht fassbar. Darum haben wir bei unserer Befragung nicht nur das Strafrecht einbezogen, denn es ist natürlich schwere Gewalt gegen eine Frau".

Behörden sind an Gesetzeslage gebunden

In Deutschland sei der Strafbestand der Beleidigung beispielsweise anders ausgeformt. "Da reicht eine Nachricht von einer Person an eine andere, wenn sie die Würde des Menschen verletzt", erklärte Nachbaur. Jedes andere Strafgericht könne in so einem Fall anders entscheiden, es sei die Frage, welches Strafgesetz die Basis ist. Daran seien die Behörden gebunden. "Man müsste das gut fassen und wirklich gut in einen Gesetzestext bringen", meinte Nachbaur in Hinblick auf eine mögliche Gesetzesverschärfung. "Dass es auch nicht 'nur' eine Beleidigung ist, sondern eine Beleidigung, die die Würde betrifft. Das ist eine ganz andere Dimension. Wenn das wirklich die Würde des Menschen verletzt, dass es in irgendeiner Form strafbar sein soll. Ich denke, es wäre auch eine Möglichkeit, es bei der sexuellen Belästigung unterzubringen."

»Die glauben, es ist sozusagen ihr freies Recht, dass sie auch mal ihre Meinung sagen«

Jene Täter, die sich zum Beispiel im Internet abfällig über bestimmte Personengruppen äußern und damit den Strafbestand der Verhetzung erfüllen, "denken sich einfach nicht viel dabei", sagte Nachbaur. "Die glauben, es ist sozusagen ihr freies Recht, dass sie auch mal ihre Meinung sagen. Dass man damit andere kränkt und sich auch strafbar macht, ist denen nicht im Geringsten bewusst. Wenn man aber individuell einer Frau solche Nachrichten schickt, dann ist das nicht Gedankenlosigkeit, sondern ein Frauenbild, das dahintersteckt, eine Respektlosigkeit und eine Missachtung sondergleichen."

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