Mattersburg-Bank: Doskozil räumt Überweisungsversuch ein

Der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ) hat am Montagabend eingeräumt, dass die Regionalmanagement Burgenland GmbH (RMB) versucht hat, kurz vor Schließung der Commerzialbank (Cb) Mattersburg durch die Finanzmarktaufsicht Geld abzuziehen. Der Transferversuch sei aber nicht gelungen, so Doskozil in "Burgenland heute".

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Kurz zuvor noch hatte der Landeshauptmann Berichte als "Lüge" bezeichnet, wonach die RMB, eine Tochtergesellschaft des Landes, noch vor der Bank-Schließung Geld abgezogen habe. Nach einem Gespräch mit dem RMB-Geschäftsführer am Nachmittag bestätigte Doskozil dagegen den Versuch der Behebung.

RMB-Geschäftsführer wurde tätig

Am Tag der späteren Schließung habe es bereits Gerüchte über die Bank bzw. über eine Selbstanzeige von Direktor Martin Pucher gegeben, argumentierte Doskozil. In dieser Situation hätten Personen auch fünf bis zehn Mio. Euro aus der Bank abgezogen. Der RMB-Geschäftsführer, der sein Unternehmen zu vertreten habe und auch für Steuergelder verantwortlich sei, habe es dann in den Abendstunden ebenfalls versucht.

Nachdem die Regierungsmitglieder durch die FMA von der Bankschließung informiert worden seien, habe es aber keine Hinweise durch diese Personen an die RMB gegeben, betonte Doskozil. Auch die Möglichkeit einer Abhebung habe dann nicht mehr bestasnden.

SPÖ ortet ein "ÖVP-Netzwerk"

Die SPÖ schießt sich auf ein mutmaßliches "ÖVP-Netzwerk" rund um die Bank ein. SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst formulierte mehrere Fragen in Richtung Volkspartei und forderte Landesparteiobmann Christian Sagartz, der auch Bezirksparteichef der ÖVP in Mattersburg ist, zum Rücktritt auf.

Seit kurzem wisse man, dass es bereits in den 1990er-Jahren "Machenschaften und Malversationen vom Herrn (Martin, Anm.) Pucher gegeben hat - damals noch als Geschäftsstellenleiter einer kleineren Bank der Raiffeisenbank", so Fürst. Als Raiffeisen die Bank habe prüfen wollen, sei den Revisoren "der Prüfungszutritt verwehrt" worden.

Damals habe man Pucher absetzen wollen. Dagegen ausgesprochen habe sich "mit größter Vehemenz" ein damaliger ÖVP-Funktionär, der jetzt noch nach wie vor als Vorsitzender des Aufsichtsrates fungiere. "Offensichtlich hat es damals schon dieses ÖVP-Netzwerk gegeben, das den Martin Pucher und seine Machenschaften auch geschützt hat. Hätte man damals schon adäquat reagiert, hätten wir uns vielleicht viel Leid ersparen können", meinte Fürst.

Schaden von rund 690 Mio. Euro

Momentan gehe man Medienberichten zufolge von einem Schaden von rund 690 Mio. Euro aus. Die Frage sei: "Wie kommt es soweit?" Im Aufsichtsrat der Commerzialbank - dem obersten Kontrollgremium - säßen "vorwiegend ÖVP-Funktionäre". Der Co-Vorsitzende sei "ein hochrangiger ÖVP-Wirtschaftsbund-Funktionär". In dem Gremium säßen ferner ehemalige oder aktuelle ÖVP-Gemeinderäte aus dem Bezirk Mattersburg.

Er wolle nun wissen: "Wer ist dieses Netzwerk und wer hat davon profitiert?" Die Frage sei auch: "Haben die ÖVP-Aufsichtsräte von der Sperre durch die Finanzmarktaufsicht im Vorfeld gewusst und haben sie Geld abgezogen? Wann und wie viel Geld?", so Fürst. Die ÖVP im Bezirk Mattersburg habe 3.100 Euro von der Commerzialbank erhalten. Es stelle sich die Frage: "Was war die Gegenleistung?"

"Wäre der Christian Sagartz ein SPÖ-Funktionär, hätte er längst zurücktreten müssen", sagte Fürst. "Das sind seine Funktionäre, die dort im Aufsichtsrat der Commerzialbank sitzen, die diesen Kriminalfall zu verantworten haben." Umso grotesker sei, dass es Sagartz sei, der "von Medium zu Medium läuft und eigentlich alle anderen anschwärzt".

Dass der Landeshauptmann, wie die Salzburger Nachrichten berichteten, am 14. Juli mittags von Pucher angerufen worden sein soll, der ihm mitgeteilt habe, dass er als Bankdirektor zurückgetreten sei und die Schließung der Bank bevorstehe, glaube er nicht, "weil das hätte der Landeshauptmann wahrscheinlich gesagt", meinte Fürst. Dass es einen Versuch des RMB gegeben habe, Geld abzuheben, hat Doskozil im Interview mit dem ORF Burgenland eingeräumt.

Der SPÖ-Politiker verteidigte den Versuch des Regionalmanagement Burgenland, kurz vor der Schließung der Bank noch Geld abzuheben: "Wenn das so gewesen ist, dann wäre das in der Verpflichtung eines Geschäftsführers." Es gehe nicht um private Gelder, sondern um Fördergelder aus Brüssel. Gerüchte gebe es, "unterschiedlich verdichtet", schon seit einem Jahr.

Die SPÖ habe nichts gegen einen Untersuchungsausschuss oder einen Sonderlandtag zur Bankencausa, betonte Klubobmann Robert Hergovich: "Ganz im Gegenteil, ich freue mich schon auf den Sonderlandtag." Die SPÖ werde in den nächsten Tagen noch "das eine oder andere aufzeigen".

ÖVP fordert Offenlegung der Telefonprotokolle

Die ÖVP richtete sieben Fragen an Doskozil. Sollte sich der Landeschef nicht mehr so genau daran erinnern, mit wem er kurz vor der Schließung der Bank gesprochen habe, fordere man eine Offenlegung der Telefonprotokolle Doskozils und seines Teams für den 13. und 14. Juli, so ÖVP-Klubobmann Markus Ulram.

Die ÖVP will im Hinblick auf Medienberichte wissen, warum der Landeshauptmann verschwiegen habe, dass er persönlich von Ex-Bankvorstand Martin Pucher von der bevorstehenden Schließung der Bank erfahren habe, so Ulram. Außerdem interessiert die Volkspartei, was Doskozil in der Zeit nach Erhalt der Information über die Schließung der Commerzialbank von Pucher (am 14. Juli, Anm.) zu Mittag bis Mitternacht getan habe.

Ulram warf weiters die Frage auf, ob der Landeshauptmann das RMB oder andere Institutionen bzw. Personen nach dem Gespräch mit Pucher über die Schließung der Commerzialbank informiert habe. Die ÖVP erkundigt sich in ihrem Fragenkatalog auch noch, welche Unternehmen und Institutionen im Naheverhältnis des Landes versucht hätten, vor der Schließung der Bank Geld in Sicherheit zu bringen.

Das Interesse der ÖVP gilt auch eventuellen Konten der SPÖ Burgenland bei der Commerzialbank. Ferner wird Doskozil gefragt, ob er ausschließen könne, dass weitere SPÖ-Politiker aufgrund des Skandals zurücktreten müssten. Und schließlich will man vom Landeschef wissen, ob dieser als Finanzlandesrat über die Finanzabteilung den Prüfauftrag an die TPA Wirtschaftsprüfungs-GmbH erteilt habe.

Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass die ÖVP in die Geldbewegungen kurz vor Schließung der Bank involviert gewesen sei, sagte Ulram: "Klares Ja. Die ÖVP war in keinster Weise hier involviert." Ob er auch ausschließen könne, dass von der ÖVP nahestehenden Personen Insiderinfos geflossen seien? Die Volkspartei habe niemand in den Aufsichtsrat entsandt, so Ulram. Ob "jemand im Aufsichtsrat oder der Vorsitzende" Geld verschoben habe, könne er "so nicht beantworten", stellte der Klubobmann fest.

"Tatsache ist, jede einzelne Person, die sich irgendwo etwas zuschulden kommen hat lassen, muss selbstverständlich - egal, wer das ist - Konsequenzen daraus tragen. Das ist völlig klar", sagte Ulram. "Zum heutigen Stand meines Wissens" könne er "ausschließen, dass ein ÖVP-Politiker einen Goldbarren erhalten hat". Die Volkspartei habe alle Geld- und Sachleistungen offengelegt, die sie in den vergangenen fünf Jahren erhalten habe: "Da reden wir von einem sehr kleinen Betrag, von rund 6.585 Euro gesamt."