Ein Fußtritt für die Giftwichtel!

Wussten Sie, dass die Beispiele für die skandalöse Mathe-Zentralmatura von "Item-Writern" gebastelt wurden? Egal: Minister Faßmann hat sie gefeuert, und dafür gebührt ihm eine Ovation.

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Der war einmal jemand, der Rechnungshof. Mein unsterblicher Freund, der News-Herausgeber Alfred Worm, befestigte mit Hilfe dieser verstörend unerreichbaren, namen- und gesichtslosen Behörde seinen Ruf als einer der großen Journalisten an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert. Wenn Worm eines Rohberichts habhaft wurde, und er bekam alle, erstarrten Gerechte wie Bösewichter. Denn wer weiß sich schon ohne Schuld? Was heute Whistleblower sind, war Worm, aber auf dem Niveau eines Könners sondergleichen. Und so stürzten, einer nach dem anderen, die Verschlamper, Einstecker und Veruntreuer. Denn der Rechnungshof glaubte an die Zahl als Höchstinstanz, und das ging auch immer gut. Nur in einem Bereich nicht: wenn es um Kunst ging, um den Großbereich von Kreativität und Bildung, um alles, was sich nicht unter dem Strich bilanzieren lässt. Als er der Josefstadt anlässlich einer Finanzkrise empfahl, mit dem schwer verkäuflichen modernen Zeug aufzuhören und lustige Zweipersonenstücke in Einheitsdekoration zu spielen, da ging über der Branche die Sonne des Gelächters auf.

Warum ich mich hier so weit von meinem Fach entferne? Weil sich der Rechnungshof wieder einmal verrechnet hat, und zwar im Fall der dringender Notmaßnahmen bedürftigen Zentralmatura im Fach Mathematik.

Sie erinnern sich: Das zuständige Gremium pragmatisierter Giftzwerge hatte sich heuer, gegen Minister Faßmanns ausdrückliche Weisung, besonders miese, verrätselte, dem Scheitern verschriebene Maturaangaben entsteißt. Hätten die Corona-Maßnahmen nicht Schlimmeres verhindert, wären mehr als 20 Prozent durchgefallen. Und ausgerechnet diesen Superspreadern beamteter Niedertracht, denen auch ein zweifelhafter Mathematik-Hobbyclub zuarbeitete, wollte der Rechnungshof nun auch noch die Korrektur der Maturaaufgaben zentral übertragen. Um endlich Gerechtigkeit in der Ungerechtigkeit, endlich Chancenlosigkeitsgleichheit herzustellen.

»Ein nötiger Schritt gegen Bürokraten und für mündige Lehrer wurde vollzogen«

Es könnte ja ein empathischer Lehrer einem fleißigen, begabten Schüler helfen, so wie es heuer mit der Einbeziehung der Jahresabschlussnoten schon realiter der Fall war. Den Zwergen war damit der Giftzahn gezogen, denn wer das Jahr über ordentlich gelernt hatte, konnte die kommissionellen Emissionen wie psychiatrische Fallstudien aus amüsierter Distanz genießen. Dass Faßmann das aus der Not entstandene Verfahren institutionalisieren will, ist ihm hoch anzurechnen. Fast so hoch wie seine entschiedene Ablehnung des vom Rechnungshof unterbreiteten Vorschlags: Der mündige Lehrer bleibt im Spiel, die Bürokraten werden ihre Finger von den Kindern lassen.

Für nichts aber verdient Faßmann solche Ovationen wie für den kollektiven Fußtritt, mit dem er die Giftzwergenkommission gefeuert hat. Er hat ihr außerdem deutlich die Meinung gesagt, und jetzt haben es hoffentlich auch die Neuen begriffen. Bei den Alten allerdings fehlt es noch an der Erkenntnis, die ehrlicher Reue stets vorausgeht. Hat doch eine Mathematikerin, die an der katholischen Privatuniversität Wien/Krems dem Herrn dient, dem Minister harsche Einwendungen zukommen lassen. Das einzig Erwähnenswerte an der Wortmeldung ist die mit ihr verbundene Enthüllung, dass die Dame als Referatsleiterin bis Februar 2019 selbst die Oberaufsicht über die "Item-Writer" innehatte (so heißen die Aufgabenersteller für die Matura im Analphabeten-Pidgin). "Gemeine Unterstellungen" seien es, den "Item-Writern" gruppendynamische Prozesse nachzusagen. Mit den Aufgaben sei alles in Ordnung gewesen, nur seien die Lehrer zu dumm, die amtlichen Erleuchtungen zu kommunizieren. Da wird Seine Magnifizenz, der Himmelvater, aber mit gerunzelten Brauen auf seine akademische Hilfskraft herabblicken.

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