"Bild" gibt Hofer Schuld
an Zeitumstellungs-Debakel

"Dösi-Ösi" sei es gelungen, "alle Dynamik des EU-Vorzeigeprojekts" abzuwürgen - Hofer wehrt sich

"Verschnarcht die Europäische Union die Abschaffung der nervtötenden Zeitumstellung?", das fragt sich die deutsche "Bild"-Zeitung in ihrer Online-Ausgabe und gibt die Schuld dafür Österreich und Infrastrukturminister Norbert Hofer. Dieser wehrt sich nun und erklärt gegenüber news.at seine Sicht der Dinge.

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Massive Kritik - "Bild" gibt Hofer Schuld
an Zeitumstellungs-Debakel

Es hätte einmal so funktionieren können, wie man sich europäische Politik vorstellt, schreibt die "Bild"-Zeitung in einem Bericht über den nun verschobenen Gesetzesbeschluss zur Zeitumstellung. Doch was kam dazwischen?

"Vorzeigeprojekt abgewürgt"

Die österreichische Ratspräsidentschaft, so schreiben die Autoren Albert Link und Fritz Esser. Unter dieser sei "tatsächlich das Kunststück gelungen, alle Dynamik des EU-Vorzeige- und Symbolprojekts abzuwürgen" und es "in einen zählen Brei aus Koordinierungs- und Abstimmungsverfahren zu verwandeln", urteilt die Zeitung.

Federführend bei den, wie die Zeitung schreibt, "Dösi-Ösis" sei Verkehrs- und Infrastrukturminister Norbert Hofer. Zuerst hätte er noch geprahlt, sich "massiv" dafür einzusetzen, dass die Zeitumstellung abgeschafft würde, doch bei dem "deaströsen" Gipfel in Graz seien dann die Probleme aufgeblasen statt gelöst worden. Und nun würden mehrere Länder Beweise für die Vorteile einer solchen Abschaffung verlangen.

Hofer eingeknickt

Hofer sei eingeknickt, denn statt dafür einzutreten, verkündete er, man müsse sich Zeit nehmen, schreibt das Blatt weiter. Das einzig Positive, das die Autoren sehen, ist, dass das Ende der österreichischen Ratspräsidentschaft "absehbar" sei, wenn auch die Hoffnungen, dass Nachfolger Rumänien den Prozess in Schwung bringe, eher begrenzt seien.

Hofer wehrt sich gegen Bericht

Hofer selbst wehrte sich umgehend gegen die harsche Kritik. "Das stimmt alles nicht, wir haben alles versucht, um das Problem zu lösen", sagt seine Pressesprecherin. Es handle sich um eine völlig falsche Faktenlage, die hier dargestellt würde, und sei bereits in Verbindung mit der "Bild"-Zeitung, um eine Richtigstellung zu erwirken.

Dass Österreich beim EU-Gipfel in Graz Ende Oktober eingeknickt sei und verantwortlich dafür, dass die Zeitumstellung nicht 2019, sondern erst 2021 beendet sein soll, stimme laut Bundesminister Norbert Hofer nicht.

»Von Verschnarchen kann keine Rede sein«

"Die Ergebnisse der europaweiten Umfrage zur Zeitumstellung wurden erst im September 2018 bekannt gegeben – da war Österreich bereits im dritten Monat der Ratspräsidentschaft. Wir haben diesen Vorschlag sofort aufgegriffen und ihn auch im Rahmen des informellen Rates der Verkehrs- und Umweltminister in Graz Ende Oktober erstmals auf politischer Ebene diskutiert. Von Verschnarchen kann also keine Rede sein", sagt er dazu.

Die Fakten zur Zeitumstellung laut Ministerium

  • Bei der Zeitumstellung handle es sich um nationalstaatliche Kompetenz – das Vorsitzland im EU-Rat kann keine Entscheidung über die Köpfe der einzelnen Mitgliedsstaaten hinweg fällen. Im Rahmen der Diskussion beim informellen EU-Verkehrsministerrat in Graz wurde das Thema ausführlich behandelt und damit für die weitere Umsetzung auf Schiene gebracht. Auch wenn sich die Mehrheit der Mitgliedsstaaten für ein Ende der Zeitumstellung ausgesprochen habe, gebe es noch eine Vielzahl an Dingen, die in und zwischen den Ländern zu klären sind:
  • Der Zeitplan (Umsetzungsfrist 1.4.2019) der Europäischen Kommission (EK) wurde als zu knapp eingestuft; die Mitgliedsstaaten sehen die Notwendigkeit für mehr Zeit für Konsultationen vor allem mit Stakeholdern aus dem Transportsektor (insb. Luftfahrt), für Diskussionen des generellen Meinungsbildes im jeweiligen Mitgliedsstaat und im Verhältnis zu Nachbarstaaten sowie letztlich für nationale Legislativprozesse. Viele Mitgliedsstaaten fordern von der EK eine umfassende Folgenabschätzung (das merkte jüngst auch das Europäische Parlament an).
  • Die größten Bedenken bestanden aber hinsichtlich der Gefahr eines übereilten Beschlusses mit dem Risiko, dass es in Europa zu einem "Zeit-Fleckerlteppich" kommt.
  • Österreich hat das Thema Zeitumstellung im Rat verhandelt und aufgrund des erhöhten Zeitbedarfs der Mitgliedsstaaten einen Koordinierungsprozess initiiert. Damit wurde ein Koordinationsprozess auf europäischer Ebene in Gang gesetzt, um künftig eine Harmonisierung der Uhrzeit zu gewährleisten.

Eigenlob und Lockerheit

Abschließend stellt Bundesminister Norbert Hofer seinen Standpunkt abermals klar: "Ich habe in der Vorwoche mit EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc telefoniert. Aus ihrer Sicht zählt die österreichische EU-Ratspräsidentschaft zu den erfolgreichsten seit dem Beginn ihrer Amtszeit im Jahr 2014. Dieses Lob gebührt auch meinem gesamten Team im BMVIT und auf EU-Ebene. Übrigens bin ich der Bild-Zeitung nicht gram, sie wurde offenbar falsch informiert."