Parallelschwung
ins große Glück

Nach dem erfolgreichsten Winter seiner Karriere geht Marcel Hirscher als Rennläufer in die Verlängerung - als Ehemann und Vater. Seine frisch angetraute Frau Laura ist ihm dabei die größte Stütze. Die Geschichte des Salzburger Power Couples

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Marcel & Laura - Parallelschwung
ins große Glück

Selten war der Andrang der Journalisten größer. Und das liegt nicht nur an der malerischen Location, dem Schloss Fuschl. Nach einer dreimonatigen "Medienpause" will sich Ski-Superstar Marcel Hirscher beim traditionellen Sommergespräch der Salzburger Tourismusgesellschaft erklären, ob und wie es mit seiner sportlichen Karriere weitergeht.

Ja, der Doppelolympiasieger von Pyeongchang hat wieder mit dem Aufbautraining für die WM-Saison 2018/19 begonnen. Ja, nach dem derzeitigen Stand der Dinge wird der beste Skirennläufer des letzten Jahrzehnts beim Weltcup-Auftakt am 29. Oktober an den Start gehen. Es sei denn, die privaten Veränderungen in seinem Leben führen noch zu einem Umdenken. Marcel Hirscher: "Bevor ich mich zu hundert Prozent dafür entscheide, weiterzufahren, muss ich noch einige Rahmenbedingungen klären." Der 29-jährige Salzburger ist nämlich seit Kurzem verheiratet und erwartet gemeinsam mit seiner frisch angetrauten Frau Laura Mitte September das erste gemeinsame Kind -rechtzeitig vor dem ersten Weltcup-Rennen.

Traumhochzeit auf Ibiza

Eigentlich wollten sie den schönsten Tag in ihrem Leben daheim in Annaberg feiern. Aber "dann wurde uns allerdings erst klar, für wie viel Aufsehen das sorgen würde", sagt Hirscher über die Traumhochzeit mit seiner langjährigen Lebenspartnerin Laura, geborene Moisl. Den Bund fürs Leben haben die beiden dann Mitte Juni auf der Baleareninsel Ibiza geschlossen -im allerengsten Familienkreis. Im September macht die Geburt des ersten Kindes das Glück schließlich perfekt. Es ist die ultimative Krönung eines Jahres, in dem das Salzburger "Power Couple" gemeinsam alle Höhen und Tiefen eines Weltklassesportlers im ständigen Fokus der Öffentlichkeit durchlebt hat. Eine mehr als aufregende Olympiasaison, die mit einer schweren Verletzung begonnen und in einem wahren Triumphzug endete, sportlich wie privat.

Der Olympia-Triumph

Am ersten Trainingstag auf dem Mölltaler Gletscher brach sich Marcel Hirscher am 17. August 2017 bei einem Einfädler den linken Knöchel. Jetzt war nicht nur der Start bei den Olympischen Spielen in Südkorea in Gefahr, sogar die weitere Karriere des weltbesten Skirennläufers stand auf dem Spiel. Kurios: Zwei Wochen vor Hirschers folgenschwerem Trainingsunfall brach sich auch Laura den Mittelfußknochen. "Perfektes Timing", erinnert sie sich mit einem Lächeln: "Wir sind beide mit den Krücken herumgehumpelt. Wir wussten nicht, wer denn jetzt wen mehr bemitleiden soll."

Dreieinhalb Monate später, beim Riesentorlauf von Beaver Creek am 3. Dezember, war der Salzburger zurück auf dem Siegerpodest - und von da an nicht mehr zu bremsen. Am Ende holte Marcel Hirscher zum siebenten Mal in Serie den Gesamtweltcup (einsamer Weltrekord), zog mit insgesamt 13 Saisonsiegen mit den bisherigen Rekordhaltern Ingemar Stenmark und Hermann Maier gleich und erfüllte sich in Pyeongchang als Doppelolympiasieger den sportlichen Lebenstraum. Was damals niemand ahnte: Laura war während der Olympischen Spiele bereits schwanger.

Am 14. Mai teilten die werdenden Eltern via Instagram ihr Glück mit einer erstaunten Öffentlichkeit: "The real adventure starts right now. Das wahre Abenteuer beginnt genau jetzt." Auf dem Foto zu sehen sind vier Hände, die zwei Babyskischuhe halten. Pumba und Timon, die zwei Hunde der Hirschers, schauen interessiert zu. Auf ihrem Instagram-Account (@lauramaeusl, 50.000 Abonnenten) gewährte die nunmehrige Laura Hirscher wenig später Einblick in ihre Gefühlswelt während der ersten Zeit der Schwangerschaft: "Die ersten drei Monate waren ganz schlimm. Grad Südkorea war der reine Horror. Aber mittlerweile ist es fast komplett vorbei, hab bis auf ständiges Klogehen keine Beschwerden."

Und sie wehrt sich heftig gegen frei erfundene Geschichten in den Medien und die darauf folgenden Vorwürfe im Internet, sie würde die Gesundheit ihres ungeborenen Babys aufs Spiel setzen, weil sie weiter ihr regelmäßiges Crossfit-Programm durchziehe und sogar die Teilnahme an einem Triathlon plane: "Zu behaupten, ich würde allen Ernstes aktuell für einen Ironman trainieren, ist an den Haaren herbeigezogen. In Abstimmung mit Ärzten und Hebammen ist alles okay, solange es mir gut geht, denn der Körper ist und bleibt hierbei der wichtigste Indikator. Eine Schwangerschaft ist eine aufregende Zeit. Und wenn wir Frauen gerade da nicht mehr das Recht haben, in uns selbst reinzuhören und selbst zu bestimmen, wann es uns gut geht und wann nicht, wann dann?!#pregnanttraining."

Eine selbstbewusste Frau

Wer ist diese selbstbewusste, 1,80 Meter große 29-jährige Frau mit der Modelfigur, die seit über zehn Jahren nicht mehr von der Seite des Skistars weicht? Laura Hirscher ist die Tochter von Veronika und Leo Moisl, die in Abtenau im Lammertal ein familieneigenes "Genuss-und Vitalhotel mit Herz" mit 120 Betten betreiben. Nach der Matura in Salzburg hat sie an der renommierten Ludwig-Maximilians-Universität München und an der Universität Salzburg Kommunikationswissenschaften studiert. Das Thema ihrer Masterarbeit: "Einzelsportlersponsoring im Österreichischen Skiverband". Kurz spekulierte sie sogar mit einer akademischen Laufbahn an der Universität. Aber parallel zum Studienabschluss absolvierte sie dann ein Grafik-Design-Kolleg des Berufsförderungsinstituts. Nach diversen Praktika und der Mitarbeit in der Salzburger Industrie-Designagentur Kiska arbeitet Laura Hirscher jetzt seit 2015 als selbstständige Grafik-Designerin. Der Grund: So lässt sich ihrer Meinung nach das Leben an der Seite eines Spitzenathleten, der nicht nur im Winter ständig unterwegs ist, am besten organisieren, ohne auf die eigene Berufskarriere und Familienplanung zu verzichten.

Schon als Jugendliche sind sich Laura und Marcel Hirscher ständig über den Weg gelaufen. Zwischen Annaberg-Lungötz, wo Hirschers Eltern, Sylvia (eine gebürtige Niederländerin aus Den Haag) und Ferdinand, zu Hause sind, und Abtenau, dem Heimatort der Moisls, liegen gerade einmal acht Kilometer Luftlinie. Theoretisch kennen einander die beiden seit ihrer Kindheit, erinnert sich Laura Hirscher. Sie haben sich im gleichen Freundeskreis bewegt, waren gemeinsam beim Judotraining, im gleichen Reitstall oder auf Partys. Endgültig gefunkt hat es aber erst nach einer längeren wechselseitigen Beobachtungsphase zu einem Zeitpunkt, als Marcel Hirscher gerade auf dem Sprung an die Weltspitze war. Mit dem Skirennsport habe sie bis dahin eigentlich nichts anfangen können ("Kein Scherz, ich kannte den Unterschied zwischen Riesentorlauf und Slalom nicht, bin selbst auch nicht Ski gefahren"), erzählt Laura. Heute spielt sie eine wichtige Rolle im "Team Hirscher", begleitet Marcel zu fast allen Rennen.

Privat bleibt privat

Früh haben die Hirschers begonnen, ihr Privatleben vor allzu neugierigen Blicken der Öffentlichkeit zu schützen. Polsterschlachten im gemeinsamen Hotelzimmer, wie sie am Beginn der Weltkarriere des Skistars noch für die Fotografen inszeniert wurden, sind heute streng tabu. Trotzdem lässt Laura über ihren Instagram-Account die Fangemeinde ihres Mannes an ihrem Leben ein wenig teilhaben. Als Marcel Hirscher (dank seiner Mutter österreichischniederländischer Doppelstaatsbürger) zum Beispiel am vergangenen Sonntag auf dem Red Bull Ring in Spielberg seinem "halben Landsmann" Max Verstappen die Siegertrophäe für den Österreich Grand Prix überreichte, postete Laura ein Foto, das sie mit den beiden Hunden am idyllischen Gosausee zeigt: "Regenerations- Sonntag. #buddysontour". Auf den dringenden Wunsch eines Followers, sie möge doch bitte auch Fotos von der Hochzeit auf Ibiza veröffentlichen, antwortet sie höflich, aber bestimmt: "Leider nein -diesen Tag möchten wir nur für uns haben. Bitte nicht übelnehmen."

»Es geht mir um den Spaß am Skifahren, nicht um neue Ziele«

Dass Marcel Hirscher jetzt die Fortsetzung seiner Rennläuferkarriere um zumindest ein weiteres Jahr ankündigt, kommt nicht wirklich überraschend. Bereits Ende März hat er den Vertrag mit seinem Langzeit-Ausrüster Atomic bis 2020 verlängert, allerdings mit einer Ausstiegsklausel. Auch die Gespräche mit Raiffeisen über eine weitere Partnerschaft verlaufen positiv, wird kolportiert.

Aber welche sportlichen Ziele verfolgt einer noch, der bereits alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt, und der mit seinen sieben Gesamtweltcupsiegen einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt hat? Marcel Hirscher: "Es geht darum, Spaß am Skifahren zu haben. Es geht mir gar nicht darum, neue Ziele und Herausforderungen zu suchen, die Freude am Skifahren reicht mir, und wenn die da ist, dann steht einer weiteren Saison nichts im Wege."

Dieser Artikel ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 28/2018 erschienen.