"Ohne China würde es
gar kein Nordkorea geben"

Börsenexperte Marc Faber über US-Präsident Donald Trump, Nordkorea und ein "peinliches" Missgeschick in Sachen Bitcoins.

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Marc Faber - "Ohne China würde es
gar kein Nordkorea geben"

Investor Marc Faber ist für seine klaren Worte und Crash-Szenarien bekannt. Nicht ohne Grund wird er daher auch "Dr. Doom" - zu Deutsch: Dr. Untergang - genannt.
Der 71-jährige Schweizer trägt immer einen kleinen Goldbarren mit sich herum. Sein Ratschlag, einen Teil des Vermögens in Gold zu halten, ist seinem Misstrauen gegenüber Papiergeld geschuldet.

Marc Faber wohnt seit einiger Zeit außerhalb von Chiang Mai im Norden Thailands und beobachtet die Finanzmärkte von einem anderen Blickwinkel aus.

Herr Faber, Sie sind bekannt für ihre düsteren Prognosen - wann kommt denn der nächste Crash?

Wir wissen nicht genau, wann der nächste Crash kommt und ob es ein Crash sein wird oder ein langsames Abbröckeln von Vermögenswerten. Welche Vermögenswerte fallen, welche steigen, das wissen wir nicht. Denn die Märkte sind ja heutzutage von den Notenbanken manipuliert.

Was meinen Sie damit?

Die Notenbanken haben Geld wie verrückt gedruckt und ich nehme an, falls die Vermögenswerte im Preis fallen, dass sie weiterhin Geld drucken werden. Und dann ist es auch denkbar, dass die Vermögenswerte zwar nicht nominal fallen, aber das sie real, mit anderen Worten, verglichen mit den Lebenskosten, im Wert nicht steigen.

Richtet sich ihre Kritik damit also auch an EZB-Chef Mario Draghi?
Draghi ist der größte Gelddrucker! Die Federal Reserve hat in den letzten zwei Jahren kein Geld mehr gedruckt. Sie haben die Zinsen tief gelassen, aber ihre Bilanzsumme haben sie nicht erhöht. Währendddessen hat man sie in Japan oder Draghi bei der EZB ihre wesentlich erhöht, mit dem Resultat, dass die Bank of Japan eine größere Bilanzsumme aufweist, als die Bilanzsumme der Federal Reserve.

Könnten Sie das ausführen?
Nach 2008 haben die Amerikaner zuerst Geld gedruckt und haben es dann langsam reduziert, aber dann kamen die Japaner und die Europäer und wenn die Europäische Notenbank Geld druckt, passiert das Folgende: Sie gehen in den Markt und kaufen Obligationen – Staatsobligationen aber auch Unternehmensobligationen – und dann werden diese Obligationen von einer Versicherungsgesellschaft, einem reichen Privatanleger oder einer Pensionskasse verkauft. Die Pensionskasse kriegt also Geld von der EZB, weil die EZB kauft ihnen die Obligationen ab. Mit diesem Geld können dann die Versicherungen Anlagen vornehmen. Bonds von Italien oder Spanien müssten eigentlich eine viel höhere Rendite abwerfen als US-Staatsanleihen, da sie offensichtlich ein höheres Risiko mit sich bringen. Aber tatsächlich bringen die Treasuries höhere Renditen. Das zeigt, wie sehr die Interventionen der Notenbanken die Märkte schon verunstaltet haben.

Und was wird ihrer Ansicht nach passieren?
Die Frage ist, was machen die Notenbanken? Werden sie weiterhin ihre Bilanzsummen erhöhen oder nicht? Da müssen sie die Notenbanken anrufen und fragen, die entscheiden das und nicht Marc Faber. Leider (lacht).

»Trump ist ein Typ, der wirklich keine Ahnung hat«

Sie haben in einem Interview den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama und den Ex-Fed Chef Ben Bernanke als "Clowns" bezeichnet. Wie fällt ihr Resümee zu Donald Trump und Janet Yellen aus?
(lacht) Obama und Bernanke waren Clowns. Bernanke hat zwar alles falsch gemacht, aber in einem Augenblick hat er richtig gehandelt. Und das war in der Krise 2008/2009. Da hat er das Finanzsystem praktisch gerettet in dem er große Liquiditäten zur Verfügung gestellt hat. Wobei man natürlich die philosophische Frage stellen könnte, ob es das wert war, den Finanzbereich zu retten oder nicht.

Es hat auch Folgen gehabt, die nicht beabsichtigt waren: Die Schuldenlast im Vergleich zu dem Welt-Bruttoinlandsprodukt ist heute wesentlich höher als 2007 und die expansive Geldpolitik hat es den Regierungen erlaubt, noch größer zu werden und noch mehr Bestimmungen zu erlassen, die das Wachstum eigentlich hemmen.

Und wie fällt ihr Urteil zu Trump aus?

Trump ist ein Typ, der wirklich keine Ahnung hat. Aber ich hätte ihn gewählt, weil der Clinton-Clan, meiner Ansicht nach, korrupt ist. Ich habe keine hohe Meinung von Trump was seinen Intellekt betrifft. Er ist natürlich nicht wie Reagan. Reagan war ein Mann, der hat sich was überlegt.

Die Umsätnde waren aber auch unterschiedliche...
Ja, das stimmt. Reagan wurde 1981 zum Präsidenten gewählt, da war die Verschuldung von Amerika noch nicht so schlimm wie heute. Die Ausgangslage von Mr. Reagan war wesentlich besser, als die von Mr. Trump.

Bleibt noch Janet Yellen...
Janet Yellen ist nicht besonders intelligent. Sie war von 2004 bis 2007 die Präsidentin der Federal Reserve von San Francisco. Die Federal Reserve von San Francisco war verantwortlich für den Finanzmarkt in Kalifornien, Arizona, Nevada usw. Das waren die Staaten, die die größte Immobilienblase hatten – Las Vegas, Houston, Phoenix. Sie war für diese Bereiche verantwortlich und hat nicht gesehen, dass da gewaltige Übertreibungen stattgefunden haben.

Im Wahlkampf hat Donald Trump gegen China gepoltert. Hat der Westen denn ihrer Meinung nach eine Chance im Wettlauf gegen China?
Ich glaube die Fragegestellung ist nicht ganz richtig. Man sollte es nicht als einen Wettlauf betrachten, sondern als Möglichkeiten, die sich eröffnen, die es früher nicht gab. Ja, es gibt gewisse Bereiche, in denen China vermutlich dominieren wird; aber wenn Sie beispielsweise BMW, Audi, VW oder Mercedes betrachten, die haben sich ja einen gewaltigen Markt in China erarbeitet.

»Mit Anthropologie, Philosophie und Sozialwissenschaften den Kopf vollgestopft, aber gelernt haben sie nichts«

Wie sieht das in Asien aus?
Hier in Asien hat sich das ganze Wirtschaftsgewicht nach China verlagert. Es hängt nicht mehr von Amerika ab, sondern von China. Die Ausfuhr von Asien nach China ist größer ist als die Ausfuhr nach Amerika.

Eine Vergrößerung der Märkte, erhöht natürlich die Konkurrenz
Ja. Wie sich das aber alles entwickeln wird, wissen wir nicht. In den USA hat beispielsweise eine chinesische Firma eine Produktion eröffnet. Da werden Tshirts von Robotern hergestellt. Der Kunde kann diese dann für rund 95 Cent kaufen. Da wird es dann natürlich schwierig für Arbeitskräfte in Konkurrenz zu treten.

Sind Roboter eine Konkurrenz für den Arbeiter?
Ungelernte oder schlecht ausgebildete Arbeiter sind großem Druck ausgesetzt. Deutschland wie auch die Schweiz haben in dieser Beziehung einen Vorteil: Hier gibt es viele technische Hochschulen, die Fachleute ausbilden. Das gibt es in Amerika weniger. Und das ist ein Problem des amerikanischen Arbeitsmarktes. Er ist eigentlich relativ stark, aber viele Firmen können die Stellen, die sie besetzen wollen nicht besetzen, weil die Leute nicht genügend qualifiziert sind. Die waren an einer dummen Universität und haben sich mit Anthropologie, Philosophie und Sozialwissenschaften den Kopf vollgestopft, aber gelernt haben sie nichts.

»„America First“ ein guter Wahlkampfslogan«

Trumps Slogan lautet "America First". Was steckt hinter dieser Form des Protektionismus?
Ich glaube, das muss man so interpretieren: Trump hat den Wahlkampf eröffnet. Ich glaube kaum, dass er am Anfang geglaubt hat, dass er Präsident werden würde. Damit das möglich wurde, musste er Stimmen erhalten, von Menschen, die von der Wirtschaftserholung seit 2009 nicht profitiert haben. Da war der Slogan „America First“ ein guter Wahlkampfslogan. Für die Miseren in Amerika die Chinesen verantwortlich machen, oder die Mexikaner, war natürlich auch beliebt unter gewissen Leuten.

Und jetzt?
Jetzt merkt er plötzlich, die amerikanische Wirtschaft hängt von der Einfuhr von chinesischen Produkten ab. Denn die Chinesen produzieren Sachen, die in Amerika gar nicht mehr hergestellt werden.
Und bisher hat Trump keinen Vorsatz oder Vorschlag, den er während des Wahlkampfes gesagt hat, eingeführt. Er sagte, wir haben nichts in Syrien und Afghanistan zu suchen. Was hat er gemacht? Die Truppen in Syrien und Afghanistan aufgestockt.

Im Laufe der Zeit haben sich immer mehr Wirtschaftsberater von Trump distanziert. Angenommen, Sie würden Trump beraten, was würden Sie ihm raten?
Ich bin kein amerikanischer Politiker. Wie man navigiert im Dreck und der Korruption von Washington weiß ich nicht genau.
Ein Problem von Trump ist es, dass er Sachen äußert ohne tiefgehender nachzudenken. Im Wahlkampf hat er die Wall Street angegriffen. Und was jetzt? Er hat schon drei Leute von Goldman Sachs in seiner Administration. Das ist natürlich nicht sehr günstig.

Ihr Tipp?
Grundsätzlich würde ich ihm anraten: Wofür er gewählt wurde, diese Programme, die er vorgeschlagen hat, wirklich durchzusetzen. Aber das kann er nicht. Zum Teil wegen des Kongresses oder weil er es nicht will. Er hat auch gesagt wir schaffen Obamacare ab. Was ist passiert? Jetzt haben sie das ersetzt mit einem anderen Programm, das wahrscheinlich noch teurer sein wird. (lacht)

»Goldman Sachs bestimmt, was passiert«

Wird Donald Trump bis zum Ende seiner Legislaturperiode Präsident bleiben?
Das glaub ich schon. Ob er 2020 wiedergewählt wird, weiß ich nicht. Er wäre dann auch schon 75 Jahre alt sein. Ich bin jetzt 71 und möchte nicht so viel arbeiten müssen wie ein amerikanischer Präsident (lacht).
Außer er wird ermordet, das wäre eine Option. Abgesehen davon, wird er es durchhalten aber er wird gar nicht viel Macht haben.

Was meinen Sie damit?
Die Außenpolitik hat er praktisch bereits dem Militär übergeben. Wenn Sie die Zusammensetzung des Kabinetts anschauen, dann hat sich die Macht verschoben.
Was die Wirtschaftspolitik anbelangt, liegt die Macht jetzt bei den Goldman Sachs Leute. Die bestimmen praktisch was passiert. Am Schluss ist er wie Obama eine Clownfigur und hinter ihm werden die Entscheidungen getroffen.

Donald Trump ist als US-Präsident der Oberbefehlshaber der Armee, wie wird er im Bezug auf Nordkorea agieren?
Es wird viel gesprochen und viel getweetet, aber wenn man sich das so anschaut, dann kann er ja gar nicht viel machen. Es ist eine Illusion zu glauben, dass es um Nordkorea geht.

Um was geht es dann?
Nordkorea wird zu 100 Prozent von China unterstützt. Die Politiker sagen das dem Volk nicht, weil sie nicht den Mut haben, China anzugreifen. Die Tatsache ist: Ohne China würde es gar kein Nordkorea geben. Die Angriffe sind gar keine Angriffe, es sind Tests, die Nordkorea durchführt; die haben sich intensiviert nachdem Amerika die Chinesen und die Nordkoreaner provoziert hat, indem sie das THAAD-Raketensystem in Südkorea stationiert haben. Das war aus chinesischer Sicht ein Angriff auf China.

»Ich würde sämtliche Immigration nach Europa sofort unterbinden, auf Null«

Der US-Präsident hat angekündigt, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Eng mit dem fortschreitenden Klimawandel ist das Problem der Armutsbekämpfung verknüpft...
Es gibt hier viele Ansichten, dass der Klimawandel ein Blödsinn ist und dass es immer wieder Perioden gibt, in denen sich das Klima etwas erwärmt und dann wird es wieder kühler. Das weiß ich nicht.
Bleiben wir beim Thema Armut bzw. bei der Armutsbekämpfung. Welchen Weg halten Sie hier für nachhaltig: Transferprogramme, Hilfe zur Selbsthilfe...?
Fest steht aber: Ich bin gegen multinationale Organisationen wie die Weltbank, IWF oder die UN. Die fördern die Korruption ganz gewaltig. Selbsthilfe ist hier das Stichwort. Freie Unternehmen, freie Märkte, das braucht es. Es gibt keinen Kontinent, dem man so viel Hilfe gegeben hat wie Afrika. Afrika steht zwar heute etwas besser da als vor 10 oder 20 Jahren. Aber die Menschen sind genauso arm wie vorher. Und wenn es den Leuten so gut ginge, wie gewisse Berichte sagen, weshalb haben wir dann diesen Flüchtlingsstrom aus Europa? Ich würde sämtliche Immigration nach Europa sofort unterbinden, auf Null. Und dann Leute reinlassen, die arbeiten wollen und nicht Leute reinlassen, die von den Sozialversicherungen und Leistungen profitieren wollen. Das hat Milton Friedman ganz richtig gesagt. Immigration für Leute, die arbeiten wollen, aber nicht für Leute, die nach Amerika kommen um das System zu missbrauchen.

Und wie wollen Sie das prüfen?
Wenn jemand ankommt und keine Papiere hat, zurückschicken. Volle Dokumentation von jedem verlangen, der nach Europa kommt und auch eine Begründung.

Machen wir einen harten Schnitt. Nicht nur in Österreich wird die Abschaffung des Bargeldes heiß diskutiert. Wie sehen Sie die Zukunft des Papiergeldes?
Das Bargeld in seiner jetzigen Form wird eines Tages abgeschafft. Wie das ersetzt werden soll, ist mir aber nicht klar. Und wie das in vielen Ländern umgesetzt werden soll auch nicht. Die Leute in Indien beispielsweise, wo nur rund 20% der Bevölkerung ein Bankkonto haben, da wäre es schwer das Bargeld abzuschaffen.
Aber was interessant ist, ist dass der Markt gar nicht so dumm ist...

»Habe den Boom der Kryptowährungen verpasst«

Inwiefern?
Der hat „gerochen“, dass die Notenbanken das Bargeld abschaffen wollen, aus verschiedenen Gründen, und dann sind Kryptowährungen entstanden.
Ich glaube diese Kryptowährungen werden in Zukunft von mehr und mehr Leuten genutzt. Auch wenn das natürlich noch Zeit braucht.

Der Bitcoin hatte die letzte Zeit einen Höhenflug. Glauben Sie, dass es eine Bitcoin-Blase gibt?
Ich glaube schon, dass wir eine Blase bei Kryptowährungen haben, wobei die natürlich noch größer werden kann.
Zudem tritt ein Problem auf: Es gibt eine informelle Wirtschaft, die sehr stark von Trinkgeldern abhängt. Wie die bei der Abschaffung des Bargeldes ausbezahlt werden soll, ist mir nicht klar.

Haben Sie denn Bitcoins?
Ich muss zugeben, und das ist jetzt sehr peinlich für einen Anlageberater (lacht), diesen Boom der Kryptowährungen habe ich verpasst. Ich habe keine, nein.

Anlagetipps

Zum Abschluss: Sie sind bekannt für ihre pessimistischen Prognosen, was sehen sie denn positiv?
Positiv würde ich die Versorgerwerte in Deutschland sehen. Beispielsweise RWE oder Eon. Aber auch den Minenbereich und die Edelmetalle. Die sind meiner Ansicht nach aktuell zu niedrig bewertet. Zudem glaube ich, dass sich die chinesischen Aktien in den nächsten drei Monaten relativ gut halten könnten.

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