Endlich wieder große Oper

Bogdan Roščić eröffnete seine Direktionszeit mit Puccinis „Madame Butterfly“

Für viele ist es bereits ein Ereignis, dass die Wiener Staatsoper in Pandemie-Zeiten ihren Betrieb überhaupt wieder aufnehmen konnte. Nach der ersten Premiere aber war klar: es geht hier nicht mehr nur ausschließlich darum, dass gespielt wird, sondern um das Wie. Mit Giacomo Puccinis „Madame Butterfly“ gab Generalmusikdirektor Philippe Jordan einen aufwühlenden Auftakt mit einem jungen, spannenden Ensemble.

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Madame Butterfly © Bild: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Auf bewährte Produktionen zu Beginn seiner Direktionszeit zu setzen, erwies sich in einer von Pandemie überschatteten Zeit als prophetisch kluger Schachzug von Bogdan Roščić wie bereits die erste Premiere zeigte. Mit Anthony Minghellas Inszenierung von „Madame Butterfly“ konnten die National Opera in London 2005 und die Metropolitan Opera in New York 2006 große Erfolge verbuchen. Der mit dem Oscar-gekürte Hollywood-Regisseur („Der englische Patient“) setzte auf einfache Bilder, die Kraft von Farben und eine gewisses Quantum an Kitsch In manchen Szenen wehte ein Hauch von Broadway durch das Szenario. Für die Staatsoper richtete Minghellas Witwe die Produktion ein, er war 2008 seiner Krankheit erlegen. Die opulenten Kostüme der Japaner hoben sich von Michael Levines karg eingerichteter, schwarzer Bühne ab. Ein paar verschiebbare Paravents, ein Sessel und ein Spiegel, der das Szenario von oben wiedergibt reichen als Requisiten, wenn man ein starkes Ensemble zu Verfügung hat. Die Sopranistin Asmik Grigorian, die im Vorjahr als Richard Strauss’ Salome bei den Salzburger Festspielen einem internationalen Publikum bekannt wurde, zeigte eine fragile Cio-Cio-San. Mit ihrer extrem schlanken Stimme widersetzte sie sich jedweder Konvention. In manchen Szenen glich sie mehr Winnetous Schwester als der Geisha Butterfly, aber sie verstörte durch ihre extreme Hingabe. Da war eine wahrhaftige Tragödin am Werk, die für ihre intensive Performance alles gab und auch eine gewisse Schärfe bei dem einen oder anderen hohen Ton in Kauf nahm. Freddie de Tommaso überzeugte als Pinkerton mit seinem kräftigen Tenor und einem sehr schönen Timbre. Boris Pinkhasovich hatte sich im Haus am Ring bereits als Eugen Onegin bewährt und zeigte auch als Sharpless stimmliches Format. Virginie Verrez als Suzuki und Andrea Giovanni als Goro ergänzten famos.

Madame Butterfly
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Philipp Jordan setzte am Pult des Staatsopernorchesters auf gewaltige Eruptionen und schärfste Akzente. Kein Wunder, dass das Publikum entgegen der Sicherheitsmaßnahmen auf Aerosol-produzierende Bravo-Rufe nicht verzichten wollte.

Madame Butterfly
© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn