Gefährliches Machotum betrifft
Österreicher wie Ausländer

"Der Boden, auf dem Gewalt gedeiht"

Die mediale Aufmerksamkeit richtet sich nach einer auffallenden Häufung schwerer Gewalttaten gegen Frauen verstärkt auf Täter aus Drittstaaten wie der Türkei oder Afghanistan. Diese sind im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil in Österreich auch im Deliktsbereich Sexualstraftaten überrepräsentiert. Als Gemeinsamkeit mit einheimischen Tätern macht Expertin Birgitt Haller das patriarchale Denken aus.

von Gewalt an Frauen - Gefährliches Machotum betrifft
Österreicher wie Ausländer © Bild: Geber86

Die Forschungsarbeit von Haller vom Institut für Konfliktforschung (IKF) in Wien beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit diesen Themenkreisen, 2011 erschien ihre Arbeit "Tötungsdelikte in Beziehungen: Verurteilungen 2008-2010", 2013 eine Studie zu sexuellen Aggressionen bei jungen Männern und 2018 eine zu Sexualstraftaten. Der "Typus Machtdemonstration und Machotum betrifft Österreicher wie Ausländer", stellte Haller im Gespräch mit der APA fest.

Altomodische Frauenbilder

"Diese patriarchalen Muster zeigen sich bei beiden Personengruppen. Natürlich gibt es Größenunterschiede und gerade die jüngeren Österreicher ticken hier inzwischen schon anders", bei jungen Afghanen finde man hingegen das Patriachart oft noch in seiner Reinkultur. Und altmodische Frauenbilder seien ein Boden, auf dem die Gewalt gut gedeiht, und Täter legitimieren ihre Handlungen mit diesen Ansichten auch vor Gericht, wie sich in Hallers Studien zeigt.

Achtstündiger Wertekurs - genug?

Am Ende ließe sich dieses Problem nur durch Bildung und - bei den Nichtösterreichern - durch Integration lösen. "Ich weiß auch, dass das lange dauern wird, aber im Prinzip ist es so, dass man erst durch gesellschaftliche Teilhabe auch deren Werte übernimmt", sagte Haller. Ein achtstündiger Wertekurs würde das nicht Ersetzen. Beispiele von Flüchtlingen aus Staaten mit patriarchalen Strukturen wie Afghanistan, die in Österreich eine Lehrausbildung absolvieren und in österreichischen Familien aus der höheren Bildungsschicht integriert sind, zeigten hingegen auf, was diese Teilhabe an positiven Effekten zeitige.

Fünf tödliche Gewaltverbrechen erschüttern Österreich

Was die aktuellen Tötungsdelikte betrifft - alleine fünf tödliche Gewaltverbrechen an einer Frau in weniger als drei Wochen wurden in Niederösterreich verübt - auch da sei der Knackpunkt das Patriarchale, "als ob eine Frau weniger wert wäre". Bei österreichischen Männern sei dies nicht anders: "Bei den Morden, die ich damals untersucht habe, ging es meist darum, dass die Männer eifersüchtig waren, oft auch grundlos", erläuterte Haller Beispiele aus ihrer Studie aus dem Jahr 2011. So gab es etwa Fälle, bei denen die Frau ihre Trennungsabsicht geäußert habe, "und dann war das Motiv wirklich der blöde Satz 'Wenn ich sie nicht haben kann, soll sie auch kein anderer haben.'"

»Dann kommt der Machismo ins Spiel«

Ebenso wisse man, dass Gewaltsituationen etwa zunehmen, wenn es biografische Brüche wie Arbeitslosigkeit oder Pensionierung gibt. Das verschärfe sich dann noch, wenn die Frau erfolgreich ist, "dann kommt erneut der Machismo ins Spiel. Doch ebenfalls gibt es das Motiv der narzisstischen Kränkung, nachdem unser System sehr auf die Erwerbsarbeit ausgerichtet ist - man ist nichts wert, wenn man nicht arbeitet." Auch hier gebe es Männer, bei denen die empfundene Unterprivilegierung vermischt mit der Zutat des patriarchalen Denkens die Gewaltbereitschaft erhöht.

(S E R V I C E - http://www.ikf.ac.at/)

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