Lungenhochdruck: "Symptome sind anfangs sehr unspezifisch"

Lungenhochdruck gehört zu den seltenen Erkrankungen. Eine Heilung gibt es nicht. Wie erkennt man die Krankheit und wie lebt es sich mit ihr?

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"Wenn man die Diagnose erhält, ist man wie vor den Kopf gestoßen", berichtet Eva Otter. Frau Otter erhielt im Juli 2003 die Diagnose Lungenhochdruck, ein "Riesen-Einschnitt in das gewohnte Leben", wie sie gegenüber News sagt.

Eva Otter ist Leiterin der Kontaktstelle für Betroffene der im Jahr 2000 ins Leben gerufenen Initiative Lungenhochdruck. Die Patientenvereinigung setzt sich für die Bedürfnisse und Rechte von Menschen mit pulmonaler Hypertonie ein und gibt ihnen sowie ihren Angehörigen die Gelegenheit, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten. Über eine 24-Stunden-Patientenhotline ist der Verein ständig erreichbar und bietet Unterstützung im Alltag und Hilfe in sämtlichen Sozialangelegenheiten.

Doch was hat es mit der Krankheit "Lungenhochdruck" überhaupt auf sich, wie ist sie zu behandeln und wie können Angehörige von Betroffenen damit umgehen? News sprach mit Frau Otter und einer Ärztin, Iris Herscovici, über die Krankheit.

News: Wann wurde Lungenhochdruck bei Ihnen diagnostiziert?
Eva Otter: Die Diagnose Lungenhochdruck bekam ich im Juli 2003.

Wie lang hat es gebraucht, bis die Diagnose feststand?
Ich hatte Glück, da mich mein Kardiologe sofort in ein Lungenhochdruckzentrum überwiesen hat. Vom ersten Besuch bei meinem Kardiologen bis zur Diagnose vergingen nur drei Monate. Doch die Zeit davor dauerte sehr lange ...

Wie sind Sie mit der Diagnose umgegangen?
Wenn man die Diagnose erhält, ist man wie vor den Kopf gestoßen. Es ist ein Riesen-Einschnitt in das gewohnte Leben. Der eigene Körper wird einem fremd und es kommt das Gefühl auf, sich in ihm nicht mehr zurecht zu finden. Man stellt sich immer vor, der Tag, an dem sich das ganze Leben verändert, müsste sich deutlich von allen anderen abheben, so ist es aber nicht. Nur ein einziger Satz des behandelnden Arztes genügt und plötzlich ist alles anders.

Welche Symptome hatten Sie?
Die Symptome waren zuerst schleichend, wie Gewichtsabnahme, das Tragen der Einkaufstasche wurde ein immer größeres Problem, das Gehen wurde immer langsamer, Übelkeit und Kreislaufprobleme traten auf. Atemnot beim Bergaufgehen kam dann dazu.

Inwiefern beeinflusst (beeinträchtigt) die Krankheit Ihr Leben?
Ich bin Gott sei Dank in der glücklichen Lage, mit keinen großen Einschränkungen leben zu müssen. Aber es gibt Tage, an denen es einfach nicht gut läuft. Radfahren, Bergaufgehen oder Laufen sind allerdings nicht mehr möglich.

Dr. med. Iris Herscovici ist Gründerin des Online-Portals www.selpers.com. Die Expertin für barrierearme Patientenkommunikation entwickelt mit ihrem Team kostenlose Online-Kurse zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz von chronisch Kranken und deren Angehörigen. Ihr besonderes Interesse gilt dem Empowerment der Betroffenen durch einfache Hilfestellungen und Tipps für den Alltag.

News: Was ist Lungenhochdruck?
Iris Herscovici : Lungenhochdruck bezeichnet eine Gruppe von Erkrankungen, bei der der Blutdruck in den Lungengefäßen und in der rechten Herzhälfte, die für den Lungenkreislauf zuständig ist, dauerhaft erhöht ist. Dadurch wird der Körper schlechter mit Sauerstoff versorgt und das Herz kann auf Dauer nicht richtig arbeiten. Es gibt dabei verschiedene Formen, bei denen sich Ursachen und Therapiestrategien unterscheiden.

»Die Symptome sind am Anfang sehr unspezifisch und schleichend«

Grob kann man die folgenden Formen abgrenzen: Zum einen die pulmonal-arterielle Hypertonie, bei der die Erkrankung in den Lungenarterien beginnt. Zweitens ein Auftreten von Lungenhochdruck infolge einer anderen Erkrankung, oftmals einer Linksherzerkrankung oder einer Lungenerkrankung wie etwa COPD. Die dritte Form ist die chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH), welche durch einmalige oder wiederkehrende Lungenembolien entsteht. Manchmal kann die Ursache einer pulmonalen Hypertonie auch unklar bleiben oder sie kann multifaktoriell bedingt sein, das heißt, dass verschiedene Ursachen wie zum Beispiel Bluterkrankungen, entzündliche Prozesse oder angeborene Stoffwechselstörungen zum Auftreten der Erkrankung führen.

Wie äußert sich die Krankheit?
Da die Symptome am Anfang sehr unspezifisch und schleichend sind, wird Lungenhochdruck oft erst spät erkannt. Wenn im Laufe der Zeit weitere Beschwerden hinzukommen, kann ein eindeutigerer Verdacht begründet werden. Typische Beschwerden in der Anfangszeit der Erkrankung sind Müdigkeit und Erschöpfung, ein Nachlassen der körperlichen Belastbarkeit. Im weiteren Verlauf können Symptome wie zunehmende Atemnot auch bei geringen Anstrengungen oder in völliger Ruhe, Schwindel, Kreislaufstörungen, Ohnmachtsanfälle sowie Brustschmerzen und Engegefühl hinzukommen. Andere Anzeichen sind ein deutliches Hervortreten der Halsvenen, da sich Blut vor der rechten Herzhälfte staut, Wassereinlagerungen im Gewebe, die sich beispielsweise durch schwere und geschwollene Beine zeigen, sowie eine bläuliche Verfärbung der Lippen, Finger und Zehen, weil diese nicht mehr ausreichend durchblutet werden. Betroffene haben Probleme bei alltäglichen Aktivitäten wie beim Treppensteigen, Duschen, Putzen oder beim Zurücklegen kurzer Strecken. Gerade weil die Symptome anfangs oft sehr allgemein sind, ist es wichtig, bei den ersten Anzeichen den Arzt oder die Ärztin aufzusuchen, um die Ursachen dafür abzuklären.

Wie wird die Erkrankung behandelt?
Durch die unspezifischen Symptome und fehlende Aufklärung dauert es oft zwei Jahre, bis eine Diagnose gestellt werden kann. Lungenhochdruck kann lange Zeit stabil bleiben, denn das Herz hat große Fähigkeiten, die dadurch entstehenden Probleme auszugleichen. Allerdings schadet dies dem Herzen auf Dauer und es kann zu "Rechtsherzversagen" kommen. Deswegen ist eine möglichst frühzeitige Diagnose und Behandlung wichtig. Für die wirksame Behandlung der Beschwerden stehen verschiedene Medikamente und andere Therapiemaßnahmen zur Verfügung. Auch die Behandlung der Grunderkrankung ist dabei ein wesentlicher Bestandteil. Gesunde Ernährung, Abbau von Übergewicht, körperliche Aktivität im Rahmen der individuellen Möglichkeiten sowie Vermeidung von Infektionen und Überlastung können außerdem die Lebensqualität und Belastungsfähigkeit deutlich verbessern.

»Lungenhochdruck gehört zu den seltenen Erkrankungen«

Ist Lungenhochdruck heilbar?
Lungenhochdruck kann derzeit leider nicht geheilt werden. Es gibt aber wirkungsvolle Therapien, die den Gesundheitszustand stabilisieren und die Beschwerden lindern können. Dabei ist mittlerweile bekannt, dass anstatt sich zu schonen, angepasstes Training und körperliche Bewegung in Absprache mit dem/der behandelnden Arzt/Ärztin hilfreich sind. Wichtig ist jedoch, sich dabei nicht zu überfordern.

Wie viele Menschen in Österreich leiden an Lungenhochdruck?
Lungenhochdruck gehört zu den seltenen Erkrankungen. Weltweit sind etwa 25 Millionen Menschen jeden Alters von Lungenhochdruck betroffen, in Österreich sind es ungefähr 500 bis 1.000 Erkrankte.

Was ist mit der Krankheit für die Patienten nicht mehr möglich?
Körperliche Aktivitäten sind nur noch eingeschränkt möglich, was sich auf den Alltag und das Berufsleben der PatientInnen auswirkt. Dabei ist es sehr unterschiedlich, wie stark diese Auswirkungen im Einzelfall sind. Alle Aktivitäten, die den Druck im Lungenkreislauf erhöhen, können die Symptome des Lungenhochdrucks verstärken. Dies können, je nach Schweregrad der Erkrankung, einerseits schwere körperliche Beanspruchungen zum Beispiel durch Kraft- und Ausdauersport, andererseits aber auch leichtere Belastungen wie Spazierengehen sein. Auch eine Schwangerschaft stellt durch die Umstellung des Blutkreislaufs, das Wachstum des Fötus sowie die starke Herz-Kreislauf-Belastung bei der Geburt ein erhebliches Risiko für Patientinnen mit Lungenhochdruck dar.

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