Lëtzebuergesch könnte
offizielle Sprache der EU werden

Im Großherzogtum erlebt Luxemburgisch zur Zeit eine Renaissance

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In dem kleinen Benelux-Staat mit 590.000 Einwohnern ist Lëtzebuergesch die dritte Amtssprache neben Französisch und Deutsch. Nicht jedoch in der EU. Die europäischen Institutionen erkennen den Dialekt lediglich als Minderheitssprache an. Doch heute wollen mehr und mehr Leute ihn sprechen lernen und die Politik fördert den Gebrauch.

"1976 habe ich allgemeine Sprachkurse für Ausländer eingeführt", erzählt Lex Roth. 30 Jahre später gebe es einen solchen Andrang auf diese Kurse, dass manchmal Anfragen abgelehnt werden müssten. Der 84-jährige Roth ist in Luxemburg für seine Übersetzungen der "Asterix"- und "Tim und Struppi"-Comics sowie der Fabeln La Fontaines ins Luxemburgische bekannt.

Ein gesteigertes Interesse am Luxemburgischen stellt auch der auf Fremdsprachenkurse spezialisierte Verlag Assimil fest. 2012 brachte das Unternehmen ein Luxemburgisch-Wörterbuch für den Alltag auf den Markt - innerhalb eines Jahres verkaufte es sich 10.000 Mal. Angesichts der kleinen Anzahl Sprecher der Sprache "waren wir sehr überrascht von den Verkäufen", sagt Nicolas Ragonneau, Marketing-Chef des Verlags.

Das Nationale Sprachen-Institut (INL) hat von 2016 bis 2017 sein Kursangebot für Luxemburgisch um 30 Prozent aufgestockt. "Die Plätze in Luxemburgisch-Kursen, besonders in denen für Anfänger, sind zur Zeit heiß begehrt", sagt Institutsleiterin Karin Pundel.

Zu dieser Entwicklung beigetragen habe sicherlich das neue Gesetz zur Staatsangehörigkeit, vermutet die Leiterin des INL. Das Gesetz, das seit 2017 in Kraft ist, ermöglicht die Einbürgerung nach fünf Jahren im Großherzogtum, wenn Kenntnisse des Luxemburgischen vorgewiesen werden können. Das INL organisiert auch die amtlichen Sprachtests für Luxemburgisch. "Momentan sind bis Juli alle Plätze belegt", sagt Pundel.

Seit 1984 ist Luxemburgisch im Großherzogtum neben Deutsch und Französisch als offizielle Sprache bei Behörden und vor Gericht anerkannt. Im Alltag wird es von vielen gesprochen und gilt deshalb als wichtige Kompetenz auf dem Arbeitsmarkt. Allerdings wohnt fast jeder zweite Angestellte im Ausland und die Grenzpendler sprechen häufig kein Luxemburgisch.

Dem Statistikamt des Landes zufolge ist Luxemburgisch Erstsprache von 55,8 Prozent der Einwohner, gefolgt von Portugiesisch (15,7 Prozent) und Französisch (12,1 Prozent). Neun von zehn Luxemburger Staatsangehörigen sprechen es, aber nur jeder zwanzigste Bewohner mit ausländischem Pass. Letztere machen jedoch fast die Hälfte der Bevölkerung des Großherzogtums aus.

Das luxemburgische Bildungsministerium habe sich nun dazu entschieden, Verhandlungen mit der EU aufzunehmen, um eine "administrative Einigung" über den Gebrauch des Luxemburgischen zu finden, erklärte das Ministerium auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. "Konkret hieße das, dass jeder Bürger das Recht hätte, sich auf Luxemburgisch an die europäischen Institutionen zu wenden und eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten."

Nicolas Ragonneau von Assimil sieht in der Förderung durch die Politik einen wichtigen Grund für den Höhenflug des Luxemburgischen. Aber auch die Notwendigkeit im Alltag, zumindest über Grundkenntnisse zu verfügen, spiele vermutlich eine Rolle. "Ich glaube, dass es einfach mehr und mehr Leute gibt, die nach Luxemburg kommen und die sich integrieren und zuhause fühlen möchten", fasst Pundel zusammen.

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