Das Besondere am Café Drechsler waren stets die Öffnungszeiten. Das viel zitierte Schnitzel um vier Uhr in der Früh muss man als Wiener halt irgendwann einmal bestellt haben. Anfang des Jahres gab es große Aufregung: Das Drechsler sperrt zu! Dann die nächste Aufregung: Ausgerechnet ein Berliner will die Legende retten. Jetzt dürften sich alle entspannen. Das neue Drechsler hat geöffnet, und der deutsche Chef hat darin weder die Welt neu erfunden, noch steigt er den Wienern auf den Schlips. Niko Kölbl hat aber auch schon einige Erfahrung in der Wiener Gastroszene und weiß, was hier funktioniert (und was nicht). Gut, auf der Homepage heißt es, das Drechsler wäre jetzt schöner und besser als je zuvor, aber so viel Enthusiasmus geht zum überraschend leise gehaltenen Neustart schon in Ordnung.
Das Lokal wurde modernisiert, in den Grundzügen allerdings gleich gehalten. An der Wand grüßt ein Portrait von Helmut Qualtinger – ein Markenzeichen der Kölbl-Lokale. So wacht in seiner Pizza Randale etwa Bud Spencer, in der Weinschenke Gerard Depardieu über die Gäste. Im gleich gebliebenen legendären Hinterzimmer thront jetzt übrigens Jack Nicholson.
Auf der Karte tummelt sich Österreichisches mit Twist. Die Würstl kommen vom Hödl (ab 5,90 Euro) und werden mit Dijonnaise serviert, die Mangalitzastelze (12,90 Euro) wird in einen Salat verwandelt und das Schnitzerl (17,90 ) von getrüffeltem Erdäpfel-Mayonnaisesalat begleitet.
Alles recht deftig, aber durchaus stimmig. Ein Late-Night-Besuch um vier Uhr ist allerdings nicht mehr drin – da hat das neue Drechsler "schon" zu.
Café Drechsler
Linke Wienzeile 22
1060 Wien
Mo.–Do. 8–1 Uhr, Fr. 8–4 Uhr, Sa. 9–1 Uhr, So. und Feiertage 9–0 Uhr
cafedrechsler.at
01/581 20 44