Finanzminister Löger
verspricht eine "gute Zeit"

Ab 2019 Nulldefizit dank Wachstum, Einsparungen und Ende der Bankenkrise

Finanzminister Hartwig Löger hielt im heutigen Ministerrat seine erste Rede zum Budget.

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Budget - Finanzminister Löger
verspricht eine "gute Zeit"

Mit einigem Selbstvertrauen hat Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) Mittwochvormittag seine erste Budgetrede vor dem Nationalrat absolviert: "Es beginnt eine gute Zeit", lautete der Leitspruch des Ressortchefs, der vor allem hervorhob, dass Österreich 2019 erstmals seit 65 Jahren mehr einnehmen als ausgeben werde. Experten sehen die Pläne nüchterner, die Opposition kritisch.

»Es beginnt eine gute Zeit«

Ermöglicht wird der "administrative Überschuss" im kommenden Jahr vor allem durch das starke Wirtschaftswachstum, das Ende der Bankenkrise und durch die Rücknahme von Arbeitsmarktprogrammen der alten Regierung. Letzteres bezeichnete Löger als eine "gewisse Erblast" der neuen Koalition, weil die Kosten trotzdem noch nachwirken. Für das Ende der Bankenkrise bedankte sich der Finanzminister bei seinem Vorgänger Hans Jörg Schelling (ÖVP).

© Video: APA

75 Minuten konnten die Abgeordneten, Minister und prominente Gäste wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Worten des Finanzministers lauschen. Es war damit die deutlich längste Budgetrede seit jener Maria Fekters im Jahr 2012.

Senkung der Schuldenquote

Inhaltlich bewegte sich Löger in etwa auf den Pfaden seiner Vorgänger. Besonderes Augenmerk legte er auf eine Senkung von Abgaben- und Schuldenquote. Wichtig ist dem Finanzminister, dass Leistung sich lohnen muss. Sicherheit, Familie und Bildung wurde breiterer Raum zugestanden. Vorwürfe, wonach der Sozialstaat ausgehöhlt werde, wies er zurück. Ganz im Gegenteil gehe es darum, nachhaltig sozialen Frieden und Sozialstaat zu sichern, indem die Schulden abgebaut werden.

Immerhin habe es seit 1954 kein Jahr gegeben, in dem der Staat nicht mehr ausgegeben, als er eingenommen habe: "65 Jahre, in denen Schulden angehäuft wurden und 65 Jahre, in denen wir auf Kosten unserer eigenen Zukunft und der unserer Kinder und Enkelkinder gelebt haben", klagte Löger an.

Die Bundesregierung sei angetreten dies zu verändern und es werde gelingen. Geht es nach den Budgetplänen des Finanzministers, werden im kommenden Jahr 541 Millionen Überschuss erzielt, und das soll kein einmaliges Ereignis bleiben. Löger versicherte, dass auch in den Jahren darauf durch vernünftige Einsparungen im System weiter positive Ergebnisse erzielt werden. Neue Steuern werde es dagegen nicht geben und auch keine Erhöhungen.

Weh tut dem Minister, dass es heuer noch ein Defizit gibt. Dies sei aber erklärbar, trage die Regierung doch eine "gewisse Erblast" mit, geißelte Löger unter anderem kurz vor der Nationalratswahl getroffene Beschlüsse.

"Leistung muss sich lohnen"

Stärken will der Minister die Leistungsträger: "Leistung ist etwas, das sich lohnt und nicht etwas, wofür man sich genieren muss", laute die Grundlage der Regierungspolitik. Die Mindestsicherung will Löger eindeutig als Überbrückungshilfe für den einzelnen definiert wissen und nicht als Dauerzustand.

Reformbedarf bei Pensionen

Reformbedarf sieht der Finanzminister bei den Pensionen. Hier werde man nicht nur kurzfristig, sondern nachhaltig neue Ideen entwickeln müssen: "Ich appelliere an alle Mitglieder des Hohen Haus, dieses Thema auch wirklich ernst zu nehmen." Es genüge nämlich nicht, "den Österreichern vorzugaukeln, dass die Pensionen nachhaltig sicher sind".

Einsparungen am Arbeitsmarkt "kein Kahlschlag"

Sorge, dass die soziale Sicherheit der Regierung nichts wert ist, muss gemäß Löger niemand haben. Der Finanzminister findet es ärgerlich, dass hier Ängste geschürt würden, obwohl man heuer 49,6 Prozent des Budgets für diesen Bereich ausgebe und diese Zahl im kommenden Jahr sogar noch auf 50,7 Prozent steige. Die Einsparungen beim Arbeitsmarkt von zehn Millionen seien angesichts eines Budgets in dem Bereich von 8,32 Milliarden alles andere als ein Kahlschlag.

»Wir leiten eine neue Zeitrechnung in der Budgetpolitik ein«

Dank richtete Löger seinem Vorgänger Hans-Jörg Schelling (ÖVP) aus, dass die Belastungen der Bankenhilfen der Vergangenheit angehören. Zugestanden wurde von ihm auch, dass die konjunkturellen Rahmenbedingungen günstig seien. Bloß: die habe es früher auch schon immer wieder einmal gegeben und man habe trotzdem ein Minus geschrieben. Das werde sich jetzt eben ändern: "Wir leiten eine neue Zeitrechnung in der Budgetpolitik ein", so der Finanzminister.

Altersteilzeit wird ab 2019 eingeschränkt

Die geförderte Altersteilzeit wird wie im Regierungsprogramm vorgesehen eingeschränkt. Der Antritt wird stufenweise um zwei Jahre angehoben, kündigte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bei einem Hintergrundgespräch zum Budget an. Demnach sollen Männer ab 2019 erst mit 59 statt wie bisher 58 Jahren in Altersteilzeit gehen können, 2020 erfolgt eine weitere Anhebung auf 60 Jahre.

Bei Frauen erfolgt eine analoge Anhebung auf 54 Jahre ab 2019 bzw. 55 Jahre 2020 statt wie bisher 53 Jahre. Die Möglichkeit einer geblockten Altersteilzeit bleibt bestehen, obwohl AMS-Chef Johannes Kopf sich zuletzt für eine Abschaffung dieser Variante ausgesprochen hatte.

Ende November 2017 erhielten 35.682 Personen ein Altersteilzeitgeld ausgezahlt, davon hatten sich 24.987 Personen für das kontinuierliche Modell und 10.695 für das Blockzeitmodell entschieden. Aktuellere Zahlen gibt es nicht. In der Teilzeitvariante wird bei sinkender Belastbarkeit in höherem Alter weitergearbeitet, während bei der geblockten Variante zunächst voll weitergearbeitet und dann vor Erreichen des Pensionsalters ganz aufgehört wird.

Die Teilzeit-Variante wird mit 90 Prozent, die Block-Variante mit 50 Prozent gefördert. Wenn ein Arbeitnehmer ab Beginn der Altersteilzeit kontinuierlich nur noch zwischen 40 Prozent und 60 Prozent der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit arbeitet, erhält der Dienstgeber 90 Prozent des Lohnausgleiches (inkl. der Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung) und der zusätzlich zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge vom AMS ersetzt. Wenn die Arbeitszeitreduzierung mit einer Blockzeitvereinbarung erfolgt, erhält der Dienstgeber nur 50 Prozent des Lohnausgleiches (inkl. der Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung) und der zusätzlich zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge.

Der Staat gibt das meiste Geld für Pensionen aus

Die Staat Österreich gibt mit 19 Mrd. Euro fast ein Viertel seiner Einnahmen für die Pensionen aus. 9,25 Mrd. Euro kosten die Beamtenpensionen, 9,57 Mrd. Euro schießt der Staat zur Pensionsversicherung zu. Für Familien mit Kindern gibt der Staat über Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld 7,3 Mrd. Euro aus.

Für Sicherheit (Polizei und Bundesheer) werden fünf Mrd. Euro ausgegeben, für Bildung und Wissenschaft 13,2 Mrd. Euro. Sieben Mrd. Euro kostet die Arbeitslosigkeit.

Für Asyl und Migration sind heuer 420 Mio. Euro budgetiert. Dieser Bereich wird mit dem neuen Budget in ein eigenes Kapitel ausgegliedert, bisher war es Teil des Budgets für Inneres. Ein großer Ausgabeposten sind mit rund fünf Mrd. Euro auch die Zinsen, im Vergleich zu den vergangenen Jahren (2016 waren es sechs Mrd. Euro) ist das deutlich weniger.

In dem am Mittwoch präsentierten Doppelbudget 2018/2019 sind für das laufende Jahr Einnahmen von 76,38 Mrd. Euro und Ausgaben von 78,54 Mrd. Euro vorgesehen. 2019 soll sich das Verhältnis dann umdrehen: Die Einnahmen sollen auf 79,69 Mrd. Euro steigen, die Ausgaben auf 79,15 Mrd. Euro. Das bedeutet einen Überschuss von 541 Mio. Euro.

Für Pflege-Regress sind nur 100 Mio. Euro budgetiert

Der Wegfall des Pflegeregresses kostet nach Angaben des Städtebundes 2018 bis zu 650 Mio. Euro. Länder und Gemeinden fordern vom Bund, dass er ihnen dieses Geld ersetzt. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) will demnächst mit ihnen darüber verhandeln. In seinem am Mittwoch präsentierten Budget hat er für den Entfall des Pflegeregresses allerdings nur die ursprünglich geplanten 100 Mio. Euro budgetiert.

Beim Pflegegeld sind aufgrund der steigenden Zahl an Pflegebedürftigen 64,5 Mio. Euro mehr veranlagt. Für die 24-Stunden-Betreuung ist ein Plus von sechs Mio. Euro budgetiert, der Pflegefonds bekommt 16,0 Mio. Euro mehr.

Mehr Geld für Bildung durch mehr Schüler und Bezugserhöhung

Wenig Überraschungen gibt es im Budget 2018/19 im Bereich Schule. Die Mittel für die Bildung steigen von 8,686 Mrd. Euro (vorläufiger Erfolg 2017) auf 8,824 Mrd. Euro im Jahr 2018 und auf 8,838 Mrd. Euro 2019. Hauptgründe für das Plus sind Bezugserhöhungen bei den Lehrern und das Anwachsen der Schülerzahlen, unter anderem "infolge der Migrationswelle", was zusätzliche Pädagogen erfordert.

Laut Strategiebericht soll das Budget bis zum Jahr 2022 dann auf insgesamt 9,515 Mrd. Euro ansteigen. Diese Mehraufwendungen sind ebenfalls einerseits durch zusätzliches Personal bedingt, andererseits durch das 2019 für alle neu eintretenden Lehrer verpflichtende neue Dienstrecht. Dieses sieht höhere Anfangsbezüge vor. Bis 2022 werden dafür kumuliert 400 Mio. Euro veranschlagt, heißt es in einer Unterlage des Finanzministeriums. 182 Mio. Euro kostet bis dahin der noch von der Vorgängerregierung beschlossene Ausbau der Nachmittagsbetreuung bzw. Ganztagsschulen.

Weitere zusätzliche Mittel ergeben sich aus den ebenfalls bereits im Vorjahr beschlossenen zusätzlichen Berufsschulstunden für manche Lehrberufe sowie Förderungen bei der Erwachsenenbildung, etwa zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses. Die Mittel aus dem mit 80 Mio. Euro dotierten Integrationstopf sollen im Jahr 2018 noch fließen, für 2019 werden sie nicht mehr erwähnt. Explizit angeführt werden dafür die ab Herbst 2018 geplanten Deutschförderklassen und -kurse, die die derzeitigen Sprachstartgruppen und Sprachförderkurse ersetzen sollen.

Ebenfalls im Strategiebericht finden sich die geplanten Änderungen bei den zusätzlichen Mitteln für die Neuen Mittelschulen (NMS). Durch deren "gezielteren Einsatz" - so sollen sie außer Teamteaching auch für andere Maßnahmen wie Förder- oder Leistungskurse verwendet werden können - werde eine "budgetäre Effektivitätssteigerung möglich".

Geschlossen werden soll außerdem die "strukturelle Lücke" im Budget des Bildungsministeriums. Diese entstand durch die vorerst nicht vollständige Abgeltung von Gehaltssteigerungen der Lehrer - so sollte das Ressort zu Einsparungen angehalten werden. Bedeckt wurde sie dann aber jedes Jahr provisorisch durch Budgetnachschüsse, die aufgrund der immer älter und damit teurer werdenden Lehrer größer wurden. Die Maßnahme bedeutet also nicht zusätzliches Geld, sondern vor allem ein realistischeres Budget, das ohne bzw. zumindest mit geringeren nachträglichen Anpassungen auskommt.

"Populistische Budgetpolitik"

Die NEOS sind ungeduldig und wollen ihre Kritik am Budget schon heute öffentlichkeitswirksam im Nationalrat vorbringen. In einem Dringlichen Antrag an Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) fordert die Oppositionspartei die "Etablierung einer effektiven Schuldenbremse". Generationengerechte Politik müsse auf einem mittelfristig ausgeglichenen Budget fußen, argumentiert Mandatar Sepp Schellhorn.

Der Regierung werfen die NEOS in ihrem Antrag eine "populistische Budgetpolitik" vor - sie setze für die Lösung politischer Probleme einfache, schnell wirkende Maßnahmen ein und ignoriere deren mittel-und langfristige Kosten. Den Bürgern solle "im Hier und Jetzt ein Leben über den Verhältnissen ermöglicht werden, um die Popularität der Regierung nicht zu gefährden".

Es sei klar, dass es eine Pflichtaufgabe sei, keine neuen Schulden mehr zu machen, wenn die Konjunktur gut läuft. "Es gilt, die Gunst der Stunde zu nutzen und mit dem 'ewigen' Schuldenmachen nun aufzuhören." Die NEOS pochen deshalb auf die Einführung einer Schuldenbremse im Verfassungsrang nach Schweizer Vorbild. Eine solche würde dafür sorgen, dass Österreich, zumindest in konjunkturell hervorragenden Jahren, einen Überschuss erwirtschaftet, ist die Oppositionspartei überzeugt. "Mit diesem Polster können dann notwendige Investitionen in schlechten Jahren finanziert werden."

Kern will Löger "KHG-Anerkennungspreis" verleihen

Die SPÖ lässt kein gutes Haar am Budget der ÖVP-FPÖ-Regierung. Der rote Parteichef Christian Kern hat in der Budgetrede von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) am Mittwoch nur "Sprüche und Werbeanzeigen" gehört. "Der Finanzminister hat mit dieser Rede den 'Karlheinz Grasser-Anerkennungspreis' verdient", befand Kern am Rande des Plenums vor Journalisten.

»Der Finanzminister hat mit dieser Rede den 'Karlheinz Grasser-Anerkennungspreis' verdient«

Die Aussage der Regierung, es werde "im System" gespart, halte der Realität nicht stand, kritisierte Kern. "Hier wird gekürzt bei den Menschen", bei älteren Arbeitslosen etwa. Auch SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer fühlte sich bei den Ausführungen des Finanzministers an Budgetreden der Nullerjahre erinnert - "da waren auch flotte Sprüche und ganz viele Superlative zu hören", nutzte er kurzerhand die Debatte zu diversen Finanzgesetzen für Kritik an der Budgetrede. "Ihre Sprüche waren vielleicht nicht so flott und jugendlich, aber sehr ähnlich" wie jene von Grasser, die "Werbesprüche" hätten mit der Realität wenig zu tun, richtete Krainer Löger aus. "Sie sparen bei den Menschen und zwar nur bei den Menschen - bei jenen, denen es nicht besonders gut geht."

ÖGB und AK kritisieren Einsparungen bei den "Ärmsten"

Der Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkammer haben Einsparungen bei den "Ärmsten" im neuen Budget kritisiert. "Der ÖGB lehnt nicht das Ziel Nulldefizit an sich ab, sondern wie es die Regierung erreichen will: mit Sparmaßnahmen, die nicht nur auf Kosten der Ärmsten gehen", sagte ÖGB-Präsident Erich Foglar in einer ersten Reaktion.

»Der Finanzminister will Steuerzahler entlasten, vergisst dabei aber auf zigtausende Kinder, deren Eltern in Niedriglohnbranchen arbeiten und auf jeden Cent angewiesen sind «

"Auf der anderen Seite macht die Regierung Steuergeschenke an Hoteliers, und sie verzichtet auf Steuereinnahmen durch fehlende Verfolgung von Steuerhinterziehung", sagte Foglar. "Der Finanzminister will Steuerzahler entlasten, vergisst dabei aber auf zigtausende Kinder, deren Eltern in Niedriglohnbranchen arbeiten und auf jeden Cent angewiesen sind", kritisiert Foglar die Pläne zum Familienbonus.

"Während der Finanzminister von Nachhaltigkeit spricht, soll das Arbeitsmarktbudget um ein Drittel zusammengestrichen werden", so Foglar weiter. Auch das angekündigte "Sparen im System" werden die Menschen zu spüren bekommen, wenn etwa Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich wegfallen.

»Sparen am falschen Platz rächt sich in der Zukunft«

Auch für AK-Präsident Rudolf Kaske geht das Budget in die falsche Richtung. Der Aufschwung sollte vor allem für eine markante Reduktion der Zahl der Arbeitslosen und eine Verbesserung der sozialen Dienstleistungen, wie etwa Pflege oder Bildung, genutzt werden. "Sparen am falschen Platz rächt sich in der Zukunft", betont Kaske. Stattdessen braucht es effiziente Maßnahmen gegen Steuerbetrug und -umgehung.

Der AK-Präsident verweist auf die vorgeschlagenen Kürzungen von AMS-Mitteln für die Arbeitsmarktintegration. "Wir werden beim AMS-Budget ganz sicher keine einseitigen Kürzungen bei den Ausbildungen für Junge, für gering qualifizierte und Flüchtlinge mittragen", betont Kaske. In diesem Bereich zu sparen ist nicht nur integrationspolitisch der völlig falsche Weg, sondern auch volkswirtschaftlich mehr als unvernünftig.

Zudem werde für den absehbaren Pflegebedarf nicht annähernd ausreichend vorgesorgt und die aktuell brennende Frage der Schaffung günstigen Wohnraums auf die lange Bank geschoben. Im Bildungsbereich sei es erfreulich, dass der durch die Vorgängerregierung initiierte Ausbau der Ganztagesbetreuung in Schulen fortgesetzt wird, ebenso wie der mit Ländern und Gemeinden vereinbarte Ausbau der Kinderbetreuung. Trotzdem braucht es auch im Bereich der Bildung weitere Investitionen.

Zudem warnt der AK-Präsident vor Kürzungen beim öffentlichen Verkehr: "Wer bei der Bahninfrastruktur spart, stellt die Weichen für die Zukunft in die falsche Richtung." "Füllhorn für die Wirtschaft, weniger Chancen für die Menschen", resümiert der AK Präsident.

Auslandskatastrophenfonds wird gekürzt

Gerne hat sich die Bundesregierung in Sachen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) in den vergangenen Jahren mit der Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds (AKF) gerühmt. Nun werden dem AKF wieder Mittel gekürzt. Auch das 2016 beschlossene Ziel, die Mittel für bilaterale EZA zu verdoppeln, wird aller Voraussicht nach nicht erreicht, wie aus dem am Mittwoch vorgestellten Doppelbudget hervorgeht.

Im Budget 2018/2019 sind anstatt wie geplant 20 Millionen Euro in diesem Jahr nur noch 15 Millionen Euro für den AKF vorgesehen. Im Wahlprogramm der ÖVP war noch von einer Verdreifachung des Auslandskatastrophenfonds die Rede, auch im Regierungsprogramm wurde eine "Aufstockung" des AKF - freilich ohne genaue Zahlen zu nennen - festgehalten. Entwicklungspolitische Hilfsorganisationen fordern seit Jahren eine substanzielle Aufstockung des Katastrophenfonds, der im europäischen Vergleich trotz der 2015 beschlossenen Vervierfachung mit sehr geringen Mitteln ausgestattet ist.

Auch das Ziel, die 2016 beschlossene Verdoppelung der bilateralen Mittel für EZA bis 2021 zu verwirklichen, wird die Bundesregierung aller Voraussicht nach verfehlen. Damit müsste das Budget um jährlich 15,5 Millionen Euro angehoben werden, was aus dem vorgelegten Budgetbericht nicht hervorgeht. Lediglich im Jahr 2019 kommt es zu einer Aufstockung der Mittel für die Austrian Development Agency (ADA), der staatlichen Agentur für EZA um 10 Millionen Euro, um, wie es heißt, das "langfristige Ziel" zu erreichen, die Quote der öffentlichen Entwicklungshilfegelder (Official Development Assistance, ODA) auf 0,7 Prozent des Bruttonationalproduktes (BNE) zu heben.

»Bundeskanzler Kurz kann sich offenbar an sein eigenes Wahlprogramm nicht mehr erinnern«

"Bundeskanzler Kurz kann sich offenbar an sein eigenes Wahlprogramm nicht mehr erinnern", kommentierte Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer die geplante Kürzung. Diese zeige, dass die "Ankündigung, in den Krisen der Welt die Hilfe vor Ort verstärken zu wollen, eine bloße Floskel war", so Schöpfer in einem Statement für die APA. Kurz hatte sowohl als Kanzler als auch als Außenminister vor allem im Zuge der "Flüchtlingskrise" immer wieder eine Verstärkung der Hilfe vor Ort versprochen.

"Ich verstehe das Kalkül dahinter nicht", zeigt sich die Geschäftsführerin des Dachverbands AG Globale Verantwortung, Annelies Vilim, über die Kürzungen verwundert. "Welches Signal schickt Österreich mit diesen Kürzungen angesichts der bevorstehenden EU-Ratspräsidentschaft nach Europa? Anstatt mit einer aktiven Auslandshilfe für ein gutes Leben für alle voran zu gehen, werden überlebensnotwendige Gelder gekürzt", so Vilim.

Kritik: Dem Budget fehle es an "Weitblick"

Dem Budget fehle es an "Weitblick", sagte die Bereichssprecherin für globale Entwicklung der SPÖ, Petra Bayr nach der Budgetrede von Hartwig Löger (ÖVP) im Parlament. Um die Glaubwürdigkeit des Kanzlers ist es laut der Nationalratsabgeordneten daher schlecht bestellt. "Was Außenminister Kurz angekündigt hat, war gestern und das muss Kanzler Kurz heute offensichtlich nicht mehr halten", kritisierte sie.

Generell muss das Außenministerium heuer mit einem kleineren Budget auskommen. Für 2018 ist eine Kürzung von fast 40 Millionen Euro vorgesehen, 2019 soll es zu einer leichten Aufstockung der Mittel (plus 5,8 Mio. Euro) kommen. Ein kleiner Teil der Kürzungen - 4,0 Mio. Euro - ist auf die Überführung der EU-Agenden in das Bundeskanzleramt zurückzuführen. Außerdem werden Fördermittel für die "sprachliche Frühförderung" künftig nicht mehr vom Außen- und Integrationsministerium ausgezahlt, sondern direkt über den im Finanzministerium angesiedelten Finanzausgleich abgewickelt. Weitere Änderungen gibt es laut Budgetbericht bei der Vorschreibung von Beiträgen an internationale Organisationen.

Wirtschaft hochzufrieden, Leitl sieht "Tag der Freude"

Die heimische Wirtschaft streut der Regierung nach den am Mittwoch vorgestellten Budgetplänen einstimmig Rosen. "Das ist eine große Wende in der Budgetpolitik", so Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich. Er ortet den "Beginn des Weges zurück an die Spitze." Auch Wirtschaftsbund, Industriellenvereinigung (IV), ÖHV und Handelsverband freuen sich über die geplanten Entlastungen.

"Um im internationalen Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben und Arbeitsplätze zu schaffen, sind wie von der Regierung angekündigt, die Körperschaftsteuer - verbunden mit einem Anreiz für Investitionen - und die Lohnnebenkosten in den kommenden Jahren zu senken", so Leitl am Mittwoch in einer Aussendung zum geplanten Doppelbudget.

"Durch die deutliche Rücknahme ineffizienter Verwaltungsmaßnahmen wird der notwendige Spielraum für das Entlastungspaket geschaffen, von dem vor allem die österreichische Wirtschaft profitiert, denn das Budget setzt auf nachhaltige Unterstützung heimischer Unternehmen", freut sich Wirtschaftsbund-Generalsekretär Rene Tritscher und erwartet, dass alle heimischen Unternehmen von Steuerstrukturreformen profitieren werden.

Regierung auf dem richtigen Weg

Für die IV sei die Bundesregierung dahingehend auf dem richtigen Weg, dass "die geplanten Einsparungen in der Verwaltung und nicht bei den Menschen stattfinden sollen." Die Kürzungen in den Bereichen Klima und Umwelt seien "zur Kenntnis zu nehmen", so die IV. Bei der Familienpolitik hätte sich die Industrie mehr Zielorientierung gewünscht, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. "Eine Zweckgebundenheit der Steuerleistung sowie Investitionen in den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze und verbesserte Öffnungszeiten wären aus Sicht der Industrie sinnvoll gewesen." Um das Ziel einer Forschungsquote von 3,76 Prozent zu erreichen, brauche es "klare budgetäre Vorbereitungen".

Viel Lob kommt auch von der Tourismuswirtschaft. Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) sieht im Budget "die Eckpfeiler einer verantwortungsvollen, vorausschauenden nachhaltigen Standortpolitik". Sie und andere Tourismusvertreter freuen sich besonders über die bevorstehende Mehrwertsteuersenkung von 13 auf 10 Prozent. "Wenn es in absehbarer Zeit möglich ist, dann sollten aus Fairnessgründen auch die Mehrwertsteuererhöhungen für andere betroffene Branchen wie etwa Kinos wieder zurückgenommen werden", hofft Leitl in diesem Zusammenhang.

Der Handelsverband bewertet vor allem die Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent bis 2022 positiv. Auch die geplante Stärkung von Bildung, Forschung und Wissenschaft, die Aufwertung der Lehre sowie die Abschaffung der privaten Mietvertragsgebühren stößt auf Zustimmung. "Entscheidend ist jetzt, den Konjunkturaufschwung, die positive globale Großwetterlage und auch die hohe Investitionsdynamik in Österreich als Motor für die angekündigten Reformen zu nutzen", so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Kommentare

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Diese Regierung ist genauso verlogen und Geldgierig wie alle Anderen vorher. Die Kalte Progression muss sofort beendet werden!!! Die Wirtschaft und die kleinen Leute werden auf Jahrzente hinaus betrogen. Der Staat verdient sich dumm und deppert auf Kosten der Kleinen.

strizzi1949
strizzi1949 melden

Sie reden vom Finanzplan der vergangenen roten Regierungen! Seit Kreisky wurde das Defizit immer größer! Es ist an der Zeit, dass das endlich geändert wird! Dass die Roten das nicht verstehen ist klar - die haben noch nie etwas vom Sparen verstanden! Freundschaft!

Höchste Zeit! Die Roten mit Beginn von Kreysky haben nur Verschwendungspolitik betrieben um ihre Wahlen zu gewinnen! Jetzt wie immer ständig kritisieren! Haben Jahrzehnte Zeit gehabt, etwas zu leisten!!

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