FPÖ Pläne zur Aufarbeitung
der Partei-Vergangenheit

Nach der Causa Liederbuch rund um den niederösterreichischen Spitzenkandidaten Udo Landbauer, kündigte die FPÖ an, die Vergangenheit der Partei aufarbeiten zu wollen.

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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kann sich für die Historikerkommission, welche die Vergangenheit des Dritten Lagers aufarbeiten soll, auch kritische Experten von außen vorstellen. Er sei überzeugt, "dass jeder seinen Beitrag leisten kann und sich einbringen kann", sagte Strache auf die Frage, ob auch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) zur Mitarbeit eingeladen wird.

Über die Besetzung und den genauen Auftrag der Historikerkommission wird Montagabend bei einem Vorstand in Wien entschieden.

Nach der Bestellung von externen Experten etwa aus dem DÖW gefragt, sagte Strache gegenüber der APA und dem ORF-Radio: "Es ist wichtig, dass sich jeder mit seinem Wissens- und Informationstand und seinen historischen Definitionen und Darstellungen in der Kommission einbringt."

Die Kommission wird in Folge des Liederbuchskandals um den ehemaligen FPÖ-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Niederösterreich Udo Landbauer einberufen. Aus Landbauers Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt war ein Liederbuch mit NS-verherrlichenden Inhalten publik geworden. Landbauer distanzierte sich zwar sowohl von der Burschenschaft als auch von den Inhalten des umstrittenen Liedes, musste aber alle seine politischen Funktionen niederlegen.

Strache traf am Weg zum Vorstand in einem Wiener Hotel zufällig den umstrittenen israelischen Parlamentarier Yehuda Glick, der amDienstag, von Vizekanzler Strache und Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) empfangen wird.

Die FPÖ präsentiert am Dienstag die "Beschlüsse des Bundesvorstandes zur Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit" mit dabei sind unter anderem
Klubobmann Rosenkranz, gf. Klubobmann Gudenus und Generalsekretär Vilimsky.

Wilhelm Brauneder leitet blaue Historikerkommission

Wie am Dienstag bekannt wurde, wird der Jurist und ehemaliges FPÖ-Mitglied Wilhelm Brauneder die Historikerkommission leiten.

Weiters stellte Generalsekretär Harald Vilimsky die Mitglieder einer blauen "Koordinierungsgruppe" vor: Der freiheitliche Ehrenobmann Hilmar Kabas, Volksanwalt Peter Fichtenbauer, die FPÖ-Funktionärin Ursula Stenzel, die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller, Bundesparteiobmann-Stellvertreter Harald Stefan, Norbert Nemeth, Klubdirektor des freiheitlichen Parlamentsklubs, der Vorarlberger Abgeordnete Rainhard Bösch sowie der freiheitliche Publizist Andreas Mölzer.

"Rot-weiß-rot Erklärung"

Der 75-jährige Brauneder emeritierte Professor für Rechtswissenschaft saß in den 90ern für die FPÖ im Parlament und war Dritter Nationalratspräsident.

Die FPÖ hat gleichzeitig eine "Rot-weiß-rot Erklärung" mit einem Österreich- und Europa-Bekenntnis formuliert. Darin werden Antisemitismus und Extremismus abgelehnt, aber auch der radikale Islam angeprangert. Diese Erklärung gelte als Startschuss und Ausgangsposition für die Aufarbeitung der Parteigeschichte, betonte Vilimsky.

"Rot-Weiß-Rot Erklärung" im Wortlaut

Die FPÖ hat am Dienstag nicht nur die Installierung einer Historikerkommission beschlossen, sondern auch eine sogenannte "Rot-Weiß-Rot-Erklärung" mit einem Bekenntnis zu Österreich und Europa. Darin werden Antisemitismus und Extremismus abgelehnt, aber auch der radikale Islam angeprangert. Im folgenden der Wortlaut der Unterlage:

"'ROT-WEISS-ROT ERKLÄRUNG'

In Verantwortung für unsere Heimat Österreich bekräftigen wir hiermit einmal mehr:

Die Freiheitliche Partei Österreichs bekennt sich vorbehaltlos zur Republik Österreich sowie zur Förderung von Demokratie, Parlamentarismus und Rechtsstaatlichkeit. Europa ist uns wichtig, Österreich tragen wir im Herzen. Zu unserer Heimat gehört unsere deutsche Sprach- und Kulturgemeinschaft genauso wie alle autochthonen Minderheiten.

Gewalt, Totalitarismus und Rassismus lehnen wir in jedweder Form ab. Unsere Ziele sind Frieden, Selbstbestimmung und Freiheit. Wir bekennen uns in diesem Zusammenhang dazu, dass alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind.

Eine besondere Verantwortung sehen wir in der Ablehnung des Antisemitismus. Diesbezügliche Vorfälle und Äußerungen verurteilen wir ausdrücklich. Dies hat in unserer Gemeinschaft keinen Platz.

Wir lehnen Extremismus nicht nur ab, sondern wollen all seine Ausprägungsformen mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Argumenten bekämpfen. Insbesondere werden wir auch gegen importierten Antisemitismus und gegen jenen Extremismus auftreten, der sich aus dem radikalen Islam nährt und zusehends in Europa Ausbreitung findet.

Die dunklen Kapitel österreichischer Geschichte werden wir nie vergessen und wir erteilen jeglicher Verharmlosung des Nationalsozialismus eine deutliche Absage.

Wir sind Österreich und allen Bürgern verpflichtet, die bereit sind, ihren Beitrag für eine gute Zukunft unserer Heimat zu leisten. In einem rot-weiß-roten Schulterschluss stehen wir für eine gemeinsame und gedeihliche Zukunft in Frieden, Freiheit, Respekt und Wohlstand."

Auch DÖW soll eingebunden werden

In der blauen Historikerkommission sollen sich auch FPÖ-kritische Historiker einbringen, bekräftigte Klubobmann Walter Rosenkranz. Auch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) solle "mit seinen Vorbehalten" eingebunden werden. Man wolle alle, die sich kritisch mit der FPÖ auseinandersetzen, dazu bewegen, offen zu legen, "was in deren Archiven schlummert".

»NS-Gedankengut hat bei uns keinen Platz«

Die FPÖ-Führung distanzierte sich einmal mehr von rechtsradikalem, antisemitischem und NS-verherrlichendem Gedankengut. Generalsekretär Harald Vilimsky bat darum, der "Rot-weiß-rot Erklärung" der FPÖ besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Darin heißt es unter anderen: "Wir lehnen Extremismus nicht nur ab, sondern wollen auch all seine Ausprägungsformen mit Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Argumenten bekämpfen. Insbesondere werden wir auch gegen importierten Antisemitismus und gegen jenen Extremismus auftreten, der sich aus dem radikalen Islam nährt und zusehends in Europa Ausbreitung findet."

"NS-Gedankengut hat bei uns keinen Platz", sagte Rosenkranz. Dass FPÖ-Funktionäre immer wieder mit einschlägigen Aussagen auffällig werden, begründete er damit, dass "wir nicht in jedermanns Hirnkastl schauen können". "Der unterschwellige Vorwurf, dass das bei uns latent geduldet wird, muss aufhören. Wenn jemand glaubt, er kann in der FPÖ nationalsozialistisches Gedankengut einfließen lassen oder uns als Vehikel dafür nutzen, dem kann ich sagen: Nicht das Parteiausschlussverfahren abwarten, sondern gleich gehen."

Die FPÖ wolle durch die Historikerkommission, der auch eine parteiinterne Koordinierungsgruppe beigestellt wird, alle Vorwürfe aufgreifen und im Gedenkjahr 2018 "als historisch transparenten Partei" die Zukunft gestalten. Dazu sollen "möglichst viele Interessierte einbezogen werden". Über die genaue Zusammenstellung der Kommission entscheide Brauneder. Es könne aus einer Liste mit 30 bis 50 nationalen und internationalen Experten seine Kommission zusammenstellen.

Man wolle jedenfalls nicht "im eigenen Saft schmoren", sondern auch bewusst dem Dritten Lager gegenüber kritisch eingestellte Forscher und Wissenschafter einbinden, vielleicht mittels "Hearing". Das sei aber Sache des Kommissionsleiters. Wissenschaft solle sich nicht politisch lenken lassen. Die FPÖ strebe einen "breiten Prozess" an, so Rosenkranz.

Die deutschnationalen Burschenschaften, die eigentlich Auslöser der ganzen Causa sind, werden aber nicht Teil der Untersuchung sein, weil es sich um private Vereine handle. Da habe die FPÖ kein Durchgriffsrecht. Das könne nur freiwillig passieren. "Wir werden uns unserer Vergangenheit stellen. Als Teil der österreichischen Bundesregierung tragen wir besondere Verantwortung", sagte Vilimsky.

Neben der Historikerkommission soll es auch eine Koordinierungsgruppe geben, die den Prozess "begleitet und steuert". Diese Gruppe besteht aus FPÖ-Ehrenobmann Hilmar Kabas, FPÖ-Volksanwalt Peter Fichtenbauer, der Wiener Stadträtin Ursula Stenzel, der Dritten Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller, FPÖ-Klubdirektor Norbert Nemeth, den Nationalratsabgeordneten Reinhard Bösch und Harald Stefan sowie FPÖ-Urgestein und Parteikenner Andreas Mölzer.

Kritik an den FPÖ-Kritikern durfte bei der Pressekonferenz freilich nicht fehlen. Gudenus sprach von einer "hysterischen Gesinnungspolitik" mit dem Ziel, "eine erfolgreiche Partei madig zu machen". Er ortete eine "Vernaderungs-, Hass-und Neidpolitik, die die Menschen spaltet", aber den Gegnern der FPÖ nicht gut bekomme, wie man bei den Grünen gesehen habe.

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