Fado und Fashion in Lissabon

Von 8. bis 12. Mai findet in der portugiesischen Hauptstadt der Eurovision Song Contest statt. Ein Grund mehr, die Trendmetropole von ihrer ganz neuen Seite kennenzulernen.

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Song Contest - Fado und Fashion in Lissabon

Es gibt Klassiker, die man in Lissabon einfach gesehen oder erlebt haben muss: das prächtige Hieronymus-Kloster, die Kathedrale oder den Torre de Belém, den wohl schönsten Leuchtturm der Welt. Es gehört auch zu jedem Lissabon-Besuch, in der bekannten Stadtbäckerei Pastéis de Belém die Vanillepuddingtörtchen Pastéis de Nata zu probieren und im Café A Brasileira neben der Bronzestatue des Literaten Fernando Pessoa einen Kaffee zu genießen.

Einmal muss man auch den stählernen Aufzug Santa Justa hoch, über die beeindruckende Praça do Comércio schlendern oder mit der gelben Straßenbahnlinie 28 den Berg zum Castelo São Jorge bezwingen, von wo aus man einen wunderschönen Blick über das Dächergewirr der Altstadt und auf die Brücke des 25. April mit der imposanten Jesus-Statue hat. Nicht weit von dieser portugiesischen "Golden-Gate-Bridge-Version" entfernt locken am nahen Atlantik Küstenvororte wie Sintra oder Cascais mit langen Stränden und mittelalterlichen Schlössern. Ebenfalls ein Muss: sich in den engen, steilen Gassen im Alfama-Altstadtviertel verlieren und in einem der zahlreichen Fischrestaurants frische Sardinen vom Grill genießen.

Tolles Klima, viele Sehenswürdigkeiten, super Essen, Strände: Lissabon, die "Perle am Atlantik", spektakulär errichtet auf sieben Hügeln am Ufer des Tejo-Flusses, war schon immer eine Reise wert. Derzeit ist es die Stadt aber mehr denn je. Sogar Stars wie Monica Bellucci, Phil Collins, John Malkovich oder Ricky Martin haben sich in der Gegend gerade Häuser gekauft. Pop-Queen Madonna lebt mittlerweile permanent hier, was auch daran liegen mag, dass ihr Freund, ein portugiesisches Model, ebenfalls in Lissabon lebt. Dennoch: Madonna ist überwältigt: "Die Energie Portugals ist so inspirierend", schrieb sie auf Instagram.

Start-ups und Kultur

Neue Restaurants, Clubs, Kultureinrichtungen und stylishe Geschäfte schießen wie Pilze aus dem Boden. Und das liegt nicht daran, dass sich die Stadt von 8. bis 13. Mai mit der Austragung des diesjährigen Eurovision Song Contests in Europas Musik-und Party-Hochburg verwandelt. Der neue Tourismus-Boom und kurioserweise die langjährige Wirtschaftskrise wirkten als Katalysator, der eine regelrechte Ausbruchstimmung am Tejo auslöste. ness-Management-Studium in Mailand bleiben, nach London oder Berlin gehen können. Doch die 26-jährige Rumänin verschlug es nach Lissabon. "Lissabon ist Europas Hotspot für Start-up-Unternehmen schlechthin. Hier passiert derzeit unheimlich viel", versichert Imbarus.

© Manuel Meyer Auf dem Kreativgelände LX Factory gibt es unzählige Shops und Flohmärkte in alten Industriehallen

Die Kreativszene sei wahnsinnig spannend, das Wetter traumhaft, die Mieten erschwinglich, die Lebenshaltungskosten im Vergleich zu anderen europäischen Ländern relativ günstig. So eröffnete sie im April letzten Jahres zusammen mit einer portugiesischen Freundin Fair Bazaar, ein Geschäft für umweltfreundlich produzierte Mode und Lifestyle-Produkte aus Portugal. Es befindet sich in Lissabons neuem und angesagtestem Shoppingzentrum Embaixada. Cocktailbars, Restaurants, Kunstgalerien und auch stylishe Mode- und Designläden haben sich in dem wunderschönen, orientalisch anmutenden Palast aus dem 19. Jahrhundert eingemietet.

Die Aufbruchstimmung ist in Lissabon überall zu spüren. Sogar in der Kulturbranche. Erst vor zwei Jahren eröffnete am Ufer des Tejo das neue Museum für Kunst, Architektur und Technologie (MAAT). Der außergewöhnliche Museumsneubau der britischen Architektin Amanda Levete ist heuer Lissabons neues Architektur-Wahrzeichen. Gleich daneben kann man im neuen In-Restaurant SUD Lisboa nicht nur erstklassige mediterrane Küche, sondern am Pool mit Cocktails und Tapas auch die wohl schönsten Blicke auf den Tejo und die Brücke des 25. April genießen. Abends legen hier angesagte DJs auf.

Clubs und angesagte Bars

Ganz in der Nähe befindet sich direkt unter der Brücke des 25. April im Alcântara-Hafenviertel das neue Kreativgelände LX Factory. Ein Mekka der Alternativkultur und Boheme, Lieblingsort für Künstler und Partyvolk. In den leer stehenden Fabrikhallen des ehemaligen Industriegeländes eröffneten auf 23.000 Quadratmetern Flohmärkte und Hunderte von Modegeschäften, Restaurants, Hipster-Frisöre, Bars, Künstlerateliers, Cafés, Galerien und Buchhandlungen wie die umwerfende Livraria Ler Devagar, die in einer ehemaligen Zeitungsdruckerei untergebracht ist.

Lissabons Clubszene gehört schon seit Langem zu den besten Europas. Das Lissaboner Bar-Leben ließ aber etwas zu wünschen übrig. Richtig stylishe Bars gab es nur wenige. "Doch das hat sich in den vergangenen Jahren stark geändert", versichert Joana Almeida. Die junge Portugiesin geht gerne in die Topo-Bar auf dem Dach des Centro Comercial Martim Moniz oder ins angesagte Park im Ausgehviertel Bairro Alto, eine auf dem Dach eines Parkdecks versteckte Bar. Ganz hipp ist im Gay-Viertel Príncipe Real die neue Gin Lovers Bar, wo der Name Programm ist.

© Manuel Meyer Lissabons Entdeckerdenkmal am Ufer des Tejo - ein beliebter Sunset-Ort

Immer mehr Chill-out-Terrassen und "Concept Stores" mischen sich unter traditionelle Ausgehtempel. Joana Almeida zieht es allerdings am häufigsten in Fado- Bars. "Wer keinen Fado gehört hat, hat Lissabon nicht kennengelernt", versichert die 20-Jährige.

Dank einer neuen Generation von Künstlern wie Carminho, Ana Moura, Ana Sofia Varela oder Cuca Roseta erlebe der Fado derzeit eine regelrechte Renaissance, meint Almeida. "Wir singen unsere eigenen Lieder mit modernen Texten und tragen auch nicht mehr die traditionellen Fado-Kleider", sagt Joana, die heuer selber zu den großen Fado-Newcomer-Sängerin Portugals gehört.

Aufstrebende Gastronomie

Auch kulinarisch mausert sich die Stadt am Atlantik. Im stylischen Jncquoi-Restaurant feierte der italienische Modezar Valentino im September den Geburtstag seines Freundes. Pop-Queen Madonna saß mit am Tisch. Danach ging es in den Keller mit der angesagten Cocktailbar, Delikatessenladen und integriertem Modegeschäft. Im neu restaurierten Time Out Market kommen Street-Food-Fans voll auf ihre Kosten.

Es ist aber vor allem eine Generation neuer Chefs, die portugiesische Traditionsküche raffi niert und avantgardistisch uminterpretieren und immer mehr Gourmets aus der ganzen Welt anziehen. Alexandre Silva macht seinem Restaurant-Namen Loco (verrückt) alle Ehre.

Lissabon
© Shutterstock.com Die Miradouros, Aussichtspunkte, sind beliebte Treffpunkte. Hier mit Blick auf das Alfama-Altstadtviertel

In Vitor Sobrals Tasca da Esquina gibt es erstklassige portugiesische Tapa-Haute- Cusine-Varianten. Und im Sternerestaurant Belcanto erfahren Gäste, warum José Avillez zur den "jungen Wilden" der portugiesischen Küche gehört. Seine fantastischen Kreationen kann man preisgünstiger auch im Bairro do Avillez probieren.

"Lange galt Portugals Küche als sehr rustikal und einfach. Durch die Nähe zum Meer, unserer Kolonialgeschichte und eine nie da gewesene Kreativität einer neuen Generation von Chefs ist Lissabon heute ein neuer internationaler Gourmet-Treffpunkt", versichert João Rodrigues. Er muss etwas verlegen lachen, während er in seinem Restaurant Feitoria frischen Fisch aus dem südportugiesischen Peniche, eingehüllt in Winterblätter, serviert. Denn er ist selber einer dieser neuen Generation von Chefs.

Langsam, aber sicher mausert sich Lissabon zur aufregendsten Stadt Europas - kulinarisch, kulturell, musikalisch.