Urlaubs-Dorado im
Schatten von Corona

Lignanos Stadtrat für Tourismus Massimo Brini schildert, wie man sich an der oberen Adria auf den heurigen Sommer vorbereitet, was auf die Gäste dort zukommt und wie der Urlaub trotz Sicherheitsauflagen genossen werden soll.

von Urlaub - Urlaubs-Dorado im
Schatten von Corona © Bild: Tourismus Lignano

Lignano, an der oberen Adriaküste ist der Italien-Klassiker für viele Österreicher schlechthin – und das schon seit Generationen. Seit der Nachkriegszeit hat sich der in Friaul-Julisch Venetien gelegene Badeort dank seiner leichten Erreichbarkeit mit dem Auto zu einem echten Urlaubs-Dorado vor allem für Familien mit Kindern entwickelt. Die Kleinen können dort gefahrlos an den seichten, endlos langen Stränden plantschen, sich auf Gelato, Pasta, Pizza und die zahllosen Spielzeuggeschäfte freuen – während die Erwachsenen sich dem Sonnenliegen samt Prosecco, Aperol Spritz, italienischen Snacks und abendlichem Flanieren verbunden mit ausgiebigen Shopping- Zwischenstopps hingeben. Oder vielleicht dem einen oder anderen Flirt. Und die Jugendlichen nicht zu vergessen, die dort jedes Jahr zu Pfingsten mit Partys bis zum Abwinken – beziehungsweise bis zum Einschreiten der Polizei – den Beginn des Sommers feiern.

„Eigener Charme“

Für jeden bietet Lignano das passende Urlaubserlebnis – auch wenn der knapp 7.000 Einwohner große Ort zumindest in der Hauptsaison mit den typischen, romantisch-verklärten Italien-Klischees sehr wenig zu tun hat: Da prägen Wiener Hausmeister, bodenständige Steirer und Kärntner im Gespann mit urigen
Bayern, norddeutschen Piefkes sowie Tschechen und allerlei anderen Gästen aus Osteuropa das Bild.

Der Beliebtheit Lignanos tut dies freilich keinen Abbruch – vielleicht macht das für die Fans gerade das gewisse Etwas und den ganz eigenen Charme
aus. Doch ob auch heuer trotz angekündigter Grenzöffnungen die üblichen Massen kommen werden, ist fraglich. Italien tüftelt an regionalen Lockerungsmaßnahmen
und strengen Regeln für die Öffnung von Stränden – bis hin zu Thermoscans für Strandbenutzer und Zehn-Meter-Abständen zwischen Liegestühlen. Vieles ist dabei aber noch unklar.

© Tourismus Lignano

Wie sich Lignano Sabbiadoro auf einen Sommer im Schatten von Corona vorbereitet und was potenzielle Urlauber heuer – sofern möglich – dort erwartet, das hat News den Tourismusstadtrat des Badeorts, Massimo Brini, gefragt.

Herr Brini, wie geht es Lignano und den Menschen, die dort leben im Moment?
Wie alle Badeorte musste auch Lignano Buchungsrückgänge und Stornierungen hinnehmen, wir bekommen aber auch positive Signale -aus Italien, Österreich und Deutschland. Viele Gäste haben sich gemeldet, um mitzuteilen, dass sie so bald wie möglich zurückkommen möchten. Die Hoteliers, die Betreiber von Bars, Eisdielen, Restaurants und Geschäften sind bereit und können es kaum erwarten, ihre Aktivitäten wiederaufzunehmen.

Wie ist die allgemeine Stimmung - eher gedrückt oder doch erwartungsvoll?
Die Reservierungen für die Saison 2020 waren sehr gut, und wir bereiteten uns auf eine großartige Saison vor. Jetzt sind wir trotzdem zuversichtlich, da Lignano vom Coronavirus-Problem nur gestreift worden ist und wir seit dem 13. April coronavirusfrei sind.

Wie betroffen vom Virus war Lignano konkret?
In Lignano hatten wir insgesamt neun Infizierte, von denen acht seit dem 13. April vollständig geheilt wurden, und ein sehr alter Mensch starb.

Wie ist die Situation an der gesamten oberen Adria -ist es dort sicher?
In Lignao und den Badeorten der oberen Adria ist die Situation im Allgemeinen gut, das Problem ist praktisch nicht vorhanden - vielleicht hilft ja auch die gesunde Luft des Meeres und die unserer Kiefernwälder diesbezüglich sehr.

Wie sind Ihre Erwartungen für die kommende Sommersaison?
Es gab wie gesagt Stornierungen, aber nicht in übermäßiger Zahl. Viele Touristen haben es vorgezogen, sich für einen Gutschein zu entscheiden, den sie im Falle einer Wiederöffnung der Grenzen einlösen können. Es gibt tatsächlich nur wenige Gäste, die auf ihren Urlaub bei uns verzichten wollen. Die örtlichen Touristiker stehen in direktem Kontakt mit ihren Kunden, um maßgeschneiderte Lösungen vorzuschlagen. Und die Gäste warten einfach darauf, wie sich die Situation entwickelt. Viele halten sich immer noch zurück, insbesondere diejenigen, die für Juli, August und September gebucht haben.

Was denken Sie, wie sich die Situation weiterentwickeln wird -auch in puncto Grenzöffnungen?
Die Bestrebungen, Verkehrswege und Grenzen zu öffnen, sind ja vorhanden -darüber wird auch national und international gesprochen. Die Wiedereröffnung wird sich auf den lokalen Tourismus konzentrieren, aber wir glauben, dass es wichtig ist, Wege zu finden, auch ausländische Gäste an unsere Strände zu bringen. Wichtig hinsichtlich der Grenz öffnungen wird auch sein, eine gemeinsame Vorgehensweise zwischen Friaul-Julisch Venetien und Österreich zu finden, um sichere und kontrollierte Touristenströme zu ermöglichen. Die Tatsache, dass das Auto im Sommer wohl das Haupttransportmittel für Reisen sein wird, kann uns zugutekommen.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat es auf Grund von Corona bisher in Lignano gegeben?
In der vergangenen Saison hatten wir fast 3,6 Millionen Übernachtungen und etwas mehr als 1,3 Millionen Ankünfte. In diesem Jahr ist es schwierig, Vorhersagen zu treffen. Wir erwarten aber, dass es ab Juli wieder positive Anzeichen geben könnte. Unser Tourismusumsatz beläuft sich einschließlich der damit verbundenen Wirtschaftszweige auf rund 100 Millionen Euro -und ich schätze, dass wir in den ersten Monaten des Jahres bisher rund 15 Millionen Euro gemacht haben.

Welche Bedeutung haben die österreichischen Gäste für Lignano?
Die österreichischen Gäste sind für uns sehr wichtig. Sie machen mit fast 500.000 Personen knapp 40 Prozent unserer gesamten Ankünfte aus. Für uns sind die Österreicher gewissermaßen Bürger auf Zeit geworden.

Was überlegen Sie sich aktuell, um österreichische Urlauber trotz möglicher Bedenken nach Lignano zu bekommen?
Wir haben eine fertige Marketingstrategie mit Presse-, Webund Medienkampagnen in der Schublade -aber wir werden damit erst beginnen, sobald wir genaue Daten über Wiedereröffnungen haben.

Wie bereiten Sie sich auf die Sommersaison vor und was tun Sie, um die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten?
Alle Vorsichtsmaßnahmen, die gesetzlich vorgesehen sind und alle Bestimmungen, die die Abstände zwischen den Personen garantieren sollen -sowohl an den Stränden als auch an öffentlichen Plätzen -, werden natürlich eingehalten. Und auf die Sicherheit und Hygiene in den Hotels oder Privatunterkünften wird mittels genauer Reinigungsrichtlinien ebenfalls geachtet. In Restaurants soll es beispielsweise auch Doppelschichten geben. Damit die Bedingungen für einen sicheren Urlaub gegeben sind, wird die Umsetzung der Vorgaben auch ständig überwacht werden.

Was heißt das konkret?
Beispielsweise sind für die typischen Phasen eines Stranderlebnisses - von Buchung über Zugang bis zur Benutzung -allgemeine Richtlinien entwickelt worden. Es wird Online-Reservierungen geben ebenso ein Kunden-Profiling verbunden mit einem Armband. Auch die Zahl der Zutritte soll geregelt werden, ebenso die Anzahl von Menschen, Liegen und Sonnenschirmen pro bestimmter Fläche sowie die Frequenz in Sanitärräumlichkeiten. Auch über Ab-bzw. Umgrenzen und persönliche Sicherheitsvorkehrungen wird nachgedacht. Das alles basierend auf einer Analyse der typischen räumlichen Gegebenheiten jedes Strandes und der dortigen Stammgäste.

© Tourismus Lignano

Welche Daten werden beim Kunden-Profiling erhoben?
Bei der Online-Buchung werden die bei derartigen Buchungen üblichen Daten abgefragt werden. Erweitert wird dieses Profil nur mit den Daten zu den Personen, mit dem der Strandbesucher reist und sich einen Strandplatz teilt. Dadurch soll versucht werden, Familien oder Gruppen zusammenzuhalten. Dies soll der Prävention und dem Dienstleistungsmanagement dienen.

Wird auch der aktuelle Gesundheitszustand der Strandbesucher kontrolliert?
Um die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten, wird beim Betreten des Strandes die Reservierung überprüft und, falls es die nationalen Gesundheitsvorschriften erfordern, die Temperatur gemessen. Die Kontrolle sollte in den meisten Fällen durch elektronische Geräte wie optische Lesegeräte oder mobile Terminals zur Validierung von Reservierungen erfolgen. Wird es in den Hotels und Restaurants Trennwände zwischen den Personen aus Plexiglas geben? Für Restaurants und Hotels warten wir noch auf die Veröffentlichung des entsprechenden Erlasses "Rilancia Italia", der die Wiederaufnahme von Aktivitäten regelt. Trennwände und Plexiglas werden aber wohl nur selten verwendet werden.

Abschließend: Wo sehen Sie die Vorteile von Lignano angesichts der aktuellen Lage -auch im Wettbewerb zu anderen Destinationen?
Eine unserer Stärken war immer und ist auch jetzt die räumliche Nähe zu Österreich und die leichte Erreichbarkeit mit dem eigenen Auto, ohne Flughäfen, Züge, Busse oder Taxis benützen zu müssen, wo die Ansteckungsgefahr vielleicht größer ist. Zudem befinden wir uns in einer Region, die eine sehr geringe Zahl von Corona-Infektionen hatte und die jetzt fast bei null liegt. Und wir sind ein grünes Reiseziel mit einer natürlichen Umgebung, die auch ein entschleunigtes Urlaubserlebnis bietet.

Das Interview stammt ursprünglich aus der Printausgabe von News (20/20)

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