Lernen von den Reichen

Sie ziehen in die Millionärsmetropolen und machen dort selbst ein Vermögen. Reich werden immer mehr Auslandsösterreicher in Asien.

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Austro-Asier - Lernen von den Reichen

Die Hälfte aller weltweiten Neuzugänge im Club der Millionäre ist in China. Laut Beratergruppe Boston Consulting wird die Zahl der Superreichen bis 2026 im asiatisch-pazifischen Raum fast siebenmal so stark wachsen wie in Europa. So leben in Shanghai bereits nach London und New York City die meisten Multimillionäre mit einem Nettovermögen von über 30 Millionen US-Dollar. Laut Immobilienberater Knight Frank sind dort die Luxusmieten im Vorjahr mit 27,4 Prozent weltweit am stärksten gestiegen, gefolgt von Peking mit 26,8 Prozent.

Erfolgreich mit Chinesisch

Sowohl in Shanghai als auch in Peking gut im Geschäft ist Andreas Laimböck, der die LTL Mandarin School besitzt. Sie ist mit mehr als 10.000 Schülern pro Jahr eine der größten privaten Sprachschulen in China mit Filialen in Shanghai, Peking und der kaiserlichen Sommerresidenz Chengde. Seine Kunden kommen aus der ganzen Welt, vorwiegend aus den USA, Australien, Deutschland, Italien und Frankreich. "Wir haben zum Beispiel Daimler-Benz unter Vertrag. Hier unterrichten wir berufsbegleitend. Wir haben aber auch Sommercamps für Kinder ab neun Jahren. Richtig Spaß machen uns die Schüler und Studenten, die anfangs mit Mühe und Not mit Stäbchen essen können und nach einem Jahr besser chinesisch sprechen als ich."

Andreas Laimböck
© Privat Sprachschulenbesitzer Andreas Laimböck

Sein persönlicher Tipp für alle, die in China Karriere machen wollen: "Machen Sie sich erst mit der Kultur vertraut, lernen Sie ein Jahr im Einzelunterricht, untergebracht in privaten Familien, perfekt die Sprache und starten Sie dann erst Ihr eigentliches Business. Sie werden deutlich mehr Erfolg haben. Denn 99 Prozent der Chinesen sprechen kein Englisch, und wenn Sie erst in der Arbeit drin sind, geht nichts weiter."

»Wieso sollte ich mit einer Wohnung in Wien vorsorgen, wenn sich das Geld in China viel schneller vermehrt. Die Wohnpreise in Shanghai und Peking sind zuletzt 20 bis 30 Prozent gestiegen«

Chinesisch- und Englischkenntnisse vorausgesetzt, seien die Jobaussichten in Shanghai und Peking gut, "das Leben ist nicht günstig, aber man kann hier auch richtig gut Geld verdienen, mehr als in Wien". Und wie sorgt man als "Langnase" in China vor? "Es gibt inzwischen auch in China ein staatliches Rentensystem. Natürlich sorge ich privat vor, aber nicht in Österreich, sondern in China, da wird das Geld mehr wert. Wieso sollte ich mir eine Immobilie in Österreich kaufen, wenn die Wohnpreise in Peking und Shanghai in wenigen Jahren um 20 bis 30 Prozent gestiegen sind?"

Big Business in Hongkong

Zum größten Wohlstand außerhalb Österreichs hat es wohl Helmut Sohmen gebracht -in Hongkong, wo die Zahl der Dollarmillionäre laut Weltbank in den vergangenen zehn Jahren um 50 Prozent gestiegen ist und in den nächsten zehn Jahren nochmals um 40 Prozent zunehmen soll. Sohmens Vermögen beläuft sich laut US-Magazin " Forbes" auf 1,8 Milliarden Dollar. 1986 übernahm er von seinem Schwiegervater Sir Yue-kong Pao eine Reederei mit 200 Schiffen in Hongkong. Für weiteres Wachstum sorgte Helmut Sohmen 2003 mit dem Zukauf des weltgrößten Gastransporteurs, Bergesen aus Norwegen.

Heute ist seine Bergesen Worldwide, kurz: BW Group, mit 161 Tankern und über 4.500 Mitarbeitern eine der größten Reedereien der Welt und an der Börse in Oslo gelistet. Der 77-jährige Sohmen steht seit 2014 nicht mehr auf der Kommandobrücke. Er hat das Ruder an seinen in Singapur lebenden Sohn Andreas Sohmen-Pao übergeben. Dessen jüngster Deal: der Einstieg der BW Group mit 30 Prozent beim in New York gelisteten Öltanker-Riesen DHT.

Andreas Sohmen Jr.
© Privat Geht es der Flotte der Reederfamilie Sohmen gut, geht es der Konjunktur gut. Andreas Sohmen jun. investiert in die Konkurrenz und in Ölfelder

Der 47-jährige Sohmen junior ist mit Millioneninvestitionen im afrikanischen Staat Gabun auch ins Offshore-Ölfördergeschäft eingestiegen. Was man von den Sohmens lernen kann: Man kann sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen, muss viel investieren und riskieren und sich auch gut vernetzen. Andreas Sohmen-Pao ist Vorsitzender der politisch mächtigen Singapore Maritime Foundation. Sein Vater Helmut Sohmen saß in Hongkong auch schon im Parlament.

In Singapur geht die Post ab

Auch in Singapur findet man Millionäre an jeder Ecke. Der Stadtstaat gilt als sicher und stabil. Viele Reiche lassen hier ihr Vermögen verwalten und nicht mehr in der Schweiz. Die Offshore-Veranlagungen werden in Singapur bis 2021 um acht Prozent pro Jahr zulegen, rechnen die Berater von Boston Consulting. Weltweit sind sie 2016 um vier Prozent auf 10,3 Billionen Euro gestiegen. In Singapur geht dank eines Grazers aber nicht nur in der Finanzbranche die Post ab: Von Oktober 2011 bis Juni 2016 war Wolfgang Baier Chef der Singpost, des nationalen Postunternehmens des asiatischen Staates.

Im Vorjahr wechselte der Sohn einer steirischen Postlerfamilie an die Spitze des Beauty-Logistikkonzerns Luxasia mit Sitz in Singapur und wurde dort auch Aktionär. Luxasia bringt Topmarken wie Ferrari oder Calvin Klein nach Asien und vertreibt sie. Wie bei so vielen stand bei Wolfgang Baier am Anfang seiner Auslandskarriere ein Beraterjob. Nach seinem Doppeldoktorat in Wirtschaft und Recht heuerte er beim Beratungsunternehmen McKinsey an, das ihn zur Singpost entsendete.

Wolfgang Baier
© Privat Der Grazer Wolfgang Baier vertreibt in Asien von Singapur aus mit dem Kosmetiklogistiker Luxasia Topkosmetikmarken

Dicke Luft und dickes Geld in Peking

So schlecht die Luft in Peking auch ist, sie ist noch nicht zu dünn für Millionäre und Multimillionäre. Peking ist laut Beratungsunternehmen Knight Frank die vor Dubai am stärksten wachsende Stadt. Zwischen 2015 bis 2020 soll die Bevölkerung der 28-Millionen-Metropole noch um 18,7 Prozent steigen. Die Dynamik ist es, die auch die erfolgreichen Auslandsösterreicher in Peking fasziniert, so auch die österreichische Marketingexpertin Barbara Seidelmann, die es nach ihrem Wirtschaftsstudium in Wien nach Peking zog: "Ich bin in Wien mit chinesischen Nachbarn aufgewachsen und hatte früh einen Zugang zur chinesischen Kultur. Ich habe recherchiert, welche Unternehmen in China ansässig sind, und noch während meines Studiums und eines 40-Stunden-Jobs 200 Bewerbungen nach Peking, Shanghai, Taipeh und Singapur geschickt." Geworden ist es ein sechsmonatiges Praktikum und eine anschließende Anstellung bei Siemens in China.

2008 bekam sie den Job als Managerin für die Region Asien für den Schmuckproduzenten Frey Wille. 2012 gründete sie in Peking dann ihre eigene Firma 5 Star Plus Retail Design &Consulting, die zwölf Mitarbeiter vollzeit-und zehn teilzeitbeschäftigt und Topmarken in China vermarktet und Vertriebs-und Shopkonzepte entwickelt. Zu ihren internationalen Kunden zählen Swatch, Ivanka Trump Jewelry, Nordica, Österreich Werbung oder auch Wirtschaftskammern von Österreich über Großbritannien bis Australien. Warum ihr Geschäft in China so brummt: "In ein paar Jahren wird es in China 200 Städte geben, die mehr als eine Million Einwohner haben. Entsprechend groß ist der Wettbewerb. Marken, die hier Kunden anwerben wollen, müssen um einiges kreativer und besser sein und mit ihren Shops und Marketingaktivitäten einen "Wow"-Effekt" erzielen, um wahrgenommen zu werden."

»Die Mieten in Peking sind extrem hoch. Man kann aber auch deutlich mehr verdienen«

Man spüre, dass sich in Peking mehr Hightech-Betriebe ansiedeln und sich in China auch eine eigene Hightech-Szene breitmacht. Das bestätigt auch das Reichen-Ranking des US-Magazins "Forbes": In der Liste der vermögendsten Menschen der Welt mit Tech-Bezug mischen erstmals zwei Chinesen unter den Top Ten mit, darunter Alibaba-Gründer Jack Ma mit einem Kontostand von 28,3 Milliarden Dollar.

Barbara Seidelmann
© Privat Barbara Seidelmann Unternehmerin

Wird mehr verdient, wird das Leben automatisch teurer. "In Peking sind die Mieten extrem hoch", sagt Unternehmerin Barbara Seidelmann. "Auf der anderen Seite sind die Steuerbelastung sowie die Kosten für Essen und Lebensmittel um einiges geringer. Wenn man entsprechend plant, kann man in China um einiges mehr auf die Seite legen als in Österreich."

Modisches Tokio

Alles spricht von den Hotspots in China. Ein solcher ist aber nach wie vor auch Japans Hauptstadt Tokio, wo der Preise pro Quadratmeter Wohnraum bei 10.900 US-Dollar liegt und die Topmodelabels dieser Welt nach wie vor gute Geschäfte machen. So auch die Modedesignerin Edwina Hörl aus Wien, die ihr Tokio-Ticket 1991 mit dem ersten Österreichischen Modepreis des Bundeskanzleramts für Kunst und Kultur bekam. Sie startete in Japans Modemetropole mit einem Arbeitsstipendium bei Yohji Yamamoto durch. Hörl staffiert heute unter anderem die international bekannte Songschreiberin Leslie Feist aus, ihre Mode ist in Japan in Dutzenden Shops vertreten.

Was macht Erfolg in der Ferne aus?"Es geht mir nicht nur darum, immer wieder neue Kollektionen zu designen, sondern auch Bezug zu nehmen auf gesellschaftliche und soziopolitische Fragestellungen und Stellung zu beziehen. So gibt es für jede Kollektion ein Konzept, ein Thema, das in begleitenden Texten nachzulesen ist und durch Bilder visualisiert wird. Ansonsten heißt es hart arbeiten und ständig an qualitative Verbesserung denken. Immer so perfekt wie möglich sein. Die Termine einhalten und besser früher liefern als später. Guter Kontakt zu den Leuten, die im Showroom arbeiten, die die Kollektionen vertreiben und auch den Kontakt zu den Einkäufern pflegen.

»Alles, was reinkommt, wird sofort wieder in eine neue Kollektion oder Projekte investiert«

Japanisch-Kenntnisse und ein fettes Startkapital wären natürlich zu empfehlen. Da kann ich nur sagen: ,ganbatte'-durchhalten!" Denn das Leben in Tokio ist nicht ganz so günstig. "Ja, Tokio ist ein teurer Ort. Vor allem die Mieten. Man lebt einfach in kleineren oder engeren Räumen als in Österreich um das gleiche Geld. Geht auch, weil man hier einfach anders wohnt und diese Wohnflächen keine Repräsentationsräume sein müssen." Und wie sorgt sie für sich vor? Jedenfalls nicht an der Tokioter Börse: "Alles, was reinkommt, wird sofort wieder in eine neue Kollektion oder Projekte investiert."

Edwina Hörl
© Privat Die Überlebensphilosophie von Österreichs Modedesignerin Edwina Hörl in Tokio

Hat sie sich je überlegt, wieder nach Österreich zurückzukehren? "Nein, habe ich mir nie überlegt", entgegnet Hörl entschlossen, "nachdem ich die Möglichkeiten in Japan kennengelernt habe, wäre es schwierig, mit der zur Verfügung stehenden Infrastruktur in Österreich zurechtzukommen."

Und während sich die Langnasen in Asien eine goldene Nase verdienen, zieht es die Chinesen in die westliche Welt, allen voran nach Vancouver. Superreiche Asiaten sind heute Chinas Exportschlager Nummer eins ...

Aus welchen Ländern Superreiche flüchten

Lesen Sie hier:
Die Hotspots der Multimillionäre, Teil 1
Die Hotspots der Multimillionäre,Teil 2