"Nackte Männer" sorgen für Hype

"Die bestbesprochene Ausstellung, die es je in Österreich gegeben hat"

364.168 Menschen haben 2012 das Leopold Museum besucht, ein Plus von 16,9 Prozent gegenüber dem Jahr davor. "Das ist eine sehr schöne Zahl, eine der besten, die wir je hatten", sagte der kaufmännische Direktor des Museums, Peter Weinhäupl, im Gespräch mit der APA. Überraschend: Nicht "Klimt Persönlich", sondern "Nackte Männer" liegen in der Publikumsgunst vorn. Die bis 4. März verlängerte kunsthistorische Themen-Schau wird es zumindest unter die Top Drei im Allzeit-Ranking des Hauses schaffen. Mit einer Abend-Öffnung für textilloses Publikum trägt man am 18. Februar ab 18 Uhr wiederholten Nachfragen von Nudisten-Vereinen Rechnung.

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  • Nackte Männer
    Bild 1 von 21 © Bild: Leopold Museum

    Nackte Männer im Leopold Museum

  • Nackte Männer
    Bild 2 von 21 © Bild: Ursula Hauser Collection

    Nackte Männer im Leopold Museum

Ende Februar will man bei einer Abschluss-Pressekonferenz eine detaillierte Ausstellungs-Bilanz legen, glaubt aber jetzt schon zu wissen: "Es ist die bestbesprochene Ausstellung, die es je in Österreich gegeben hat." Weit über 1.000 Zeitungs- und Zeitschriftenartikel in unzähligen Sprachen wurden gezählt, die umstrittenen Plakate mit nackten Fußballern animierten nicht nur zum Kauf (über 1.000 Plakate wurden verkauft) und zum mehr oder weniger kreativen Umgestalten ("Es gibt kein einziges Plakat, das nicht verändert wurde"), sondern hat auch bereits Eingang in internationale Plakatsammlungen gefunden. "Das Plakat ist bereits ein historisches Dokument", schmunzelt Tobias Natter, der museologische Direktor des Museums. Die begleitende "Mr. Big"-Skulptur von Ilse Haider im Haupthof des Museumsquartiers dagegen blieb lange unbeschädigt und wurde erst am vergangenen Wochenende Ziel eines Vandalenaktes.

"Latte liegt sehr hoch"

Mit den "Nackten Männern" sei ein Erfolg auf verschiedenen Ebenen gelungen, schildert Natter: "Wir haben mit dem Kronzeugen Schiele eine Ausstellung gemacht, die eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart schlägt und aktuelle Befindlichkeiten thematisiert. Und wir haben ein neues, angenehmes, sehr junges Publikum gewonnen. Unser Ziel muss nun sein, dieses zu halten. Die Latte liegt sehr hoch." Schon mit der "Wolken"-Ausstellung soll ab 22. März daran angeschlossen werden.

Schiele-Kernbestände des Hauses werden dagegen ab 26. Juni im Budapester Museum der Schönen Künste in der Ausstellung "Egon Schiele und seine Zeit" gezeigt - ein Leihprojekt, mit dem man Geld lukrieren kann, aber dennoch kein Modell, um die immer größer werdende Budgetlücke zu stopfen. "Wir können unsere Hauptwerke nicht dauernd auf Reise schicken. Auch das Bundesdenkmalamt geht immer restriktiver vor", sagt Weinhäupl. Die Ausweitung des vom Ministerium den Bundesmuseen abgegoltenen Gratis-Eintritts für Kinder und Jugendliche auf die Privatstiftung "wäre eine schöne Sache und würde eine Anerkennung für unsere Kunstvermittlung bedeuten, aber unsere Finanzprobleme ebenso wenig lösen". Einerseits schmücke sich die Republik durchaus im Ausland mit den prominenten Beständen des Leopold Museums, anderseits sei man offenbar nicht gewillt, die nie erhöhte Basissubvention anzuheben oder wenigstens nachvollziehbar zu begründen, warum dem Leopold Museum im Gegensatz zu den Bundesmuseen eine Erhöhung - benötigt werden jährlich eine Mio. Euro mehr - verweigert werde. Natter: "Wir hoffen dringend auf ein Umdenken. Es muss sich etwas tun!"

Jubiläen en masse

Für das nächste große Klimt-Jubiläum 2018, anlässlich des 100. Todestages des Künstlers, plant man ausgehend von dem Klimt-Hauptwerk "Tod und Leben" (Natter: "Der Bildtitel gibt bereits den Ausstellungstitel vor") eine Ausstellung zum Werden und Vergehen der symbolistischen Kunst in Europa. Man ist aber auch offen für weiter reichende Zusammenarbeiten - schließlich war 1918 eine dramatische Zeitenwende, u.a. mit dem Zusammenbruch der Monarchie und dem Tod von Klimt, Schiele, Otto Wagner und Kolo Moser. Beim nächsten, vom Wien Tourismus international propagierten Jubiläumsjahr 2015, wenn 150 Jahre Wiener Ringstraße gefeiert werden sollen, wird das Leopold Museum jedoch nicht mitmachen. "Unser Beitrag könnte aber die Aussichtsterrasse am Dach sein, von der man einen herrlichen Ausblick haben wird", meint Weinhäupl. Schon im Herbst kann der Baubeginn erfolgen. Man könne für dieses auf 6 bis 10 Mio. Euro geschätzte Projekt des Museumsquartiers zwar selbst kein Geld locker machen, unterstütze es aber "zu 100 Prozent": "Jeder, der einmal auf unserem Dach war, kann gar nicht anders sagen als: Her damit!"

"Weg damit" ist dagegen die Devise der kommenden Woche: Am 5. Februar gelangen bei Sotheby's in London Schieles Papierarbeiten "Liebespaar (Selbstdarstellung mit Wally)", "Selbstdarstellung in grünem Hemd" und "Am Rücken liegendes Mädchen mit überkreuzten Armen und Beinen" zu einem Gesamtschätzpreis von neun bis zwölf Mio. Pfund (10,5 bis 14 Mio. Euro) zur Versteigerung. Damit soll der Vergleich im Restitutionsfall des Schiele-Gemäldes "Häuser am Meer" finanziert werden. Der aufwändig produzierte Extra-Katalog des Auktionshauses und hohe Schätzpreis zeige die hohe internationale Wertschätzung Schieles, meint Natter. Dass dies nun die letzte Veräußerung von Beständen zur Abgeltung von Restitutionsansprüchen sei, darauf wollen sich die Direktoren nicht festlegen lassen. Die Provenienzforschung der Schiele-Gemälde und der prominentesten Streitfälle sei zwar abgeschlossen, doch was noch auftauchen könne, lasse sich nicht sagen. Weinhäupl: "Einen Schlussstrich kann man nie ziehen."

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