Wir sind noch
nicht so weit

Mit der Vorreiterrolle ist das so eine Sache: Bei der Verkehrssicherheit warten wir ab. Dafür gelingt das bei merkwürdigen Feiertagsregelungen schon recht gut

von Leitartikel - Wir sind noch
nicht so weit © Bild: Matt Observe/Auftrag News

Das Daumendrücken hat also nicht geholfen. Die Petition, die binnen drei Wochen fast 70.000 Menschen unterschrieben haben, auch nicht. Das macht nichts. Das war auch nicht vorgesehen. Und in Wahrheit hätten sich alle Beteiligten den Fremdschämauftritt vor dem Verkehrs-"Gipfel" am Dienstag dieser Woche sparen können. Eine "Vorreiterrolle" wolle Österreich einnehmen, hieß es noch vor dem Gipfel, der am Ende nur ein Dreistundentreffen war. Aber wie so oft ist das Gerede in der Theorie groß, in der Praxis schaut die Welt bekanntlich immer ein bisschen anders aus. So auch beim Thema verpflichtende Abbiegeassistenten für Lkw. Jetzt müssen es wieder mal Kampagnen richten (wie auch beim Thema Pflege) - und ein paar Beruhigungsmaßnahmen: ein Assistenzspiegel an Kreuzungen hier, eine Verlegung von Fußgängerübergängen dort, Rechtsabbiegeverbote usw. Der Verkehrsclub Österreich plädiert für ein erweitertes Halte-und Parkverbot vor Schutzwegen. Ich ergänze: bitte auch ein Halteverbot für Helikopter-Eltern rund um Schulen. Die Lkw-Lobby atmet auf; viele Eltern sind -zu Recht -enttäuscht vom Ergebnis der Beratungen. Man könnte freilich auch verärgert sein ob der dreisten Argumentation, die hier vom Verkehrsminister lächelnd via TV-Bildschirm mitgeliefert wird: "Wir sind noch nicht so weit." Bitte? Wir, okay, die anderen, brausen längst autonom über die Autobahn und bei technischen Hilfsmitteln brauchen wir noch ein bisschen Zeit?"Jetzt" hat das nun mal keiner der Gipfel-Beteiligten gefordert, heißt es weiter. Also haben alle anderen Pech gehabt. Aber Hofer wäre nicht Hofer, wenn er nicht auch ein Zuckerl in Aussicht stellen würde: Denn wenn, ja, wenn wir hierzulande endlich mal so weit sind, dann natürlich -etwa bei Förderungen - "deutlich wirkungskräftiger, als das Deutschland derzeit tut". Sie wissen schon - Vorreiter und so Und auch in Richtung EU hat man sich mittlerweile positioniert. Das Warten auf die geplante EU-Richtlinie 2024 zur verpflichtenden Ausstattung von Lkw mit Abbiegeassistenten ist mit einer Nacht drüber schlafen anscheinend irgendwie doch doof. Jetzt soll "Druck auf die EU ausgeübt werden, damit Spezifikationen schon vor 2024 vorliegen" und eine Verpflichtung früher eingeführt werden kann. Aber warum eigentlich so zurückhaltend? Bei anderen Themen ist die Regierung ja auch nicht zimperlich, pocht auf Eigenständigkeit und treibt nationale Lösungen voran, ohne auf irgendjemanden zu warten - siehe Beispiel Indexierung der Familienbeihilfe.

Österreich wäre freilich nicht Österreich, wenn nicht mit ein bisschen Freiwilligkeit doch noch etwas weitergeht -siehe halber Feiertag, der uns in wenigen Wochen am Karfreitag erstmalig blüht (Vorreiter!). Quasi freiwillig wurde allen Beteiligten (die zu Recht enttäuschten Protestanten ausgenommen) ein halber Tag geschenkt, schließlich lautete ja das Credo vorab, niemandem etwas wegzunehmen. Und jetzt bitte nicht meckern: Schließlich kann man das mit ein bisschen freiwillig hergegebenem Willen auch positiv bewerten, findet Hofer. Handelsunternehmen sind sich jedoch nicht so sicher, ob das gut geht und hoffen schon mal laut auf eine "8. Dezember"-Lösung - und natürlich auf das große Bedürfnis ihrer Mitarbeiter, an diesem Tag arbeiten zu wollen. Freiwillig natürlich. Was sonst?

Was meinen Sie?
Schreiben Sie mir bitte:
gulnerits.kathrin@news.at

Kommentare

Liebe Frau Gulnerits
Alles schlecht reden bzw. schreiben hilft auch nichts. Einfach nur kritisieren und alles durch die selbst politisch eingefärbte Brille sehen bringt uns nicht weiter. Ich vermisse Ihre Vorschläge, wie es besser zu machen wäre. So bleibt halt nur der Eindruck der politischen Meinungsmacherei.
Freundliche Grüße

Seite 1 von 1