Wer darf aus dem Haus?
Und wie weit?

Noch immer dürfen die Kinder ihre Freunde nicht sehen. Doch schon stehen neue Beschränkungen für Ältere zur Debatte. Noch mehr Geduld ist gefragt.

von Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Klingt wie ein Kalenderspruch, ist aber von Goethe und hat in Corona-Zeiten scheinbar neue Gültigkeit: „Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.“ Glücklich kann sich also schätzen, wer vor der eigenen Haustür womöglich einen Garten hat. Oder schnell im Grünen ist. Oder wenigstens kurz einmal in die heiß umkämpften Bundesgärten in Wien und Innsbruck huschen kann. Auch was die bevorstehenden Sommermonate betrifft, können wir höchstens unsere Gedanken in die Ferne fliegen lassen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rät von der Buchung des Sommerurlaubs ab. Verlässliche Vorhersagen für Juli und August seien derzeit noch nicht möglich. Und die österreichische Bundesregierung empfiehlt, wir sollten uns mit Reisezielen in Österreich vertraut machen. Das hilft nämlich doppelt: dem heimischen Tourismus und der Gastronomie, denen die Gäste wegbleiben, und der – jetzt flachen – österreichischen Corona-Kurve.

»Eine Wiederholung des Shutdowns kann und will sich niemand vorstellen«

Niemand weiß, wie sich die Lage in jenen Ländern entwickelt, die man sonst als Urlaubsziele in Erwägung gezogen hätte. Man käme womöglich mit einer Covid-19-Erkrankung im Reisegepäck retour. Und eine Wiederholung des derzeitigen Shutdowns im Herbst – das kann und will sich niemand vorstellen. Weder die Regierung und ihre Krisenstäbe noch die Unternehmer, die jetzt noch hoffen, Pleiten abzuwenden, noch die vielen Eltern, deren Kinder derzeit den von ganz oben verordneten Hausarrest erleben. Wann die Schulen wieder aufsperren? Gute Frage – Antwort gibt es darauf keine. Hier will man erst das Wirtschaftsleben wieder in Gang setzen, andere Länder halten es umgekehrt, da machen die Schulen früher wieder auf. Die Kinder und Jugendlichen waren die Ersten, die man – als „Virenschleudern“ verdächtigt – in Bewegungsfreiheit und sozialem Leben eingeschränkt hat.

Nun deutet von der Leyen an, dass sich die Verhältnisse mittelfristig umkehren könnten. Dass man nämlich jene einschränkt, denen das Coronavirus besonders gefährlich werden kann. Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen also, die sich derzeit manchmal – und manchmal sehr zum Ärger ihrer besorgten Kinder und Enkel – im öffentlichen Raum bewegen. Kann man in einem Rechtsstaat so eine Ungleichbehandlung bestimmter Gruppen verordnen? Ja, sagt der Verfassungsexperte Heinz Mayer. „Der Staat kann Menschen vor sich selber schützen. Dazu gibt es ja beispielsweise auch die Gurtpflicht.“ Wer also nicht versteht, dass er sich vor Corona am besten schützt, indem er zu Hause bleibt, der könnte per Verordnung dazu angehalten werden. Allerdings, sagt Mayer, müsste man diese Gruppe sehr eng definieren und „nicht zu rabiat“ mit Verboten sein.

Covid-Gesetze, Noterlässe und Verordnungen – die Bedenken gegen diese rechtlichen Instrumente der Corona-Krise werden immer öfter geäußert. Auch deshalb, weil die Perspektive fehlt, wie lange es noch andauern könnte. Zehn bis 18 Monate schrieb Gerry Foitik vom Roten Kreuz, der im Krisenstab des Gesundheitsministers sitzt, auf Twitter. Und das war sein optimistischstes Szenario. Eingeschränkte Sommerpläne geraten da zur Lappalie.

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