Wahlkampf in Zeiten von Corona

Am Sonntag wählt Oberösterreich. Wie die Parteien mit dem Virus Wahlkampf machen. Und wie sich das Ergebnis auf die Bundespolitik auswirken könnte

von Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Corona, das war in Österreich von Anfang an nicht nur ein Virus, es war und ist ein Politikum: Da gab es die staatsmännische Attitüde beim ersten Lockdown und Höhenflüge in den Umfragen. Es folgten Jubelmeldungen über die eigene Meisterschaft bei der Pandemiebekämpfung und -aus Sicht der politischen Mitbewerber - die Verdammung des Totalversagens der Regierung. Immer geht es dabei um Parteitaktik oder Message Control, um das Vorankommen in Meinungsumfragen und darum, dem anderen die Schuld zu geben, wenn es nicht so gut läuft. Die Positionen sind bezogen: Regierungsparteien gegen Opposition, Maßnahmenbefürworter gegen -skeptiker. Und wenn man in den Parteizentralen den Aufwand schon betreibt - wäre doch schade, das alles nicht auch im Wahlkampf zu benützen. Am Sonntag wählt Oberösterreich. Es ist nach Wien die zweite große Wahl in Zeiten der Pandemie. Während es in Wien klare Fronten gab -hier der türkise Kanzler, da der rote Bürgermeister und dazwischen fürs Wiener Volk gesperrte Bundesgärten und Rüffel für hohe Coronazahlen -, ist die Lage für den schwarz-türkisen Landeshauptmann Thomas Stelzer heikel. In seinem Bundesland ist die Impfquote niedrig, dafür jene der Skeptiker hoch. So hoch, dass die einschlägige Liste MFG den Sprung in den Landtag schaffen könnte. Dabei bedient sie sich nicht nur im Wählerpool der FPÖ, sie grast auch bei ÖVP und Grünen Stimmen ab. Und das, obwohl die Kanzlerpartei bei den (von Experten "zögerlich" genannten) Coronamaßnahmen offensichtlich Rücksicht auf den geplagten Parteifreund in Linz nimmt. Rund 36 Prozent erreichte die ÖVP bei der Wahl 2015, ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Heuer hoffte man zu Beginn des Wahlkampfs, wieder über 40 Prozent zu kommen. Schafft Thomas Stelzer das, wird er sich darin bestätigt sehen, zwischendurch auf Distanz zu Sebastian Kurz gegangen zu sein. Das Kurz-Umfeld hingegen wird darauf verweisen, dass die ÖVP seit 2017 bei allen Wahlen zugelegt hat. Bleibt die ÖVP in Oberösterreich bei 36 Prozent oder nur knapp darüber, wird der Gegenwind der Bundespolitik schuld gewesen sein. Es wäre der erste Dämpfer in der Ära Kurz.

Die Grünen stellen den Gesundheitsminister. In Oberösterreich beobachten Meinungsforscher ein Abwandern ihrer Wähler zu den Impfskeptikern. Dennoch legen die Landesgrünen in den Umfragen leicht zu. Bringen sie diese Prognosen ins Ziel, würde das auch ihre Bundespartei stärken. Immerhin wird diese regelmäßig dafür gescholten, in der Koalition mit der ÖVP ihre Überzeugungen aufzugeben.

Die SPÖ stellt mit Pamela Rendi-Wagner eine ehemalige Gesundheitsministerin, deren Expertise in den Krisenmonaten unbestritten war. Dennoch: In Oberösterreich kommt die Partei kaum vom Fleck, und ein schwaches Ergebnis würde eine neue Obfrau-Debatte bringen.

Nur die FPÖ wird am Sonntag das Kunststück schaffen, Verliererin und Gewinnerin gleichermaßen zu sein: Die 30,4 Prozent aus dem Jahr 2015 sind unerreichbar, aber nicht zuletzt durch ihren Coronakurs hat sich die Partei konsolidiert. Ihre Agitation gegen das Impfen erscheint vielen unmoralisch. Aber zumindest hier ist für die Blauen die Wirkung der Impfung unbestritten. Und am Montag? Ist diese Wahl vorbei. Die nächste, die Bundespräsidentschaftswahl, findet erst 2022 statt. Könnte man Corona bis dahin bitte den Expertinnen und Experten überlassen?

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