Die SPÖ braucht
eine Gruppentherapie

Was der Sozialdemokratie fehlt, sind nicht immer neue Ideen, wofür sie steht. Ihr fehlt der Zusammenhalt und die Loyalität - nicht zur Chefin, sondern zur Partei

von / Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Ausgerechnet FPÖ-Chef Norbert Hofer blieb es Dienstagabend vorbehalten, freundliche Worte an sein rotes Vis-àvis zu richten. "Ich muss jetzt auch einmal meinen Respekt für Dr. Rendi- Wagner aussprechen", twitterte er, und weiter: "Ich kenne die Herausforderungen des Vorsitzes und Durchhalten ist keine Selbstverständlichkeit." Ob diese Solidaritätsbekundung die SPÖ-Chefin getröstet hat, ist fraglich. Jedenfalls schickte sie kein für alle sichtbares Daumen-hoch-Emoji zurück -und selbst wenn, wüsste man ja nicht, was sie meint: "Super, danke!" oder frei nach Hartwig Löger: "Lass mich in Ruhe!"

Wissen, was sie meint -das ist das Problem der SPÖ. Nach der erwarteten Wahlniederlage in der Steiermark kam das ebenfalls erwartbare Lamento ihrer Funktionäre: Die Partei habe es nicht geschafft, den Wählerinnen und Wählern zu vermitteln, wofür sie steht, also, was sie eigentlich mit ihren Worthülsen meint. Ebenso prompt kamen die Forderungen nach Neugründung (Max Lercher), Reformparteitag (Julia Herr), gar einer "Revolution"(Peter Kaiser).

Auch ein Beinahe-Parteichef früherer Jahre, Gerhard Zeiler, lieferte seinen Beitrag ab. Im Buch "Leidenschaftlich Rot. Darum mehr Sozialdemokratie" erklärt der Medienmanager und ehemalige Pressesprecher großer Roter, auf welche Themen die SPÖ heute setzen müsse. Kaum eines davon ist wirklich neu, sehr viel davon klingt richtig und wird daher bei jeder Gelegenheit von Politikwissenschaftern, Beratern und auch Funktionären aufgezählt. Im letzten Wahlkampf brachte die SPÖ manches, was Zeiler heute rät, ja auch schon unter, etwa den Begriff "Leistung" positiv zu besetzen. Nur halt ohne großen Erfolg. Denn das Problem liegt weniger in den Themen, sondern darin, dass man in der SPÖ nicht ans eigene Produkt glaubt. Würden Sie ein Weihnachtsgeschenk kaufen, von dem Ihnen der Hersteller nicht sagen kann, warum es besser ist als das der Konkurrenz?

Die SPÖ braucht nicht noch mehr Theorien, wofür sie steht, sie braucht eine Gruppentherapie. Bevor ihre Funktionäre darüber nachdenken, ob sie jemand anderer an der Spitze wieder zu Wahlerfolgen führt, ist der Umgang untereinander zu klären. Sogar ein auf rot gefärbter Sebastian Kurz würde scheitern, wenn hinter ihm Eifersüchteleien, Gemauschel und Illoyalität herrschen. Nicht umsonst hat sich der ÖVP-Chef bei Amtsantritt der bedingungslosen Gefolgschaft der vielen Flügel seiner Partei versichert.

Auch nach noch so vielen Programmdiskussionen wird es in der SPÖ die Linken und die Wirtschaftsnahen, die "Hackler" und die Bobos, die Wohlstandsverlierer und die wohlbestallten Intellektuell-Roten, die Städter und Menschen aus den Bundesländern geben. Die Aufgabe der Parteichefin ist es, diese Gruppen zusammenzuhalten, die Pflicht aller anderen ist es, die Unterschiede zu akzeptieren und einander nicht zu bekämpfen.

Natürlich hat die SPÖ auch ein Führungsproblem. Wenn Pamela Rendi-Wagner da nicht bald etwas gelingt, muss sie sich selbst die Frage ihrer Eignung stellen. Gerhard Zeiler ließ sie ausrichten, sie freue sich sehr über seine "frischen Ideen". Falls sie damit gemeint hat: "Red's mir in Sackerl und stell's mir vor die Tür", könnte das ja fast schon als Kraftakt durchgehen.

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