Nein, nein und
nochmals nein

Der Bundeskanzler war zum Antrittsbesuch in Berlin. Hat Kaiserschmarrn nicht gegessen und ziemlich oft Nein gesagt

von Leitartikel - Nein, nein und
nochmals nein © Bild: News/ Matt Observe

Kaiserschmarrn also, zwei türkisfarbene Polster und ebenso ein Schüsselchen in dieser Farbe. Es war angerichtet – der nicht große, aber doch bemerkenswerte Auftritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz im deutschen Fernsehen. Privates Frühstücksfernsehen, wo halt Klischees noch hochgehalten werden und man daher auch schon um 7.30 Uhr Kaiserschmarrn kocht und serviert. Ob es die einzigen Bilder sind, die von seinem Antrittsbesuch bei Amtskollegin Angela Merkel hängen bleiben? Wohl eher nicht. Schließlich hatte Kurz noch ein paar andere Botschaften mit im Gepäck – etwa eine Einladung an Kurzentschlossene, sich ein paar Tage Skiurlaub im schönen Österreich zu gönnen. Verbunden mit der Versicherung, dass die Deutschen hierzulande immer gerne gesehen sind. Und der Bundeskanzler hatte auch noch ein gewichtiges Wort mit im Reisegepäck: Nein (und damit befindet er sich in guter Gesellschaft). Nein also zur Rettungsmission Sophia. Nein zur Finanztransaktionssteuer (die mittlerweile seit neun Jahren in Diskussion steht – schert neben Österreich noch ein Staat aus, steht das Projekt vor dem Scheitern). Tage zuvor hatte bereits Außenminister Alexander Schallenberg Nein zur Flüchtlingsverteilung der EU gesagt. Auch von einer Wiederaufnahme des Resettlement-Programms der Vereinten Nationen hält Schallenberg nicht viel – nein lautet die Antwort. Was sonst? Nein sagen kann auch ÖVP-Innenminister Karl Nehammer. Auch er lehnt die europaweite Flüchtlingsverteilung ab. Nein hat auch Finanzminister Gernot Blümel gesagt – zur etwaigen Abschaffung der Ein- und Zweicentmünzen, was derzeit von der EU-Kommission geprüft wird. Er warnt vor einer schleichenden Preissteigerung durch nachteiliges Aufrunden. Aber das sei nur am Rande erwähnt.

Ein „Peanuts“-Problem quasi. Natürlich steht es jedem Kanzler und Minister zu, Vorschläge abzulehnen – erst recht mit Blick auf die Stimmungslage im eigenen Land, wo der Blick auf das Kleine jenen auf das Große und Ganze oft verstellt. Aber auf stur zu schalten und jenseits von Stehsätzen („Seenotrettung darf nicht mit einem Ticket nach Mitteleuropa verbunden
sein“) nur Nein zu sagen, ist billig. Und nach wie vor die schlechteste aller Lösungen. Auch im Jahr 2020.

Kurz hat recht, wenn er immer wieder betont, dass es kein Zurück zur Situation von 2015 geben darf. Aber wer keine weitere Aufnahme von Flüchtlingen will, muss mehr tun, als nur in Dauerschleife von der Bekämpfung der Fluchtursachen zu reden, zu kommentieren und immer wieder zu betonen, dass es wichtiger ist, das Geschäft der Schlepper zu zerstören. Oder – und noch ein bisschen billiger – das Engagement der anderen als „durchschaubaren Trick“ (Kurz im Interview mit der „Welt“ zum Anliegen der deutschen Regierung, die EU-Mission Sophia vor Libyen wiederzubeleben) abzustempeln. Aber vielleicht können wir uns fürs Erste darauf einigen, bei der Suche nach umsetzbaren Lösungen diesen locker-flockigen Sager vom „Ticket nach Europa“ sein zu lassen. Ja, es gibt tatsächlich Menschen, die sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf die Reise machen, Risiken in Kauf nehmen, ihr Leben aufs Spiel setzen. Warum? Das kann sich Sebastian Kurz das nächste Mal von Angela Merkel erklären lassen.

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