Mal wieder
falsch abgebogen

Das Thema Herbstferien haben wir abgehakt. Es bleiben Zweifel, ob die Entscheidungen der Großen zum Wohl der Kleinen sind

von / Leitartikel - Mal wieder
falsch abgebogen © Bild: Matt Observe/Auftrag News

Wir setzen die falschen Prioritäten. Wir diskutieren tagelang über Sinn und Unsinn von Feier tagen. Wir freuen uns, dass die Regierung mal wieder prompt (und natürlich ohne Streiterei) geliefert hat: einmal Herbstferien für alle. Der ein oder andere Touristiker reibt sich möglicherweise die Hände; Eltern vielleicht weniger. Es wird jongliert mit schulautonomen Tagen - und dabei die ursprüngliche Idee dieser unterrichtsfreien Tage galant außer Acht gelassen: Konzipiert wurden sie nämlich zum Zweck der Lehrerfortbildung. Gern dürfen sie auch für Teambesprechungen oder Planung von Projektunterricht verwendet werden. Tatsächlich wurden und werden sie zur Bildung von Mini-Ferien rund um die diversen Feiertage eingesetzt. Der, Pardon, die eine oder andere hat dadurch ein Betreuungsproblem? Pech gehabt. Fortbildung wird auf den Donnerstag nach den Ferien gelegt: Der Hort schließt um 14 Uhr. So viel Zeit muss eben sein. Und für all jene, die jetzt lautstark argumentieren: "Die Kinder brauchen die Erholung": Um die Kinder geht es in dieser Diskussion schon lange nicht mehr. Denn fünf Schultage und ein Wochenende nach den "Erholts euch gut!"-Semesterferien steht nämlich die erste Schularbeit an. Zeit für Erholung in den Ferien? Leider nur bedingt. Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bekomme bei dieser "ausgeklügelten" Zeitplanung Schnappatmung: neun Wochen Sommerferien, zwei Monate Schule, eine Woche Herbstferien, knapp zwei Monate Schule, zwei Wochen Weihnachtsferien, ein Monat Schule und schon wieder Ferien -und Zwischenzeugnis. Aber das Thema haben wir jetzt offensichtlich trotzdem abgehakt. Es gibt ja bekanntlich noch ganz andere Baustellen, die sich allemal für eine Scheinlösung anbieten. In der Umweltpolitik müssen es erst mal die Plastiksackerl richten. Der Rest kommt später, irgendwann, nie.

Dafür testen wir, wie es sich so anfühlt, mit 150 über die Autobahn zu brausen. Überhaupt ist der Verkehrsminister sehr umtriebig, um seine Klientel zufriedenzustellen. Neuester Coup: rechts abbiegen bei Rot. Ziel ist es, "den Verkehr flüssiger zu machen". Okay, für Busse und Lkw soll es verboten bleiben, Schulen dürfen auch nicht in der Nähe sein, aber das macht die Sache nur bedingt besser. Der Schulweg beginnt nicht selten, lange bevor die eigentliche Schule in Sicht ist. Natürlich wird das Projekt wissenschaftlich begleitet -mit einer Studie um knapp 100.000 Euro.

Das Geld könnte man freilich auch zielführender einsetzen -etwa für Kontrollen an Zebrastreifen, die für viele Autolenker vor allem eines sind: kein Grund zum Anhalten. Tempo-30-Zonen vor Schulen? Kein Grund, deswegen vom Gas zu gehen. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit ließ vergangene Woche mit der Forderung nach härteren Strafen bei Straßenverkehrsdelikten, die Kinder gefährden, aufhorchen. Im Jahr 2017 verunglückten 2.788 Kinder bis 14 Jahre auf Österreichs Straßen. Jedes vierte Kind verunglückte als Fußgänger. In drei von vier Unfällen sind sie nicht der Hauptunfallverursacher. Diskutiert wurde darüber nicht. Noch nicht mal ansatzweise. Um die Kinder geht es nämlich schon lange nicht mehr.

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