"Liste Strache" -
das blaue Schreckgespenst

Wenn Norbert Hofer es nicht schafft, den gekränkten Ex-Chef zu inkludieren, hat er ein echtes Problem

von Leitartikel - "Liste Strache" -
das blaue Schreckgespenst © Bild: News

Und auch wenn es Heinz-Christian Strache selbst erst dieser Tage andeutete - seit dem 31. Mai, als die Republik noch unter Ibiza-Schockstarre stand und in News das große Interview mit Ehefrau Philippa erschien, ist klar: Strache kehrt zurück in die Politik, eher früher als später und um jeden Preis. "Er ist zur Politik berufen und zu 100 Prozent Politiker. Er ist viel zu jung, um sich aus der Politik zu verabschieden", erklärte die nibelungentreue Gemahlin namens des Göttergatten. Und tatsächlich: Mittlerweile mischt Strache, formal bloß "einfaches Parteimitglied", wieder in alter Frische mit. Und wie! Die jüngsten Skandale, die letztendlich alle irgendwie um seine Person kreisen, relativiert er auf Facebook und teilt seine Auslassungen so mit einem Fanclub, in dem fast jeder zehnte Österreicher Mitglied ist. (Kein Wunder, dass ihm die Partei nun seine Seite zudrehen will.) Zudem gibt er im Akkord Interviews, die zwar teils in FP-Räumlichkeiten stattfinden, aber nicht mit der neuen Führung abgesprochen sind. Die Ermittlungen gegen seine Person deutet er zu parteipolitisch motivierten Rachefeldzügen um. Tja, und Sebastian Kurz, mit dem sein Nachfolger Norbert Hofer unbedingt wieder koalieren will, zeiht Strache des Wortbruchs. Nein, Strache neu, das ist kein Elder Statesman, der zurückgelehnt und geläutert die politische Großwetterlage analysiert, das ist ein Mann, der sich selbst zum Opfer hochjazzt und mitten im Wahlkampf steht. Strache neu, das ist im Grunde genommen Strache uralt, das ist fundamentaler Oppositionswahlkampf, diesmal eben in eigener Sache: Ich gegen die ach so willkürlichen Behörden, ich gegen die ach so machtversessenen Sesselkleber, ich gegen -ja, letztendlich auch gegen Norbert Hofer, der ihm als Parteichef nachfolgt. Denn Hofer stellte im ORF-Sommergespräch mit gewohnt sanfter Stimme, aber verbindlichem Unterton klar: Strache darf erst aktiv zurück in die FP-Politik, wenn sämtliche Ermittlungen gegen ihn eingestellt oder etwaige Verfahren mit einem Freispruch abgeschlossen sind -und das wird Jahre dauern. Doch so lange will und wird der tief gekränkte Machtmensch Strache nicht warten.

Man stelle sich bloß vor: Er, der sich zwecks Stimmenmaximierung über Jahrzehnte hinweg durch die Bodennebel der Bierzelte kämpfte, er, der die Partei komatös übernahm und wiederbelebte, er, den sie in der Wiener Landespartei noch immer "Rockstar" nennen, er, der Hofer ins Präsidentschaftsrennen schickte und so erst über Pinkafeld hinaus populär machte - ausgerechnet er soll nach den Wahlen tatenlos zusehen, wie es sich eben dieser Hofer als Vizekanzler der zweiten Regierung Kurz in seinem, Straches, Stuhl bequem macht? Never! Denn auch wenn Strache zu Jörg Haider in den Jahren des Konkurrenzkampfs ostentativ auf Distanz ging, eins hat er vom alten Bärentaler gelernt: Wenn sie in der Partei deine gottgegebene Autorität untergraben, gründe deine eigene Liste. Haider schaffte bei den Nationalratswahlen 2008 mit seinem BZÖ knapp elf Prozent. Warum sollte Strache das, etwa bei den Wiener Landtagswahlen 2020, nicht auch hinkriegen? Nur weil er auf Ibiza blauer als blau war? Nein, wenn Norbert Hofer es nicht schafft, den geschassten Blue Star zu befrieden und zu inkludieren, hat er mittelfristig ein echtes Problem.

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