Ich, ich, ich

Wie nah ist das Ende in der Pandemie? Das hängt in Österreich vor allem vom Eitelkeitsempfinden der handelnden Personen ab

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Leitartikel - Ich, ich, ich © Bild: News/ Matt Observe

Österreich macht sich locker. Mal wieder. Aber plötzlich in einem Tempo, in dem die Beteiligten schnell den Überblick verlieren. Die handelnden politischen Taktgeber genauso wie die staunende Bevölkerung, und zwar alle in diesem Land lebenden Menschen, nicht nur die "lieben Österreicherinnen und Öster reicher", wie der Bundeskanzler nach wie vor und immer wieder gerne betont. Ebendieser Bundeskanzler ist mal wieder vorgeprescht und hat die Zurücknahme von Maßnahmen in Aussicht gestellt, was der Gesundheitsminister wohl gerne selbst verkündet hätte. Jetzt könnte man sich zurücklehnen und sagen: Ja, so ist er halt. Er braucht dieses wohlige Gefühl, das sich breitmacht, wenn man gute Nachrichten verkünden kann. Da geht es ihm wohl nicht anders als vielen von uns. Öffnungskanzler -einen besseren Job hat das Land derzeit nicht zu vergeben. Bussis hin, Smileys her. Andererseits: Warum macht in diesem Land nicht einfach jeder seinen Job? Nämlich jenen, der auf der Visitenkarte steht und für den er bezahlt wird. Der eine steckt also mit seinesgleichen in Brüssel die Köpfe zusammen. Der andere wird kraft seines Ministeramtes aktiv. Folglich meldet sich in Pandemiezeiten einer besonders häufig zu Wort: der Gesundheitsminister. Er berichtet über Fortschritte beim Impfen und kommuniziert, welche Coronamaßnahmen wie schnell wieder aufgehoben werden können. So wird das zumindest in vielen Ländern praktiziert. In Österreich läuft das anders. Da verdribbeln sich die handelnden Personen im Kampf um den begehrten Platz im Scheinwerferlicht gerne mal. Niemand will der Spielverderber, der Bremser sein. Aber Erster sein, das will jeder auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten. Das kindische Kasperltheater, das sich die Regierung am Pfingstwochenende geliefert hat und das im "Einlenken" des zuständigen Ministers gipfelte, wird eine Fortsetzung finden. Ganz bestimmt. Ob die Konflikt-und Debattenkultur bis dahin einen Qualitätssprung nach vorn gemacht hat? Fraglich.

Im Hier und Jetzt ist der Kanzler jedenfalls sehr zufrieden. "Es sind jetzt alle der Meinung, dass Öffnungen richtig sind." Und Wolfgang Mückstein wird vor dem nächsten "Luftschloss" erst mal kurz über das Fundament nachdenken und an seinem Rollenwechsel vom Mahner zum Öffnungsfanatiker feilen. Netter Nebeneffekt der Theaternummer zu Pfingsten: Plötzlich sickert auch in der ÖVP die Erkenntnis, dass Grund-und Freiheitsrechte wichtig sind und Einschnitte nie zum Selbstzweck werden dürfen. Wir erinnern uns: Vor nicht allzu langer Zeit wurden Diskussionen in diese Richtung noch mit "juristische Spitzfindigkeiten" abgetan.

Bevor wir uns aber weiter einschränken, über Abstandsregeln und Testregeln diskutieren, sollten wir uns zwecks Erkenntnisgewinn gleich beim Tun zuschauen. Das spart Zeit. Oder kennen Sie jemanden, der im Lokal sein Testergebnis herzeigen musste? Waren Sie im Pfingsturlaub in einer Almhütte mit Trennwänden und wurde Ihnen im Hotel das Frühstück serviert, weil Buffets gerade in Sachen Abstandhalten nicht optimal sind? Nein, es ist mehrheitlich alles so wie immer. Jetzt, wo es wieder losgeht. Und wo wir längst schon vorgestern damit begonnen haben, nicht mehr so genau hinzuschauen. So lange, bis das Virus wiederkommt. Mit dem Auto. Vielleicht.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: gulnerits.kathrin@news.at

Kommentare

Sabrin777

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In Österreich wird in der Volksschule leider zu lange das große I geübt. Egoismus ist allgegenwärtig und manche glauben ja, sie müßten das "Grundrecht" auf die Freiheit haben, sich und andere anzustecken.

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